Eines der berühmtesten Bauwerke der Stadt feiert Jubiläum. Hotel bis in die 1950er-Jahre. Zukunft des Filmtheaters aber weiter unsicher.
Neustadt. Kaum jemand ahnt, dass die schlichte Fassade des sechsstöckigen Streit's-Hauses am Jungfernstieg 38 denkmalgeschützt ist. Und doch ist es eines der berühmtesten Bauwerke der Hansestadt, mindestens eine Institution, fast schon ein Wahrzeichen. Morgen, am 12. Mai, vor 175 Jahren eröffnete ein gewisser Christian Daniel Friedrich Streit im Alter von 43 Jahren sein Streit's-Hotel, das für viele Jahre einen Ruf als prächtigster und wohl auch bester Beherbergungsbetrieb der Hansestadt genoss.
Streit, "König der Gastwirthe" war sehr großzügig: Am 6. Mai 1842 ließ er mit 500 Pfund Schwarzpulver das Hotel-Vorderhaus in die Luft sprengen, um den Flammen des Großen Hamburger Brandes eine künstliche Feuerschneise entgegenzusetzen und den Stadtteil Gänsemarkt vor der Vernichtung zu bewahren. Dass auch der benachbarte Bankier Solomon Heine sein Geschäftshaus zum explosiven Abriss freigab, war nur ein schwacher Trost.
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Während der Wiederaufbauphase führte Streit die Geschäfte im Hinterhaus des Hotels fort, das bis zur damaligen Königsstraße, heute der Streit's-Hof an der Poststraße, reichte und 40 Remisen, 60 Pferdestallungen nebst Kutscherwohnungen beherbergte.
Derjenige, der heute vorm Streit's-Haus verweilt und einen Blick in die Auslagen der Geschäfte wirft oder eine Kinokarte fürs Streit's-Filmtheater kaufen will, atmet Geschichte. Denn genau hier, auf dem Bürgersteig vorm Hotel, schmetterten die Mitglieder der Hamburger Liedertafel von 1823, unterstützt von den Sängern der Hamburger Turnerschaft von 1816, am 5. Oktober 1881 "Das Lied der Deutschen". Es war die Welturaufführung der späteren Deutschen Nationalhymne. Hoffmann von Fallersleben, der die Zeilen auf die Komposition von Joseph Haydn gedichtet hatte, hörte ergriffen zu.
Da hatte der Hotelgründer sein Lebenswerk bereits in die Hände seines Sohnes Ludwig gelegt, der jedoch wiederum am 6. November 1869 plötzlich und unerwartet starb. Aber dessen Witwe Sophie war eine resolute Frau, die den Ausbau und die Modernisierung des Hotels vorantrieb und im Jahre 1887 das 50-jährige Bestehen mit einer rauschenden Ballnacht feierte.
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Die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts gehörten dann den Handwerkern: Die Architekten Haller und Geissler konzipierten eine Ladenzeile fürs Hotel, im Jahre 1909 erfolgte der Umbau des Hinterhauses zu einem Kontorhaus mit den modernsten Errungenschaften wie einem Paternoster, Aufzügen mit Druckknopfsteuerung sowie individuell regelbaren Heizungen.
Der 1. April 1925 markiert dann ein weiteres wichtiges Datum: Die Familie Streit verkauft ihr Hotel an Bertha und Ludwig Vogt, der zuvor Direktor des Hotels Vier Jahreszeiten gewesen war. Doch auch Bertha Vogt muss nach dem Tod ihres Gatten ab dem 31. März 1935 ihren Mann stehen: Das tut sie sehr erfolgreich. Zum 100. Geburtstag des Hotels gab es zahlreiche Ehrungen.
Auch den englischen Offizieren, die das Haus vom 3. Mai 1945 an für sich und teilweise auch ihre Familien bis ins Jahr 1955 hinein okkupieren, gefällt es am Jungfernstieg. Danach entscheidet sich die Familie Vogt jedoch, das Streit's-Haus in ein Geschäftshaus mit rund 80 Büros umzuwandeln. Der Clou freilich ist vom Jahre 1956 an das Filmtheater, eines der größten und schönsten deutschen Premierenkinos, an dessen ebenfalls schon legendärer Bar Hans Albers bemerkte: "Jeden Abend besoffen ist auch ein geregeltes Leben!"
Es war die Glanzzeit des Kinos, doch das Streit's glänzte immer ein wenig mehr und lockte zu den großen Filmpremieren sogar Hollywoodgrößen an die Alster. Doch die Zukunft des Filmtheaters ist bekanntlich unsicher: die Verhandlungen zwischen den Eigentümern und der Cinestar-Gruppe scheiterten, und so könnte im Oktober 2013 tatsächlich Schluss sein. Christoph Reimers, 44, der als Abkömmling der Familie Vogt in der vierten Generation Mitglied der Geschäftsführung der Verwaltungsgesellschaft ist, hält sich vornehm zurück. "Auch zum Geburtstag gibt's nichts Neues zu sagen. Nur so viel: Wir arbeiten an einer Lösung."