Erste Frage: Wären wohl so viele junge Menschen verzückt zu einem Abend geströmt, an dem praktisch eine Arie nach der anderen gesungen wird, wenn nicht auch John Malkovich auf dem Programm gestanden hätte? Zweite Frage: Hätte Malkovich mit seiner "Infernal Comedy" auch in Hamburg gastiert, wenn er nicht von der Elbphilharmonie eingeladen worden wäre? Sicher ist: Er war hier, er hat zwei großartige Vorstellungen gegeben - und dass zum Hollywoodstar auch Arien gereicht wurden, hat das ungewöhnlich junge Publikum nicht nur hingenommen, sondern offensichtlich genossen. Christoph Lieben-Seutter, noch Intendant einer Baustelle und deshalb gezwungen, mit seinen Elbphilharmonie-Konzerten auf andere Spielstätten auszuweichen, hat an dieser Stelle also alles richtig gemacht. Und man beginnt sich nach dieser ersten Elbphilharmonie-Saison, in der es den Inhalt zwangsläufig noch ohne Verpackung gibt, auf das zu freuen, was am Hafen erst im Entstehen ist. Nicht (nur) auf das Gebäude. Sondern auf das, was darin passieren soll.
Dass es mit der Fertigstellung der Elbphilharmonie so lange (und womöglich noch viel länger) dauert, kann also auch eine Chance sein - wenn man sie denn als solche begreift.
Lieben-Seutter scheint das erkannt zu haben. Demnächst schickt er den türkischen Pianisten Fazil Say in die Fabrik und ins Uebel & Gefährlich - und dort darf man wohl (auch) ein genreuntypisches Publikum erwarten. Der Boden in Hamburg wird langsam bereitet für ein musikalisches Programm jenseits des bisherigen Erfahrungshorizontes vieler. Genau so weckt man Neugier.