Eintägiger Streik noch in dieser Woche. 60.000 Beschäftigte zum Ausstand aufgerufen. Große Warenhäuser und Supermarktketten betroffen.

Hamburg. Die Gewerkschaft macht Ernst: Noch in dieser Woche will Ver.di die rund 60.000 Beschäftigten im Hamburger Einzelhandel zu einem eintägigen Streik aufrufen. Ob schon heute, morgen oder am Sonnabend, wird bis zum Schluss geheim gehalten. Nach Informationen des Abendblatts soll der Ausstand unter anderem die großen Warenhäuser und Supermarktketten der Stadt treffen. Kunden könnten daher an manchen Stellen vor verschlossenen Türen stehen. Allerdings bereiten sich die Arbeitgeber schon mit zusätzlichen Leiharbeitskräften auf den Streik vor, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.

Hintergrund des Arbeitskampfes sind die stockenden Tarifverhandlungen. Ver.di will in diesem Jahr eine monatliche Lohn- und Gehaltssteigerung von 120 Euro durchsetzen, was einer durchschnittlichen Erhöhung um sechs Prozent entspräche. Zudem soll es künftig eine gleiche Bezahlung für Leiharbeiter geben. Die Arbeitgeber haben in einer ersten Verhandlungsrunde allerdings nur ein Gehaltsplus von 1,5 Prozent und eine Einmalzahlung von 180 Euro angeboten.

Aus Sicht der Gewerkschaft befindet sich die Branche in einem Zustand, in dem die geforderte Lohnerhöhung gut zu verkraften ist. Im Vorjahr hatte der Hamburger Einzelhandel immerhin ein Umsatzplus von nominal 2,5 Prozent verbucht und sich damit deutlich besser als im Bundesdurchschnitt entwickelt. "In keinem anderen Bundesland sind die Umsätze und Gewinne der Branche so gestiegen wie in Hamburg", sagte Ver.di-Verhandlungsführer Arno Peukes dem Abendblatt. "Gleichzeitig steigt hier aber auch die Zahl der Beschäftigten, die von ihrer täglichen Arbeit nicht leben können."

Eine ungelernte Verkäuferin kommt nach Peukes' Angaben derzeit auf ein monatliches Bruttogehalt von knapp 1300 Euro. Eine Fachkraft mit Ausbildung erhält im ersten Berufsjahr 1600 Euro brutto. "Dies gilt allerdings nur für diejenigen Beschäftigten, die eine Vollzeitstelle haben", sagt der Gewerkschafter. Tatsächlich aber steige die Zahl der Teilzeitstellen in der Branche immer weiter an. Mit zehn oder 15 Wochenstunden über die Runden zu kommen sei kaum möglich. "Daher kommt auch jeder sechste Beschäftigte in der Hansestadt, der sein Gehalt mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken muss, aus dem Einzelhandel."

Die Arbeitgeber sehen hingegen keinen Spielraum für hohe Lohnzuwächse. "Anfang des Jahres sind wir noch von einem Umsatzplus von 2,5 Prozent für 2011 ausgegangen", sagte der Sprecher der Fachverbände des Hamburger Einzelhandels, Wolfgang Linnekogel, dem Abendblatt. "Doch die Konsumdelle durch den verheerenden Atomunfall in Fukushima und schwache Verkaufszahlen im April haben dafür gesorgt, dass wir diese Prognose auf 1,5 Prozent nach unten korrigieren mussten." Insgesamt bewegten sich die Umsätze im Hamburger Einzelhandel gerade einmal wieder auf dem Niveau von 2008. Eine zu starke Lohnerhöhung gefährde zudem die Schaffung neuer Arbeitsplätze, so Linnekogel. Die Branche will nach früheren Angaben in diesem Jahr etwa 300 neue Jobs in der Hansestadt schaffen.

Die nächsten Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern sind für den 30. Mai angesetzt.