Behörde will statt eines achtstündigen Marsches nur Kundgebung in Wandsbek genehmigen. Die Polizei rechnet mit etwa 1000 Rechtsextremen.
Hamburg. Polizei und Innenbehörde wollen den geplanten Neonazi-Aufmarsch am 2. Juni nur unter schärfsten Auflagen zulassen. Wie aus einer Verfügung hervorgeht, die dem Abendblatt vorliegt, rechnet die Versammlungsbehörde damit, dass rund 1000 Rechtsextreme dem Aufruf ihrer Hamburger Gesinnungsgenossen folgen werden. Die Behörde will statt des beantragten achtstündigen Marsches durch die City nur eine vierstündige Kundgebung in Wandsbek genehmigen. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Auflagen, die die Demo-Organisatoren zu erfüllen haben.
Verbieten will die Polizei unter anderem Bomberjacken in Kombination mit Springerstiefeln - eine bei Rechtsradikalen beliebte Kombination. Tabu sind auch Uniformen und Uniformteile. Die Zahl der im Demo-Zug mitgeführten Fahnen soll auf eine Flagge pro fünf Teilnehmer begrenzt werden, Lautsprecher und Megafone dürfen nicht benutzt werden, wenn Ansagen der Polizei ertönen.
Gegen die Verlegung der Demo nach Wandsbek haben die Veranstalter bereits Widerspruch eingelegt. Sie verlangen nun, durch Altona marschieren zu dürfen. Die Versammlungsbehörde lehnt auch dies mit Blick auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ab. Ein Aufzug auf den bisher angemeldeten Marschwegen, so heißt es in dem Schreiben, "kann polizeilich nicht hinreichend geschützt werden - unabhängig von der Zahl der eingesetzten Polizeibeamten, ohne dass es zu Leib- und Lebensgefahren für Unbeteiligte, Gegendemonstranten und Teilnehmer kommen würde". Gut möglich, dass die Anmelder um den Neonazi Thomas Wulff auf Harburg oder Bergedorf ausweichen wollen.
Nach bisherigem Stand geht die Polizei davon aus, dass etwa 1000 Rechtsextreme am "Tag der deutschen Zukunft" teilnehmen werden. Unter ihnen dürften sich etwa 300 sogenannte autonome Nationalisten befinden, die als besonders gewaltbereit gelten und sich auch Anordnungen der Demo-Anmelder kaum unterordnen dürften. Von ihnen befürchtet die Polizei, dass sie versuchen werden, "Polizeiketten durch geschlossen martialisches Auftreten zu durchbrechen", und "verbale und gewalttätige Auseinandersetzungen mit Meinungsgegnern" suchen werden. Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linken, fordert deshalb ein Verbot des Aufmarsches. Andere Gerichte hätten aus diesem Grund bereits so entschieden.
Auf der Seite der Gegendemonstranten rechnet die Polizei mit rund 3000 gewaltbereiten Teilnehmern - vor allem aus dem linksextremen Spektrum. Dass es im Umfeld des fremdenfeindlichen Aufzugs zu Auseinandersetzungen kommt, werde kaum zu vermeiden sein, heißt es in der Lageeinschätzung der Polizei.
Vor dem Hintergrund der Neonazi-Demo haben Politik, Kirchen, Gewerkschaften und Verbände gestern erneut zu einer Großkundgebung am 2. Juni um 11 Uhr auf dem Rathausmarkt aufgerufen. "So zeigen wir unsere Solidarität mit jenen, die von Rechtsextremisten unerwünscht sind, von ihnen verachtet oder gar bedroht werden. Niemand, der hier lebt, soll Angst haben", sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). "Hier ist kein Platz für Rassismus und die, die ihn schüren wollen." Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) betonte, dass etwa 400 000 Hamburger einen Zuwanderungshintergrund hätten. Er bezeichnete Hamburg als "Ankunftsstadt", die für viele Menschen "Zukunftsstadt" geworden sei. "Deshalb wollen wir uns diese Demonstration gegen Demokratie und Toleranz nicht gefallen lassen."
Scholz lud ausdrücklich Familien zu der Kundgebung auf dem Rathausmarkt ein. Vor dem Hintergrund von möglichen Ausschreitungen durch Rechtsextremisten und Gegendemonstranten bezeichnete der Bürgermeister die Veranstaltung auf dem Rathausmarkt als sicher. "Da kann man mit seinen Kindern hingehen."