Hamburg. Am Falkensteiner Ufer sind mehrfach Jugendliche ertrunken. Was Anwohner, Politik und DLRG jetzt für den gefährlichen Abschnitt fordern.

Die Sonne glitzert im Wasser. Containerschiffe ziehen vorbei. Der Strand ist hier fast so schön wie am Meer. Doch so paradiesisch der Elbstrand in Blankenese wirken mag, so schnell kann der traumhafte Abschnitt am Falkensteiner Ufer zum Albtraum werden.

Mehrfach sind an dieser Stelle nun schon Jugendliche in der Elbe ertrunken. Seit vergangenem Wochenende wird ein 15 Jahre alter Jugendlicher vermisst, der, wie berichtet, mit Freunden im Fluss nahe dem Wrack „Uwe“ schwimmen ging, untertauchte und verschwand. Retter von Feuerwehr, Polizei und DLRG suchten stundenlang. Vergeblich.

Badeunfall Blankenese: Lebloser Körper im Wasser – ist es der vermisste 15-Jährige?

Am Mittwoch wurde dann ein lebloser, männlicher Körper im Wasser gemeldet. Ob es der vermisste Junge ist, wollte die Polizei noch nicht bestätigen. Dabei ist es erst einige Wochen her, dass Einsatzkräfte die Leiche eines 16-Jährigen bergen mussten. Auch er unterschätzte die Gefahr der Elbe, ging nahe dem Wrack schwimmen und ertrank in der Strömung.

Einer, der das vorausgesagt hatte, ist Sören C. Sörensen. Nachdem im vergangenen Jahr der 15-jährige Selcin aus Harburg ebenfalls an dieser Stelle unterging und ertrank, hatte Sörensen im Abendblatt gewarnt: „Es wird weiterhin Tote geben.“ Der Anwohner beobachtet tagtäglich gefährliche Situationen.

Sowohl das Wrack „Uwe“ als auch ein Quermarkenfeuer – ein Seezeichen, das an dieser Stelle wie ein Turm aus dem Wasser ragt – wirken offenbar sehr anziehend auf Jugendliche. Sie schwimmen hinaus, springen vom Wrack oder dem Quermarkenfeuer in die Elbe. Was sie nicht ahnen: Es gibt in diesem Bereich gefährliche Strömungen und Strudel, die auch geübte Schwimmer unter Wasser ziehen können.

Hamburg-Blankenese: Anwohner warnten vor Gefahr weiterer tödlicher Unfälle

Der Anwohner, der auch Mitglied im Blankeneser Segelclub ist, hatte gefordert, dass das Quermarkenfeuer, das seit 2021 als Teil der aufwendigen Fahrrinnenanpassung in unmittelbarer Nähe des bekannten Wracks „Uwe“ beim Falkensteiner Ufer steht, wegkommt. Oder dass es zumindest so gesichert wird, dass niemand hinaufklettern kann.

Auch die Altonaer Bezirksversammlung hatte sich damals des Falls angenommen, einen Antrag beschlossen. Das Problem: „Passiert ist nichts“, so Sörensen.

Sowohl das Wrack „Uwe“ als auch das Quermarkenfeuer, das wie ein Sprungturm wirkt, ziehen die Jugendlichen an. Bei Flut schwimmen sie hinaus und springen vor dort aus ins Wasser, hinein in gefährliche Strömungen.
Sowohl das Wrack „Uwe“ als auch das Quermarkenfeuer, das wie ein Sprungturm wirkt, ziehen die Jugendlichen an. Bei Flut schwimmen sie hinaus und springen vor dort aus ins Wasser, hinein in gefährliche Strömungen. © Unbekannt | Roland Magunia

Laut Sörensen sei ein Verbotsschild montiert worden. Aber das sehe man erst, wenn man hinschwimme. „Es ist der totale Wahnsinn“, sagt der Blankeneser. Im Juni, vor den Badeunfällen, habe er zuletzt drei Mails an die Hamburg Port Authority (HPA) als zuständige Fachbehörde für den Elbstrand und das Quermarkenfeuer geschrieben. Darin habe er eindringlich gewarnt und aufgrund von erneuten gefährlichen Situation appelliert, etwas zu unternehmen.

Badeunfall: Hamburger Jurist warnt die Stadt davor, dass sie handeln muss

Dass jetzt etwas passieren muss, sehen auch andere so. So werden sich die Mitglieder des Altonaer Hauptausschusses am Donnerstagabend mit dem Schreiben eines Hamburger Juristen auseinandersetzen müssen. Dieser fordert vom Bezirk, sofort zu reagieren, ein Badeverbot auszusprechen und prominente mehrsprachige Schilder mit ausdrücklichem Hinweis auf die Todesgefahr aufzustellen.

Er bitte im Interesse der Familien der Betroffenen und zur Vermeidung zukünftiger Fälle um sofortige Aktion. „Der Sommer ist nicht vorbei. Die Jugendlichen werden noch einige Wochen an den Strand strömen.“ Zudem weist er darauf hin, dass sich die Stadt aufgrund fehlender Hinweise trotz tatsächlich gegebener Todesrisiken juristisch angreifbar mache, weil sie nicht gehandelt habe.

FDP Altona: „Es kann nicht sein, dass dort jeden Sommer Kinder ertrinken“

Die Stimmen, die nach den beiden aktuellen Unfällen ein Badeverbot an dieser Stelle fordern, mehren sich: Auch Anwohner Sörensen ist mittlerweile so weit und hält ein Verbot für nötig. „Vor einem Jahr habe ich das noch anders gesehen, aber es ist einfach zu gefährlich“, sagt er.

In der Politik gibt es ebenfalls erste Befürworter. Zu ihnen gehört die FDP-Fraktionschefin Katarina Blume. „Es kann nicht sein, dass wir uns daran gewöhnen, dass dort jeden Sommer Kinder ertrinken“, sagt sie.

Katarina Blume: Badeverbot am Elbstrand muss geprüft werden

Daher will die FDP nun auch einen Antrag einbringen, der einen Katalog an Maßnahmen enthält: Aufklärung in den Schulen, Vor-Ort-Ansprache durch Sozialarbeiter, eine Aufklärungskampagne auch in Flüchtlingsunterkünften, da einige der verunglückten Jugendlichen dorther stammen.

„Dabei müssen wir unkonventionelle Wege gehen, um die Jugendlichen zu erreichen“, sagt Blume, die sich zum Beispiel für Videos auf TikTok ausspricht. Und man müsse eben ein Badeverbot prüfen.

Bezirk Altona: CDU geht Badeverbot in der Elbe zu weit

Ein Badeverbot geht der CDU in Altona zu weit. Aber auch die Christdemokraten planen einen Antrag. Dabei geht es um drei neue großflächige und mehrsprachige Gefahrenhinweisschilder in Övelgönne, Blankenese und am Falkensteiner Ufer.

Die Kosten schätzt Sven Hielscher (CDU) auf einen sechsstelligen Betrag. Der Fraktionsvorsitzende dazu: „Anlässlich der tödlichen Unfälle ist es aber dringend geboten, für mehr Sicherheit zu sorgen.“ Auch die Grünen und die Sozialdemokraten in Altona wollen sich Gedanken machen, wie man auf die Unfälle reagieren kann.

Badeunfälle Blankenese: DLRG wäre bereit, Strandabschnitt engmaschiger zu bewachen

Die DLRG steht einem Badeverbot in Blankenese kritisch gegenüber. Der Grund: „Verbote bringen nur etwas, wenn man sie durchsetzen kann“, sagt Heiko Mählmann, Präsident der DLRG in Hamburg. Dass hier etwas passieren muss, sieht er aber auch so. Besorgt nehmen die ehrenamtlichen Retter wahr, wie die Zahl der Toten und der Beinaheunfälle an dieser Stelle steigt.

Es gebe keine Statistik, aber Mählmann kann viele Beispiele aufzählen, wo Schwimmer von DLRG-Streifen aus dem Wasser geholt wurden. Nur ein paar Stunden vor einem der tödlichen Unglücke seien zwei völlig entkräftete Mädchen aus der Elbe gerettet worden. „Nur ein paar Minuten später und sie wären verschwunden“, sagt Mählmann, der betont, wie wichtig es sei, dass die Einsatzkräfte vor Ort sind, um schnell handeln zu können.

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Er bietet an: „Wir wären als DLRG bereit, diesen Strandabschnitt engmaschiger zu bewachen.“ Allerdings wären Versuche, sich einmal mit der Bezirksleitung gemeinsam die Lage vor Ort anzusehen, bislang nicht aufgegriffen worden. Mählmann spricht sich dafür aus, die Menschen mehr für die Gefahr zu sensibilisieren.

Elbe: Baden ist grundsätzlich nicht verboten, aber auch nicht so richtig erlaubt

Grundsätzlich ist das Baden in der Elbe nicht verboten, aber auch nicht so ausdrücklich erlaubt. Es gibt keine ausgewiesenen Badestellen. Die Stadt warnt auf ihrer Internetseite, die größte Gefahr beim Baden in der Elbe gehe von der starken Strömung und den Auswirkungen des Schiffsverkehrs aus, und rät vom Baden ab. Die Wasserbehörde kann zur Gefahrenverhütung im Einzelfall ein Verbot aussprechen, heißt es in einer Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage.

Die HPA erklärte am Mittwochabend auf Abendblatt-Anfrage, dass aufgrund der Unfälle die aktuelle Beschilderung gegen eine besser verständlichere ersetzt werde. In Abstimmung mit der DLRG sollen die circa 40 aktuell vorhandenen Schilder durch neue Schilder mit erweiterten Warnhinweisen sukzessive ausgetauscht werden.

„Die Schilder sind mit genormten, international gültigen und einfach verständlichen Piktogrammen beschriftet. Weiterhin steht die HPA mit der DLRG in Kontakt zu weiteren Informations- und Aufklärungsmaßnahmen“, so ein Sprecher. Auch im Fall des Quermarkenfeuers tut sich etwas. In der kommenden Woche soll bereits ein sogenannter Kletterschutz montiert werden.