Hamburg. Nach Mieterhöhung und Auszug der Nutzer gehen im Viertel Schaufenster zu Bruch. Ein Insider glaubt: „Es wird noch ordentlich rumsen“.
Im Schanzenhof herrscht „Aufbruchstimmung“: Die Mitarbeiter des Biorestaurants Schanzenstern haben die Stühle gestapelt, Kühlschrank und Spülmaschine in den Innenhof geräumt. Das Eingangsschild des gleichnamigen Alternativhotels lehnt an der Hauswand. Alles ist bereit zum Abtransport.
Die Mieter des Schanzenhofs, deren Mietverträge an der Bartelsstraße, Ecke Schanzenstraße, ausgelaufen und nicht verlängert worden waren, haben die Räume fristgerecht zum 31. März verlassen. Auch das „Übernachtungshaus“ ist ausgezogen. Der Übergabe an den neuen Mieter, Stephan Behrmann, am Donnerstag steht somit nichts mehr im Wege. Das Alternativhotel Schanzenstern soll, wie berichtet, einem Pyjama-Park-Hotel weichen. „Die Mieter haben die Flächen für die Rückgabe vorbereitet“, sagt Maximilian Schommartz von der HWS-Immobilien- und Vermögensgesellschaft.
Der Auszug der Schanzenhof-Mieter verläuft reibungslos
So reibungslos wie der Auszug der Mieter verläuft der Streit um die Immobilie aber kaum, zumindest nicht auf der Straße: Erst am Sonnabend hatten nach dem Schanzenfest in angeblicher Solidarität mit dem Schanzenhof Autonome randaliert. Am Montagabend dann gingen mehrere Schaufenster im Schanzenviertel zu Bruch.
Zündstoff liefert das Thema Schanzenhof genug: Er gilt als altes, linkes Herzensprojekt, als Refugium der alternativen Szene und vor allem: als Symbol gegen Gentrifizierung. Den Mietsteigerungen im Viertel trotzte der Schanzenhof seit seiner Gründung vor 25 Jahren. Bis jetzt. Auf keinen Fall solle die Immobilie kampflos dem Investor überlassen werden – so formuliert es ein Insider aus der linksautonomen Szene, der seinen Namen nicht nennen möchte.
Er sagt: „Es ist in Sachen Gentrifizierung viel passiert im Viertel, aber die Übernahme des Schanzenhofs hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Wegen des Schanzenhofs werde es hier „noch ordentlich rumsen“, glaubt er. Und Behrmann müsse sich „warm anziehen“.
Polizei liefert sich Straßenschlacht mit Randalierern
Von der Kündigung betroffen sind Musiker, Tänzer und Kunstschaffende, die nicht bereit waren, höhere Mieten zu bezahlen. Statt wie jahrelang üblich 8,50 Euro verlangt der Besitzer nun 14 Euro. Für die Drogeneinrichtung Palette e. V. wurde ein neuer Standort gefunden. Die Forderung der Schanzenhof-Initiative: die Kündigung zurückziehen, eine geringere Miete als 14 Euro pro Quadratmeter und den Rückkauf des Schanzenhofs durch die Stadt. Die Wut über die Veränderung im Viertel und die Verdrängung des Schanzenhofs ist klar erkennbar: Auf dem Boden des Innenhofs prangen wütende Parolen, Schommartz und Behrmann mögen verschwinden. An sie richten sich auch die Worte auf dem Banner an der Hauswand: „Ab jetzt beginnt der Punk – der Schanzenhof ist euer Untergang“.
G20-Gipfel wird mit Spannung erwartet
Was die Extremisten darunter verstehen, wurde am vergangenen Wochenende deutlich. Am Sonnabend hatten sich nach dem vorgezogenen, zunächst friedlichen Schanzenfest gegen 20 Uhr rund 40 Menschen versammelt. Mehrmals wurden im Bereich Schanzen- und Bartelsstraße kleine Feuer entfacht und Hindernisse auf die Straße gezogen, es kam zu Stein- und Flaschenwürfen auf Polizisten. Ein geparkter Porsche und die Scheiben von drei Geschäften wurden zerstört. Die Polizei nahm sechs Randalierer fest.
Am Montagabend randalierten erneut rund 40, teils vermummte Linksautonome. An der Susannenstraße demolierten sie fünf Geschäfte, drei Boutiquen, eine Galerie und ein Taschengeschäft. An der Bartelsstraße wurde ein Friseur Ziel der Täter. In fünf Geschäften wurden Scheiben zerstört, zwei Läden mit Farbe beschmiert und Parolen wie „gegen die Yuppisierung“ hinterlassen.
Als die Polizei eintraf, hatten die Randalierer bereits Baustellenabsperrungen und Müllcontainer auf die Straße gezogen und Böller gezündet. „Beim Auftauchen der Einsatzkräfte liefen die Personen weg“, sagte Polizeisprecher Jörg Schröder. Bis 21.45 Uhr dauerten die Auseinandersetzungen mit der Polizei – dann beruhigte sich die Lage wieder.
Solche Szenen könnten sich in den kommenden Monaten wieder häufen, sagt der Insider. Die linke Szene sei zuletzt öffentlich nicht sonderlich präsent gewesen, weil viele Autonome in Flüchtlingsprojekte eingebunden waren. Das ändere sich aktuell wieder.
„Ich gehe davon aus, dass es im Spätsommer ein weiteres Schanzenfest geben wird.“ Ganz oben auf der Agenda der Linken stehe übrigens auch der G20-Gipfel, der im Juli 2017 in Hamburg stattfinden soll. Der Insider sagt: „Konkret laufen aber noch keine Planungen. Der G20-Gipfel bedarf ohnehin eines längeren Vorlaufs, weil mit internationaler Beteiligung von Linken zu rechnen ist.“