Stararchitekt Meinhard von Gerkan über moderne Bauten in der Stadt
Hamburg. Meinhard von Gerkan, 76, leitet mit Partnern das Hamburger Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner (gmp). Er lehrte an der TU Braunschweig, gmp realisierte unter anderem den Flughafen Tegel, den neuen Berliner Hauptbahnhof und den Umbau des Berliner Olympiastadions.
Hamburger Abendblatt:
Woher kommt das Verlangen, schräg oder avantgardistisch zu bauen?
Meinhard von Gerkan:
Es ist das Bedürfnis, auf sich aufmerksam zu machen, der Sättigung der Gesellschaft zu entfliehen und sich von allzu Gleichem zu unterscheiden. Ein Wettbewerb der Eitelkeiten. Im Übrigen ist nicht alles, was modern oder schräg wirkt, ein Fall von Avantgarde.
Wie wichtig sind moderne Bauten für eine Stadt wie Hamburg?
von Gerkan:
Gemessen an anderen Städten hält sich das in Grenzen. Positiv gesehen, ist Hamburg eine der wenigen Städte, die vermocht haben, ihr Gesicht zu wahren. Abgesehen von einigen Hochhäusern sind Glaubwürdigkeit und Homogenität wichtige Komponenten des Städtebaus. Exaltierte Sonderleistungen fallen deshalb besonders auf. Sie dienen der Unterscheidung, sollen bestenfalls ikonografisch und zeichenhaft wirken. Denn das Brechen mit Konventionen im städtischen Raum soll auch immer eine Art von Alleinstellungsmerkmal suggerieren. Manchmal ergibt sich die Form eines Gebäudes aber auch tatsächlich aus dem besseren Nutzungszweck.
Aber welchem Sinn folgen dann schräge Türme und funktionslose Leuchttürme moderner Architektur?
von Gerkan:
Sie bieten Anlass, sich mit Architektur auseinanderzusetzen. Und sie sind Marketinginstrument von Städten. Ökologisches Bauen, um ein Umweltprestige zu erzielen, ebenso wie aufregende Imagebauten, die Kitzel und Vergnügen symbolisieren.