Hamburg. Der Holzkohlegrill eines Restaurants sorgt für Beschwerden in der Hamburger Schanze. Doch auch der Betreiber weiß nicht mehr weiter.

  • Anwohner in der Schanze klagen über Ruß und Gestank.
  • Holzkohlegrill des türkischen Restaurants verstößt nicht gegen Auflagen.
  • Auch der Betreiber des Lokals ist verzweifelt.

Sie klagen über „beißenden Grillgestank“, über „Rauchschwaden“ und über „stecknadelkopfgroße Rußpartikel“ in ihren Wohnungen. Nachdem in der Vergangenheit vor allem das Thema Lärm im Fokus gestanden hatte, berichten etliche Anwohner rund um die Susannenstraße in der Hamburger Sternschanze nun von einer untragbaren Geruchsbelästigung. Und für sie ist auch klar, was die Ursache dafür ist: der Pizzaofen und der Holzkohlegrill des türkischen Restaurants Lokmam an der Susannenstraße Ecke Bartelsstraße.

„Es ist klar zu sehen, dass der Rauch aus den Abzugsrohren von Lokmam kommt“, sagt etwa Anwohnerin Renate Herrador. Sie wohnt seit einigen Jahrzehnten in der Schanze und ist sich sicher, dass es eine derartige Emissionsbelastung in früheren Jahren nicht gegeben habe. Genau wie ihre Nachbarinnen und Nachbarn halte sie meist die Fenster geschlossen und trockne sie die Wäsche nicht mehr draußen.

Sternschanze: Anwohner fürchten durch Ruß von Restaurant um ihre Gesundheit

Andere Anwohner berichten davon, dass sie bei ihren in der Wohnung krabbelnden Kindern Rußflecken an Beinen und Händen entdeckt hatten und dass der „ölig schwarze Ruß“ sich in den Polstermöbeln festgesetzt hat. Die Rußbelastung sei zum Teil so stark, dass sie gesundheitliche Schäden fürchten und deshalb einen Umzug in Erwähnung ziehen.

Restaurant Lokmam in der Schanze

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    Seit wann es zu dieser Rauchentwicklung gekommen ist? Renate Herrador und andere Nachbarn berichten übereinstimmend davon, dass dies mit dem Besitzerwechsel im Jahr 2018 bei dem türkischen Restaurant Lokmam, beziehungsweise Lokma – so hieß das Restaurant früher – einherging. „Vorher hat es keine Probleme gegeben“, sagt Herrador.

    Restaurant Hamburg: Anwohner der Schanze beschweren sich beim Bezirksamt

    Das Thema „Geruchsbelästigung durch Grillrestaurants“ ist keines, das nur in der Sternschanze diskutiert wird. In Köln etwa hat es so viele Beschwerden gegeben, dass die Behörden dort laut Medienberichten punktuell den Betrieb der Grills untersagt hatten. Die Stadt will nun durch Messwerte untersuchen, welche Gefahren möglicherweise von den Emissionen ausgehen. Konkret soll es dabei auch um den Stoff Benzol gehen, der als krebserregend gilt. 

    Das Bezirksamt Altona bestätigte gegenüber dem Abendblatt, dass bereits mehrfach Beschwerden eingegangen seien. „Im Juni und Juli dieses Jahres waren es beispielsweise elf Beschwerden“, so Sprecherin Jenifer Langhorst. Weiter berichtet sie, dass das Fachamt für Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt dem Betreiber dringend empfohlen habe, den Betrieb des holzbetriebenen Pizzaofens auf Gas umzustellen. Bindende Vorschriften könnten dem Betreiber aber nicht gemacht werden. Denn: Nach aktuellem Stand verstößt das Restaurant Lokmam gegen keine Richtlinie.

    Betreiber vom Restaurant Lokmam in der Hamburger Schanze wirkt verzweifelt

    „Für den Betrieb des Holzkohlegrills wurde im Juni 2024 eine größere Abluftreinigungsanlage in Betrieb genommen. Diese entspricht wie die bisherige Anlage dem Stand der Technik“, so Sprecherin Langhorst weiter. Alle Abluftreinigungskomponenten würden regelmäßig gewartet werden, und die Aktivkohlefilter seien zuletzt im Juli gewechselt worden.

    Restaurant Lokmam
    Der Lokmam-Betreiber hat hohe Summen für diese mehrstufige Filteranlage auf dem Dach seines Restaurants ausgegeben. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

    Eine Abnahmemessung, die bei neu installierten Abluftanlagen üblich sei, müsse allerdings noch durchgeführt werden. Klar ist aber: „Spezifische Richt- und Grenzwerte für Holzkohlegrills und Pizzaöfen gibt es nicht“, so Langhorst.

    Rauch von Holzkohlegrill in der Schanze
    Diese Privataufnahme soll den Rauch zeigen, der oft durch die Straßen der Sternschanze in Hamburg zieht. © privat | Privat

    Das Abendblatt hat sich bei Lokmam vor Ort umgeschaut und mit dem bisweilen verzweifelt wirkenden Betreiber Baris Gültekin gesprochen. Er sagt: „Ich habe rund 400.000 Euro in eine moderne Filteranlage investiert und zahle 3500 bis 4500 Euro dafür, dass die Filter alle vier Wochen gewechselt werden.“

    TÜV Hamburg hat Abluftanlage des Restaurants in der Sternschanze geprüft

    Und auch eine TÜV-Überprüfung gibt ihm recht: „Alle unsere Anlagen sind auf dem modernsten Stand. Ich weiß nicht, was ich noch weiter machen soll“, sagt er. Die Beschwerden hätten ab Tag eins begonnen. „Wir haben nach längerer Sanierung hier 2018 übernommen, und sofort gab es Beschwerden aus der Nachbarschaft.“ Dabei sei das Konzept nicht neu gewesen: „Einen Holzkohleofen gab es hier bereits seit 30 Jahren“, so Gültekin.

    Der 36-Jährige habe mehrfach das Gespräch mit Anwohnern gesucht, habe sie per Aushang zum Frühstück eingeladen, um in den Dialog zu treten. „Aber da ist niemand gekommen“, sagt er. Er wisse langsam nicht mehr weiter. Gültekin habe sich durch eine 130 Seiten lange Baugenehmigung gekämpft, habe alle Auflagen erfüllt, und nun würde es teilweise täglich Beschwerden hageln. „Ich bin wirklich geknickt. Ich bin auf ein gutes Verhältnis mit der Nachbarschaft aus und bereit, alles dafür zu tun.“

    Restaurant Lokmam
    Lokmam-Betreiber Baris Gültekin und sein Pizzaofen: „Dass wir mit Holzkohle arbeiten, ist unser Markenkern“, sagt er. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

    Er habe sich nun darum bemüht, eine weitere 50.000 Euro teure Filteranlage für den Pizzaofen einzubauen. „Das ist eine High-End-Anlage, die sonst in der Kaffeerösterei zum Einsatz kommt und die die Rußpartikel noch im Ofen selbst eliminieren soll.“ Diese solle in wenigen Wochen eingebaut werden. Sollte das keine Besserung bringen, würde er schweren Herzens in Erwägung ziehen, auf Gas umzustellen.

    Ärger um Restaurant in der Schanze: Hamburger Sachverständiger soll vermitteln

    „Aber auch das bringt wieder Kosten mit sich, etwa durch TÜV-Abnahmen und den Bau eines neuen Ofens, den wir wieder in Auftrag geben und bezahlen müssen.“ Und es würde ihm letztlich den Markenkern nehmen, denn: „Die Leute kommen natürlich auch, weil mit einem Holzbackofen gebacken und mit einem Holzkohlgrill gegrillt wird“, sagt er.

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    Inzwischen hat sich Baris Gültekin Hilfe durch den Sachverständigen Burkhard Hinz (IBS Ingenieur & Sachverständigengesellschaft mbH) geholt, der zwischen dem Restaurant, der Behörde und den Anwohnern vermitteln soll. Hinz betont die Bereitschaft von Lokmam, in den Diskurs zu treten. „Es geht hier um eine Abwägung zwischen allen Interessen.“

    Bevor aber wieder in neue Technologie oder die Umstellung auf Gas investiert werde, möchte er valide Werte haben. Konkret heißt das: „Wir werden Vergleichsmessungen an unterschiedlichen Standorten beauftragen, damit wir Klarheit darüber haben, ob möglicherweise erhöhte Emissionswerte allein auf Lokmam zurückzuführen sind.“ Hinz und Gültekin verweisen darauf, dass es im Umfeld zahlreiche andere Gastronomien gebe, die ebenfalls Emissionen abgeben. „Hier brauchen wir dringend Klarheit.“