Der Arbeitsminister erringt 98 Prozent der Delegiertenstimmen. Platz zwei ging an Aydan Özoguz.
Hamburg. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz ist Spitzenkandidat der SPD für den Bundestagswahlkampf. Scholz errang bei der Landesvertreterversammlung der Sozialdemokraten am Sonnabend 297 von 303 abgegebenen Delegiertenstimmen. Nur vier Delegierte stimmten gegen ihn, zwei enthielten sich. Das entspricht einer Zustimmung von 98 Prozent. Auf Platz zwei setzte sich in einer Kampfabstimmung Aydan Özoguz mit 216 Stimmen gegen Sylvia Wowretzko (102 Stimmen) durch, die später erfolgreich Listenplatz 4 errang. Platz 3 ging an SPD-Landeschef Ingo Egloff, der 207 Stimmen erhielt. Das gute Ergebnis für Scholz zeichnete sich bereits unmittelbar nach seiner Rede ab, für die der Arbeitsminister von den Zuhörern im voll besetzten Wilhelmsburger Bürgerhaus lang anhaltenden Applaus bekam.
In der knapp einstündigen Rede hatte Scholz erwartungsgemäß starke bundespolitische Akzente gesetzt, wobei die aktuelle Wirtschaftskrise zentrales Thema war. In seiner Rede kritisierte Scholz die "hemmungslose Gier" einiger Manager. "Die Wirtschaft und die Finanzmärkte müssen Regeln bekommen", forderte er. Die Welt benötige eine "neue Finanzarchitektur". Der Bundesarbeitsminister forderte neue Regelungen für Vorstandsbezüge. "Dort darf nicht mehr gemauschelt werden und muss größere Transparenz herrschen", sagte der Sozialdemokrat.
Aus seiner Sicht sei die SPD die einzige Partei, die ein glaubwürdiges sozialpolitisches Konzept habe. Die aktuelle Wirtschaftskrise habe ihre Ursache in fehlender Sozialstaatlichkeit zum Beispiel in Ländern wie den USA oder Irland. "Lasst uns den Sozialstaat selbstbewusst vertreten", rief Scholz seinen Zuhörern zu. Scholz verteidigte in diesem Zusammenhang auch das soziale Mietrecht in Deutschland. Die "Immobilienblase" in Ländern wie den USA, Spanien oder Irland sei auch die Folge eines "regellosen Alleinlassens kleiner Leute".
Über Bürgermeister Ole von Beust sagte er: "Der wartet immer bis ein Konjunkturprogramm kommt, damit die Schulen endlich mal gestrichen werden."
Der frühere Hamburger Bürgermeister Ortwin Runde analysierte in einer 15-minütigen, frei vorgetragenen Rede die Krise der HSH-Nordbank. Dabei kritisierte er den Aufsichtsratsvorsitzenden, Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner und den Vorstand, Finanzsenator Michael Freytag (beide CDU) scharf. Runde, von 1993 bis 1997 selbst Hamburger Finanzsenator, kommentierte den von Peiner angekündigten Rückzug aus dem Aufsichtsrat so: "Herr Peiner hat gesagt, 'meine Mission ist gescheitert, ich mache mich jetzt vom Acker'. Verantwortung übernehmen sieht aber anders aus." Über die vom Abendblatt aufgedeckte Ausschüttung von 200 Millionen Euro an Investoren sagte Runde: Wenn der Senat sagt, dass er davon nichts gewusst hat, dann ist er seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen.
Im Rahmen des an die Landesvertreterversammlung am Sonnabend anschließenden Landesparteitag wurde der neue Chef des Krisen geschüttelten SPD-Kreises Eimsbüttel, Milan Pein, in den Landesvorstand gewählt. Er erhielt 230 Stimmen, 21 Delegierte stimmten gegen ihn, zehn enthielten sich der Stimme.