Politiker üben Druck auf den Verkehrsverbund aus

In den Bussen und Bahnen des Hamburger Verkehrsverbundes wird es auf absehbare Zeit vermutlich kein generelles Alkoholverbot geben. Das teilte der HVV am Freitag auf Abendblatt-Anfrage mit. Hintergrund sind die Forderungen von Sozialsenator Dietrich Wersich und Innensenator Christoph Ahlhaus (beide CDU) nach einem generellen Alkoholverbot im öffentlichen Hamburger Nahverkehr.

Als Grund für die ablehnende Haltung beim HVV nannte deren Sprecherin Gisela Becker zwei Gründe. Der erste sei, dass die Erfahrungen in den Metronomzügen nur sehr bedingt auf den HVV anwendbar wären. "Die HVV-Fahrgäste bleiben nur kurz in den Bussen und Zügen. Wenn sie betrunken sind, dann waren sie es auch schon vorher." Ein Verbot würde dann keinen Sinn machen. Als zweiten Grund nannte sie die schwere Durchsetzbarkeit. "Im Metronom kann das bislang nur deshalb so gut umgesetzt werden, weil dort das Zugbegleitpersonal deutlich aufgestockt wurde. Das ist in diesem Ausmaß beim HVV nicht realisierbar."

Beförderungsbedingungen sind vage formuliert

Zwar ist der Sicherheitsdienst in den Metronomzügen zur Einführung des Verbots tatsächlich massiv verstärkt worden, allerdings mittlerweile auch wieder deutlich reduziert. "Wir haben zu Beginn auf eine stärkere Präsenz des Sicherheitsdienstes gesetzt, um das Verbot zu etablieren. Mittlerweile ist es akzeptiert und wird auch trotz deutlich weniger Personal beachtet", sagt Metronomsprecherin Tatjana Festerling.

Die Beförderungsbedingungen des HVV sind in Bezug auf Alkoholkonsum bislang vage formuliert. Nur "Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Betriebes oder für die Fahrgäste darstellen, sind von der Beförderung ausgeschlossen". Strafen für Alkoholkonsum sind nicht vorgesehen.

Als positives Beispiel für die Folgen eines Alkoholverbots nannte Wersich die Verkehrsgesellschaft Metronom. Dort wurde das Verbot im November 2009 eingeführt. Seitdem gingen die Straftaten von 327 im August 2009 auf 89 im März dieses Jahres zurück, bislang mussten mehr als 2000 Fahrgäste 40 Euro Strafe zahlen.

Ahlhaus berief sich auf eine Studie im Auftrag der letzten Innenministerkonferenz. Sie habe ergeben, dass von 700 befragten Verkehrsunternehmen bereits 380 Verbote erlassen hätten und die Ergebnisse durchweg positiv seien. Allerdings wolle man nicht gleich ein neues Gesetz erlassen und hoffe stattdessen auf die Wirkung der Appelle.

S-Bahn und Hochbahn wollen sich nicht äußern

Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt als aufsichtsführende Behörde wollte sich nicht zur Zweckmäßigkeit eines Alkoholverbots äußern. Ebenso wenig S-Bahn und Hochbahn.

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Andreas Dressel, befürwortet das Verbot. Das Argument der kurzen Fahrzeiten will er nicht gelten lassen. "Es ist immer wieder zu beobachten, dass gerade auch aus Hamburgs Außenbezirken viele kommen, die in den Bussen und Bahnen erst anfangen zu trinken. Ihre Fahrzeit ist lang genug für einen Rausch." Dressels Vorschlag: ein generelles Waffenverbot mit dem Alkoholverbot zu einem "sinnvollen Gesamtpaket" zu verbinden. Beides könne die Sicherheit im Nahverkehr erhöhen. Zur Durchführung spricht er sich für mehr Präsenz und Schwerpunktkontrollen an Brennpunkten aus.

Unterstützung für das Verbot kommt auch von Prof. Christian Haasen, Professor für Psychiatrie am UKE. "Alkohol hat eine enthemmende Wirkung. Weil das auch für Aggressionen gilt, könnte ein Verbot dieses Problem bekämpfen", sagt der Suchtexperte.