Hamburg. Ernüchternde Bilanz der vergangenen zwei Jahre: SPD-Bezirkspolitiker kritisiert viele Fällungen und eine zu unübersichtliche Datenlage.

Als „unübersichtlich und in Teilen nicht nachvollziehbar“ kritisiert der Altonaer SPD-Politiker Andreas Bernau das Verfahren, nach dem im Bezirk Altona Baumfällungen und Nachpflanzungen erfasst werden. Vor dem Hintergrund ständig fortschreitenden „Grünschwunds“ in Hamburg (das Abendblatt berichtete), hatte Bernau in einer Anfrage vom Bezirksamt Auskunft über Baumverluste und Nachpflanzungen in Altona in den Jahren 2020 und 2021 verlangt.

Aus den nun vorliegenden Antworten wird deutlich, dass viele Bäume, die im Rahmen der sogenannten Bestandspflege in Parks und sonstigen Grünan­lagen gefällt werden, in der Regel überhaupt nicht durch Neupflanzungen ersetzt werden müssen. Da dabei neben kranken beispielsweise auch Bäume entfernt werden, damit der Baumbestand in der entsprechenden Grünanlage nicht zu dicht wird, ist die Notwendigkeit einer Nachpflanzung aus Sicht des Amts nicht automatisch gegeben.

Hamburg hat seit 2015 mehr als 20.000 Bäume verloren

Bernau erschließt sich diese Logik nicht. „Hier entnimmt man doch ganz klar wertvolles Grün aus der Stadt“, so der Politiker. „Und wenn nicht am gleichen Ort, dann müssten die Nachpflanzungen eben an anderen Standorten erfolgen.“ Vonseiten der Stadt wird dagegen argumentiert, dass der Platz für Nachpflanzungen begrenzt sei und durch viele Neubauvorhaben auch knapper werde. Zudem eigne sich auch nicht jeder angedachte Standort.

Wie berichtet, hatte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandro Kappe kürzlich berechnet, dass Hamburg seit 2015 mehr als 20.000 Bäume verloren habe. Auch Kappe hatte mangelnde Übersichtlichkeit bei der Datenerfassung beanstandet, allerdings gilt der Bezirk Altona bei dieser Erfassung aus Sicht des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) gegenüber anderen Bezirken als vorbildlich.

Alter der Bäume sollte erfasst werden

Aus den Antworten auf Andreas Bernaus Anfrage ergibt sich allerdings auch, dass das jeweilige Alter der Bäume im Zusammenhang mit Fällungen in Altona nicht berücksichtigt wird. „Angaben zum Alter der Bäume können nicht erfolgen, da derartige Kennzahlen im Rahmen der behördlichen Aufgabe kein Bestandteil des Verfahrens sind und insofern auch keine dahingehenden Daten erhoben werden“, heißt es in der Antwort. Und: „Das Alter der Bäume wird nicht regelhaft im Baumkataster erfasst.“

Bernau wundert sich darüber: „Gerade ältere Bäume sind doch für das Ökosystem besonders wertvoll. Wenn ich dann sehe, dass die Nachpflanzungen logischerweise eher kleiner ausfallen, wirkt sich das doch negativ auf das Ökosystem der Stadt aus.“

Verwirrende Erfassung der Bestände

Bernaus Frage nach Zahlen im Zusammenhang mit Fällungen und Nachpflanzungen für die zwei vergangenen Jahre erwies sich offenkundig als kompliziert zu beantworten. Das Problem dabei: Da für die Umsetzung der genehmigten Fällungen eine Zeitspanne von zwei Jahren gilt und die Nachpflanzungen nur während der Pflanzzeit erfolgen, überschneiden sich die Daten für die einzelnen Jahre stark.

Wenn ein Baum in einem Jahr gefällt wird, es aber keine „zeitnahe“ Nachpflanzung gibt, heißt das damit also nicht, dass der Baum nicht ersetzt wird. „Ich finde das verwirrend“, sagt Bernau. Zwar würden den Bezirkspolitikern im Grünausschuss monatlich Listen mit den zu fällenden Bäumen vorgelegt, aber langfristige Erkenntnisse ließen sich aus seiner Sicht daraus nicht ableiten.

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„Das würde ja bedeuten, dass man als Poli­tikerin oder Politiker diese Listen sammeln und laufend vergleichen und nachprüfen müsste“, so Bernau, „aber das ist für uns Ehrenamtliche gar nicht zu leisten.“ In der Antwort auf Bernaus Anfrage wird im Zusammenhang mit den Fällungen auf privatem Grund auf diese Listen verwiesen, konkrete Zahlen zu den tatsächlich ausgeführten Fällungen wurden nicht mitgeliefert.

Alle Einschränkungen vorausgesetzt, stellen sich die reinen Zahlen laut Bezirksamt so dar: Im Jahr 2020 waren laut Antwort 2043 Fällungen auf privatem Grund genehmigt worden. Über die tatsächlich erfolgten Fällungen wurden die Bezirkspolitiker in den jeweiligen Sitzungen informiert. Konkret gefällt wurden 189 Straßenbäume und 307 Bäume in Parks und sonstigen Grünanlagen. Nachgepflanzt wurden 183 Bäume auf privatem Grund, 162 Straßenbäume und 80 Bäume in Grünanlagen.

In Altona werden zu viele Bäume gefällt

Im Jahr 2021 wurden 1562 Fällungen auf privatem Grund genehmigt, konkrete Zahlen über Fällungen auf Privatgrund gab es auch hier in Form von Listen in den Sitzungen des Grünausschusses. 74 Straßenbäume und 382 Parkbäume wurden gefällt. Nachgepflanzt wurden demnach 34 Bäume auf Privatgrund, 104 Straßenbäume und 24 Bäume in den Parks.

„Man kann es drehen und wenden, wie man will“, sagt Andres Bernau, „aber nach meinem Eindruck klafft zwischen Fällungen und Nachpflanzungen auch in Altona eine viel zu große Lücke.“