Hamburg. „Flaschen-Bowling“, zerstörte Bänke, zurückgelassene Einweggrills – der beliebte Park hat harte Corona-Zeiten hinter sich.

Als Brautpaar und Hochzeitsgäste am Sonnabendabend beim Gruppenfoto vor dem Jenisch Haus im fast menschenleeren Park keine Masken trugen, blickte die Polizei noch in eine andere Richtung.

Da ein weißer Porsche und andere Begleitautos der Gesellschaft allerdings einen Zebrastreifen am Parkausgang blockierten, wurde doch konsequent auf Regelbeachtung gepocht. Auch wenn im Jenischpark am Wochenende neuerdings tagsüber Maskenpflicht herrscht, bewiesen patrouillierende Polizisten Fingerspitzengefühl. Jagdszenen wie zwei Wochen zuvor sollen sich nicht wiederholen.

Polizei verstärkt Einsätze im Jenischpark

Tatsächlich trugen niedrige Temperaturen und ein eisiger Wind dazu bei, dass die Partylaune im zuletzt wilden Westen Hamburgs unterkühlt ausfiel. „Wir haben unsere Anwesenheit verstärkt“, hieß es aus dem Polizeipräsidium. Am frühen Freitagabend trabten zwei Polizisten hoch zu Ross durch den Park.

Das machte Eindruck. Im Gegensatz zum Vorfrühling im Februar gab es nur in Ausnahmefällen Grillrunden, Saufgelage und Provokationen nassforscher Teenager, die wenig Respekt vor Alkohol wie Umwelt zeigten. Weil die Stadtreinigung im Jenischpark 15 zusätzliche graue Papierkörbe aufgestellt hatte und jeden Tag mit einem Team zur Stelle ist, präsentierte sich die Grünanlage am Elbufer von attraktiver Seite.

Polizei von Jugendlichen verhöhnt

In den Tagen zuvor sah das ganz anders aus. „Unfassbare Zustände“, sagt Wilbert Landlau während einer sonntäglichen Verschnaufpause abseits der „Eierhütte“ inmitten des Jenischparks. Als Stammbesucher komme er regelmäßig und habe oft beobachtet, wie die Polizei von angetrunkenen Jugendlichen verhöhnt und zum Narren gehalten wurde.

„Wenn die Ordnungshüter dann einmal überreagieren und Bilder davon online gehen“, meint Herr Landlau, „ist die Aufregung groß.“ Er erinnert sich an zerschmetterte Holzbänke, umgestürzte Papierkörbe, mit Neonspray verschandelte Eichen und mutwillig umgepflügte Blumenbeete. Dennoch: Auch Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hat einen Teil des gefilmten Einsatzes kritisiert. Die Verfolgung eines Flüchtenden sei „taktisch ungeeignet und unverhältnismäßig“ gewesen.

Kaputte Flaschen, zurückgelassene Einweggrills

„Bei einer Minderheit mangelt es offensichtlich an häuslicher Erziehung“, sagt Anwohnerin Cathrin Peper. Mit ihrem Hund Filou, einem Papillon, ist sie Tag für Tag im Park unterwegs. „Vor allem im vergangenen Sommer und bei der lauen Witterung im Februar herrschten erschütternde Verhältnisse“, berichtet sie. Aberhunderte wohl bewusst abgeschlagene und im Rasen vergrabene Flaschen und zurückgelassene Einweggrills hätten herumgelegen. Als sie ein Kind mit aufgeschlitzten Gummistiefeln sah, habe sie eine Mail an Altonas Bezirks­amtsleiterin Stefanie von Berg geschrieben.

Cathrin Peper mit Hund Filou im Jenischpark.
Cathrin Peper mit Hund Filou im Jenischpark. © Unbekannt | Roland Magunia

„Ich finde es nicht gut, was Mitschüler hier veranstalten“, sagt die 16-jährige Anna-Lena. Sie sitzt mit sieben anderen Mädchen und Jungen auf zwei Bänken in der Nähe des Ernst Barlach Hauses. Einen Mund-Nasen-Schutz tragen nur zwei von ihnen. Eine Flasche Pfefferminzschnaps namens „Berliner Luft“ macht die Runde. „Selbstverständlich entsorgen wir den Müll vernünftig“, verspricht Anna-Lena. Ehrensache. Sie erzählt aber auch von Open-Air-Spielen wie „Flaschen-Bowling“. Dabei werden Pfandflaschen kaputt geschlagen.

Stadtreinigung berichtet von extremer Situation

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtreinigung kennen solche merkwürdigen Arten der Freizeitgestaltung nur zu gut – in Corona-Zeiten mehr denn je. „In den letzten Wochen und Monaten ist die Situation extremer geworden“, weiß Ibrahim Orhan aus der Erfahrung von 22 Jahren im Betrieb. „Wir wundern uns über gar nichts mehr“, ergänzt Kollege Dustin Horst­kotte.

Beide sind an diesem Sonntag seit 6 Uhr früh im Einsatz. In mehreren Parks im Westen der Hansestadt sorgen sie für Sauberkeit: Unrat auflesen, Müllkörbe leeren, Flaschensplitter einsammeln.

Neue Mülltonnen für Hamburg gegen Verschmutzung

Galt der Jenischpark zuletzt als Hotspot von Teilen einer rücksichtslosen Wegwerfgesellschaft, wissen die Männer von vielen stark verdreckten Orten. Demnach herrschen in einem Skaterpark in Rissen, in einer Luruper Grünanlage sowie in Goßlers Park in Blankenese immer wieder eine „katastrophale Vermüllung“. Angeblich kommen die jungen Erwachsenen mit dem mangelhaften Benehmen aus nicht gerade ärmlichen Haushalten in der Nachbarschaft, immer häufiger allerdings auch mit der S-Bahn zu den Stationen Botanischer Garten oder Blankenese.

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„Oft sieht es in den Grünanlagen morgens wie nach einem Musikfestival aus“, sagt Dennis Meybauer, Gruppenleiter der Stadtreinigung. Seine Teams seien an sieben Tagen in der Woche aktiv, um dem wachsenden Unrat Herr zu werden. Seit dem Herbst stellte das Unternehmen in Hamburg mehr als 300 neue Papierkörbe, 40 zusätzliche Solarpressbehälter sowie weitere 240 Liter fassende Mülltonnen an der Außenalster und anderen stark besuchten Plätzen auf.

Regelmäßig seien Sonderkolonnen unterwegs. „Wir haben allen Grund, den Saubermännern und der Polizei zu danken“, sagt Anwohnerin Cathrin Peper zum Abschied. Wenn es sich ergibt, will sie dieses Kompliment auch persönlich übermitteln.