Hamburg. Das Gebäude am Osdorfer Born ist seit der Sanierung ein Hingucker und Tatort-Drehort. Kurios: Es macht auch Geräusche. Der Grund.
Seit der Sanierung ist dieses Hochhaus mit 170 Wohneinheiten in der Plattenbausiedlung Osdorfer Born ein absoluter Hingucker – ähnlich wie das Goldhaus auf der Veddel. Das liegt an der ungewöhnlichen Fassadengestaltung aus rund 18.000 Metallplatten. Ein Wohnhochhaus dieser Größe mit einer Metallvorhangfassade?
Laut den zuständigen Architekten ist das Haus in Lurup das einzige seiner Art in Hamburg. Einzigartig ist dieses Haus allerdings auch noch aus einem anderen Grund: Es macht gern lautstark auf sich aufmerksam.
Lurup: Hochhaus macht Geräusche – es knackt bei viel Sonnenschein
Es knackt – oder, wie es die Architekten lieber nennen: Es „knuspert“ – und zwar immer, wenn die Sonne länger scheint. Dann dehnen sich die Metallplatten aus, die teils übereinanderliegen. Manche Teile verhaken sich dabei.
Dehnt sich das aufgestaute Material weiter aus, kommt es in manchen Fällen dazu, dass eine Platte sprunghaft über den Widerstand springt; und dann knackt es, wie Architekt Holger Jedrkowiak dem Abendblatt im Gespräch erklärt. „Das ist im Sommer der Fall, wenn die Sonne mehrere Stunden auf die Südseite scheint.“
Knackendes Hochhaus: Viele Mieter haben sich an Geräusche gewöhnt
Laut Jedrkowiak würden es einige Mieter als lästig empfinden, aber die meisten hätten sich daran gewöhnt. „Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir es anders geplant“, räumt der Architekt ein und verspricht: Durch die Abreibung wird das Geräusch langfristig leiser – so in den kommenden drei bis vier Jahren.
Ob es ganz verschwindet, lasse sich laut Jedrkowiak nicht vorhersagen. Abgesehen von der sommerlichen Nebenwirkung ist das Projekt preisgekrönt und für einen weiteren Preis vorgeschlagen. „Das Ergebnis polarisiert“, fasst es Jedrkowiak zusammen. Und das Hochhaus fällt auf – so auch einem Locationscout. Deshalb wurde im sanierten Plattenbau für die ARD-Kult-Krimireihe „Tatort“ gedreht: In „Borowski und der gute Mensch“ hängt Axel Milberg an einem der neuen Balkonelemente.
Hochhaus in Hamburg-Lurup fiel bei Brandschutzprüfung durch
Ungewöhnlich war auch der Start des Sanierungsprojekts. Es musste schnell gehen. Nach dem verheerenden Hochhausbrand in London 2017 mit 72 Todesopfern wurden sämtliche Hochhäuser in Hamburg geprüft. Dabei wurden an dem Objekt in der Bornheide bislang nicht bekannte Mängel beim Brandschutz festgestellt. Die entdeckten brennbaren Baustoffe mussten raus und eine Brandschutzwache solange fürs Haus eingerichtet werden.
Laut einer Sprecherin der Altoba (Altonaer Spar- und Bauverein) – Eigentümer der Immobilie – sei eine Sanierung ohnehin geplant gewesen, sie musste nur zeitlich vorgezogen werden.
Grund für die ungewöhnliche Fassade war die Entscheidung der Altoba, bewusst ein Zeichen zu setzen und das höchste Gebäude in dem als problematisch geltenden Wohnquartier durch eine solche Gestaltung aufzuwerten.
Lurup: Bis zu drei Meter große Metallplatten schmücken das Hochhaus
„Wir waren uns von Beginn an bewusst, dass das Hochhaus Bornheide 80/82 als das höchste frei stehende Gebäude besondere Aufmerksamkeit genießt und dass hiermit besondere Verantwortung einhergeht“, sagt Julia Kulla von abj Architekt:innen. Durch seine herausragende Lage setze es einen markanten vertikalen Akzent und spiele eine wichtige Rolle bei der Charakterbildung des gesamten Quartiers Osdorfer Born.
Vier Vorschläge lagen auf dem Tisch: komplett begrünt, verspiegelt, Regalstrukturen und eben die Metallfassade. Am Ende entschied sich der Vorstand der Altoba für die jetzige Form.
10.000 Quadratmeter Fassade mit bis zu drei Meter großen Metallplatten mit einem Muster zu ummanteln, das an Bergspitzen erinnern soll, erforderte vor allem eins: viel Planung im Vorwege. So gab es einen exakten Plattenplan.
Hochhaus in Lurup: Eigentümer investiert 28 Millionen Euro
Die Modernisierung des Hochhauses Bornheide 80/82 samt der neuen Fassade wurde im vergangenen Jahr abgeschlossen. Es fehlen noch ein paar Restarbeiten, die in den kommenden Monaten erfolgen. 28 Millionen Euro investiert die Altoba in das Projekt, 16 Millionen Euro über ein Förderdarlehen der KfW, wie es auf Abendblatt-Anfrage heißt. Dafür wurde nicht nur die Fassade erneuert, auch die Trinkwasser-, Abwasser- und Elektroleitungen sind neu.
Zudem wurden neue Heizungen, Fenster und Türen eingebaut und die Balkone überarbeitet. Alle Wohnungen erhielten neue Bäder. Außerdem neu: die Tagespflegeeinrichtung im Erdgeschoss, von der das ganze Quartier profitieren soll.
2019 hat die Altoba die Wohnanlage Glückstädter Weg/Immenbusch in Osdorf mit 250 Wohnungen abgeschlossen. Investitionsvolumen: 30 Millionen Euro.
Seit 2016 läuft die Modernisierung und Fassadensanierung der denkmalgeschützten Wohnanlage Reichardtblock in Bahrenfeld mit 400 Wohnungen. Das Projekt soll 2024 fertiggestellt werden. Investitionsvolumen: voraussichtlich rund 75 Millionen Euro. Zudem wurde die Wohnanlage Lüdersring 119–127 in Lurup mit 40 Wohnungen für rund neun Millionen Euro modernisiert.