Laut Bezirksamt hat sich das gekippte Projekt gelohnt. SPD und FDP widersprechen: 350.000 Euro und einige Unruhe waren der hohe Preis.

Das Aus für die weitgehend autofreie Zone kam fast auf den Tag genau vor einem Jahr. Am 28. Januar 2020 gab das Verwaltungsgericht den Eilanträgen von Anliegern gegen den Verkehrsversuch „Ottensen macht Platz“ statt. Einen Monat vor dem geplanten Ende musste der Bezirk Schilder und Stadtmöbel wieder abbauen.

Nun liegt eine erste Kostenschätzung vor. Rund 350.000 Euro wurden aus mehreren Töpfen investiert, 42.000 Euro spendierte die EU über das Projekt „Cities4People“. In der Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion der Bezirksversammlung Altona nennt die Verwaltung präzise Zahlen, eine Schlussrechnung liegt indes noch nicht vor.

So kosteten Absperrleistungen 2588 Euro, Holzcontainer für Bäume 2850 Euro, Sitzgelegenheiten 1512 Euro. Der größte Etatposten entfällt auf die „Erarbeitung eines Kommunikations- und Beteiligungsprozesses inkl. einer Evaluation“. Hier lagen laut Bezirksamt drei Angebote zwischen 76.300 Euro und knapp 84.000 Euro (alles Nettopreise) vor. Da der Zuschlag auch über „Herangehensweise und Qualifikation der Mitarbeiter“ erfolgte, dürfte man sich eher für ein teureres Angebot entschieden haben.

Meinungen von SPD, FDP und Grünen gehen auseinander

„Das Projekt hat sich absolut gelohnt“, sagt Stefanie von Berg (Grüne). Im Vergleich zu anderen Verkehrsprojekten sei das Preis-Leistungs-Verhältnis günstig. Zudem sei „Ottensen macht Platz“ nachhaltig: „Wir werden das Projekt verstetigen.“ Wie berichtet, arbeitet die Verwaltung derzeit Vorschläge aus, wie das Zentrum von Ottensen künftig „autoarm“ gestaltet werden kann, dies hatten Grüne und CDU in der Bezirksversammlung im März 2020 mit ihrer Mehrheit beschlossen. Stefanie von Berg verspricht: „Wir setzen ein starkes Zeichen für die Mobilitätswende.“

SPD und FDP sehen dies anders. „Das Projekt war in der Tat nachhaltig. Aber leider nur dadurch, dass es den Stadtteil gespalten hat wie noch nie“, sagt Mithat Capar, SPD-Distriktsvorsitzender in Ottensen und Mitglied der Bezirksversammlung. Auch Katarina Blume, Fraktionschefin der FDP, sagt, dass der Verkehrsversuch für massive Konflikte gesorgt habe. Es sei nicht gelungen, die Bürger mitzunehmen.

Projekt verursachte Unmut bei Gewerbetreibenden und Anwohnern

In der Tat gab es während des Projekts viel Streit. Gewerbetreibende klagten über Umsatzeinbußen, Anwohner über fehlende Abstimmung mit dem Amt. Capar und Blume kritisieren, das Projekt sei in einem „Hauruckverfahren“ durchgesetzt worden. Zudem sei der Projektzeitraum in den Wintermonaten falsch gewesen, nasskaltes Wetter habe den Werbespruch „Ein Flanierquartier auf Zeit“ konterkariert.

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Stefanie von Berg hält dagegen, dass die zuständigen Mitarbeiter als Experten bei Kongressen gefragt seien, zudem sei „Ottensen macht Platz“ eine Blaupause für angedachte ähnliche Projekte in Hamburg. „Wir haben da nicht einfach etwas auf- und dann wieder abgebaut.“

Der Streit um die Kosten liefert einen Vorgeschmack für die Diskussion bei der angedachten Verstetigung. Capar fordert „eine viel bessere Bürgerbeteiligung“, Blume plädiert für ästhetische Lösungen, die den Aufenthalt im öffentlichen Raum verbessern: „Bitte kein Provisorium wie jetzt am Jungfernstieg.“