Hamburg. Erst Filme, nun Rucksäcke: Als sein Kind geboren wird, überdenkt Fabian Gluschke sein ganzes Leben – und trifft einen Entschluss.
Rund 300 Kilometer liegen zwischen Hamburg und Berlin. Zwar braucht der ICE mittlerweile nur noch knapp zwei Stunden, mit An- und Abreise zum Bahnhof dürfte sich die Reisezeit aber noch einmal erheblich erhöhen. Einer, der das ganz genau wissen muss, ist Fabian Gluschke, Gründer der beliebten RucksackmarkeEla Mo.
Der 44-Jährige aus Altona arbeitete jahrelang in der Kinofilmvermarktung mit Sitz in Berlin, brachte Streifen über Netflix und andere Streamingportale an Kunden und Kundinnen. Eigentlich der perfekte Job für den bekennenden Filmliebhaber – doch die Geburt seiner Tochter im Jahr 2016 änderte einiges.
Work-Life-Balance: Hamburger Gründer pendelte für Job fast täglich nach Berlin
Monatelang pendelte Gluschke täglich zwischen Berlin und Hamburg – und legte damit wöchentlich über 1000 Kilometer mit der Bahn zurück. Alles, um wenigstens die Nacht bei seiner Familie verbringen zu können.
„Ich habe relativ kurz nach der Geburt wieder angefangen, zu arbeiten“, erinnert sich Fabian Gluschke im Gespräch mit dem Abendblatt. „Mir ging es dann wahrscheinlich wie vielen jungen Vätern und Müttern: Ich hatte das Gefühl, weder den Ansprüchen meines Arbeitgebers gerecht zu werden, noch meinen eigenen als Familienvater.“
Hamburger verkauft unter der Marke Ela Mo Rucksäcke für Damen
Der Unternehmer wollte mehr Zeit bei seiner Familie verbringen und zog Konsequenzen: Noch im gleichen Jahr kündigte er seinen Job – und machte sich direkt danach selbstständig.
Ein Risiko für ihn als frischgebackenen Familienvater? „Ehrlich gesagt fühlte sich Festanstellung viel heikler und unsicherer an – eben, weil so viel Frustrationspotenzial da war und sich die Perspektive meines Arbeitgebers zu meiner unterschied“, antwortet der Hamburger gelassen.
Es habe ihn in eine andere Richtung gezogen – nach Hamburg, zu seiner Familie und einem eigenen Projekt. Gemeinsam mit seiner Ehefrau gründete Gluschke dann das Unternehmen Neuland und damit einhergehend die Marke Ela Mo, unter der es mittlerweile eine riesige Auswahl an Rucksäcken für Damen gibt.
Ehepaar aus Hamburg analysierte Daten und befragte Zielgruppe
Doch wie kommt man ausgerechnet auf diese Geschäftsidee? „Meine Frau hatte damals schon super viele schöne Rucksäcke, aber keinen wirklich funktionalen. Sie lieh sich dann immer meine und sah damit aus wie eine Schildkröte“, erzählt Gluschke.
Das Ehepaar habe dann anhand von Datenanalysen und Keyword-Recherchen bemerkt, dass Rucksäcke für Damen auch im Internet stark nachgefragt sind und mithilfe von Zielgruppenbefragungen erstellten sie passende Rucksackmodelle.
„Wenn man keine Ahnung hat von etwas, sollte man immer derjenige sein, der fragt“
Im Umfeld des Paares sei anfangs „eine deutliche Skepsis in Bezug auf das Geschäftsmodell“ spürbar gewesen. Eine weitere Herausforderung war es außerdem, Entscheidungen zu treffen „von denen man noch gar keine Ahnung hat“, sagt Gluschke.
Letztendlich gab es aber vor allem Unterstützung aus dem Familienkreis. Als Inhaber lernte Gluschke: „Wenn man keine Ahnung hat von etwas, sollte man immer derjenige sein, der fragt.“
Work-Life-Balance: Feste Arbeitszeiten gibt es bei Ela Mo nicht
Mittlerweile besteht das Team von Ela Mo aus 25 Personen, die in ganz Deutschland und Europa verteilt sitzen. Denn: Die Gluschkes setzen dabei auf „Remote first“, es steht den Mitarbeitenden also frei, von wo sie arbeiten.
Und auch zu festen Arbeitszeiten hat der Unternehmer eine klare Haltung: „Wir sprechen bei uns über Aufgaben und Ziele. Jeder weiß für sich am besten, ob er die am produktivsten um 9 Uhr morgens oder 23 Uhr abends erfüllen kann.“
Ein Drittel des Gewinns wird für soziale Zwecke gespendet
Vorteile habe diese freie Gestaltung der Arbeitszeit auch für ihn als Arbeitgeber: „Man schafft damit ein Vertrauensverhältnis und erspart sich das Mikromanagement. Dadurch kann ich mich viel mehr darauf konzentrieren, was wir als Team für das Erreichen unserer Ziele brauchen.“ Von „New Work“ will Gluschke übrigens bei der Arbeitsweise nicht sprechen. Vielmehr sieht er sie als „neuen Standard“.
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Auch gesamtgesellschaftlich will der Unternehmer seiner Verantwortung gerecht werden: „Wir haben bei der Gründung von Ela Mo die Entscheidung getroffen, nicht zur Schaffung von Problemen beitragen zu wollen“, erzählt der Hamburger. Deshalb werde ein Drittel der Gewinne von Ela Mo an soziale Initiativen gespendet, zum Beispiel an den Verein Hanseatic Help.
Work-Life-Balance: Hamburger kann jetzt jeden Abend mit Familie essen
Eine weitere Maßnahme sei es, Stoffe aus recyceltem Material für die Herstellung zu nutzen. Den gesamten „Impact Report“, also den Bericht über Emissionen des Unternehmens, können Kunden und Kundinnen auf der Website von Ela Mo einsehen.
Mittlerweile ist Fabian Gluschke Vater von zwei Töchtern. Die Büroräume für Ela Mo befinden sich in Laufnähe zum Haus der kleinen Familie in Hamburg-Altona. Jeden zweiten Morgen bringt Fabian Gluschke seine Kinder in die Kita, macht danach Sport und geht dann erst ins Büro.
Und, für den Unternehmer das Wichtigste und unumstößlich: „Ich esse jeden Abend um 18 Uhr mit meiner Familie zusammen Abendbrot.“