Hamburg. Viele Hamburger schwören etwa bei Rückenschmerzen auf die speziellen Übungen, die schnell helfen sollen. Aber es gibt auch Kritik.
Ein ruhiger, lichtdurchfluteter Raum. Eine Liege. Eine Matte auf dem Boden. Ein paar Faszienrollen und Bänder. Hier, in den Räumlichkeiten des Liebscher & Bracht Zentrums in Hamburg-Ottensen sollen kleine Wunder geschehen.
Praxis-Mitinhaber Dirk Peretzki jedenfalls berichtet von Menschen, denen nichts anderes geholfen habe. Die durch permanente Schmerzen am Rande ihrer Kräfte waren und nun schmerzfrei sind.
Liebscher & Bracht: YouTube-Videos begeistern Millionen Menschen
Liebscher & Bracht ist ein Therapieansatz, der von Roland Liebscher-Bracht und Dr. Petra Bracht vor rund 35 Jahren entwickelt wurde. Inzwischen gibt es im ganzen Land zertifizierte Partnerpraxen. Das Liebscher & Bracht Zentrum in Ottensen wurde vor 15 Jahren gegründet und war die erste offizielle Partnerpraxis in Hamburg.
Die Grundidee dieser Methode liegt in der Annahme, dass mehr als 90 Prozent der Schmerzen durch muskuläre und fasziale Fehlspannungen im Körper verursacht werden. Dadurch entstehen Fehlstellungen, die schließlich zu Schmerzen führen.
Seit Jahren schon erfährt die Methode immer größeres Interesse – und wird immer bekannter. Das liegt nicht zuletzt auch an den zahlreichen YouTube-Videos, die von Liebscher & Bracht ins Netz gestellt werden. Mehr als zwei Millionen Menschen haben den offiziellen Kanal abonniert. Viele schwören in den Kommentaren auf die Übungen.
Rückenschmerzen: Liebscher & Bracht arbeitet mit Dehnungen
Was aber macht die Methode aus? Und was unterscheidet sie von Übungen, die beispielsweise Physiotherapeuten anwenden? Dirk Peretzki erklärt: „Im Unterschied zu vielen anderen Ansätzen setzen wir den Fokus nicht auf die Kräftigung, sondern auf die individuelle Dehnung von Engpässen mit dem exakten Winkel und der passenden Dehnungsdauer. Das führt zu mehr Beweglichkeit.“
Diese Faktoren seien wichtig, da sich durch einseitige Belastungen – etwa langes Sitzen am Schreibtisch – Fehlhaltungen manifestierten, die zu Muskelverkürzungen und Verspannungen führten, sagt Peretzki.
Liebscher & Bracht: Jeder Patient bekommt individuelle Übungen
„Wir ermitteln mit einer speziellen Drucktechnik die Schmerzpunkte der Patientinnen und Patienten und können durch diesen Reiz das Ansteuerungsmuster des Gehirns neu ausrichten“, erklärt der Experte. „Wenn wir wissen, wo genau die Spannungen sitzen, können wir die passenden Übungen für die Patienten zusammenstellen.“
In der Regel seien drei Sitzungen notwendig. Die Kosten für diese können private Kassen zum Teil übernehmen. Gesetzlich Versicherte müssen die Sitzungen selbst bezahlen. Pro Sitzung werden 169 Euro in Rechnung gestellt.
Dirk Peretzki betont aber: „Die Patienten bekommen quasi als Hausaufgaben Übungen mit, bei denen es darauf ankommt, dass sie regelmäßig ausgeführt werden. Das ist zum Teil harte Arbeit – aber es lohnt sich.“
Hamburger Schmerzspezialist: Videos sind nur eine Ergänzung
Peretzki, der bei Liebscher & Bracht seine Ausbildung gemacht hat, bezeichnet das als Hilfe zur Selbsthilfe. „Schmerzpatienten lernen bei uns, dass sie ihren Schmerzen nicht ausgeliefert sind, sondern selbst aktiv werden können“, sagt er. Auf die YouTube-Videos allein zurückzugreifen, sei nicht in jedem Fall empfehlenswert.
„Wir sehen die Videos eher als Ergänzung, da es wichtig ist, einmal im Beisein eines Liebscher&Bracht-Therapeuten die korrekte Ausführung zu erlernen“, so Peretzki. Außerdem könne nur durch den direkten Kontakt auch sichergestellt werden, dass man genau die Übungen macht, die zu dem jeweiligen Problem passen.
Schmerztherapie: Es gibt auch Kritik an Liebscher & Bracht
Dennoch: Es gibt auch Kritik an der Methode. Aus Medizinerkreisen ist zu hören, es würde an der wissenschaftlichen Grundlage mangeln. Zudem könnten Patienten mit ernsten Beschwerden dem Versprechen der „Schmerzrettung“ vertrauen, anstatt einen Arzt aufzusuchen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich Patienten mit falschen Übungen und Hilfsmitteln selbst schaden könnten.
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Liebscher&Bracht-Therapeut Peretzki hält dagegen: „Mit falschen Übungen und Hilfsmitteln kann man sich natürlich Schaden zufügen. Gerade deshalb halten wir es für extrem wichtig, sich von einem unserer Therapeuten genau anleiten zu lassen und die Hilfsmittel richtig einzusetzen.“
Peretzki betont: „Für Studien sind wir immer offen – und einige medizinische Studien, etwa zu Knie- und Nackenschmerzen, liegen auch bereits vor. Es scheint aber kein großes Interesse der Schmerzwissenschaft an einer Zusammenarbeit zu bestehen.“
Fakt sei: „Wir erleben hier in der Praxis regelmäßig, dass Menschen zum Beispiel mit Knieschmerzen nach der Behandlung bei uns die Treppe wieder schmerzfrei gehen können“, sagt Peretzki. „Ohne Operation, ohne Schmerzmittel.“