Hamburg. Zwei Linien sollen Stadtteile im Westen schneller ans Netz anbinden als geplant. SPD kritisch, Grüne weiter offen für Stadtbahn.

Die Stadtbahn ist endgültig zurück in der politischen Debatte der Stadt Hamburg. Nachdem die Grünen das immer wieder beerdigte Projekt eines neuen Verkehrssystems wieder ins Wahlprogramm aufgenommen haben und auch der Naturschutzverband BUND eine Diskussion über dessen Wiederbelebung forderte, hat sich jetzt auch die CDU angeschlossen. Dabei hat deren Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl 2020, Marcus Weinberg, am Mittwoch einen sehr konkreten Vorschlag vorgelegt. Unter dem Namen „MetroTramAltona“ sollen demnach künftig zwei Linien einer oberirdischen Bahn in Altona fahren.

Eine Linie 1 soll Schenefeld über Lurup und Holstenstraße mit dem Bahnhof Altona verbinden. Und eine Linie 2 soll ebenfalls von Schenefeld zum Bahnhof Altona führen, allerdings über Achtern Born, Elbe-Einkaufszentrum, Othmarschen und Ottensen. Weitere Linien könnten nach der CDU-Idee künftig etwa Stellingen und Tierpark Hagenbeck an das Netz anschließen. Obwohl es technisch keine gravierenden Unterschiede gebe, will die CDU die Bahn nicht als Stadtbahn bezeichnen, da sie nur regional in Altona fahren soll.

Bahn-Projekt auf Hamburger Westen begrenzt

„Mit Blick auf die besonderen Herausforderungen in den Stadteilen Lurup, Osdorf, Bahrenfeld, Altona-Nord, Ottensen und Othmarschen sprechen wir uns für die Einführung einer regionalen MetroTramAltona aus“, heißt es in der Pressemitteilung der CDU. Das Projekt sei auf den Hamburger Westen begrenzt, und schaffe dort eine bessere Anbindung für die mehr als 150.000 Menschen, die in diesen Stadtteilen lebten.

„Wer im Hamburger Westen wohnt und lebt, spürt jeden Tag, wie der Verkehr zunimmt“, sagte Weinberg laut Pressetext. „Und in Folge der vielen Bauvorhaben werden noch mehr Menschen insbesondere in Bahrenfeld wohnen und arbeiten und den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Wir stehen immer häufiger in überfüllten und unregelmäßig fahrenden Bussen im Stau. Die Menschen wollen nicht mehr zwanzig Jahre auf eine S-Bahn für Lurup, Osdorf, Bahrenfeld oder Altona warten. Deswegen haben wir eine kostengünstige und schnell zu bauende Alternative für den Hamburger Westen entwickelt, die bequem, verlässlich, innovativ und klimagünstig ist: unsere MetroTramAltona.“ Die CDU wolle ausdrücklich „keine Diskussion über eine flächendeckende Einführung einer Stadtbahn“, erkenne aber „die Chancen und Perspektiven der regionalen Linienführung einer MetroTram."

Eine MetroTram könne sechs Busse des HVV ersetzen

Seit mehr als 40 Jahren seien die Menschen in diesen Stadtteilen bereits „über eine mögliche Schnellbahnanbindung von den Hamburger Senaten getäuscht und enttäuscht“ worden, so Weinberg. „Während der heutige Senat für die Menschen in diesen Stadtteilen ein Versprechen für eine schienengebundene Anbindung frühestens in 20 Jahren abgegeben hat, setzen wir auf eine kostengünstige Anbindung mit einer möglichen Bauzeit von unter fünf Jahren. Wir streuen den Menschen nicht mehr Sand in die Augen, sondern zeigen ein realistisches Konzept auf.“ Eine einzige MetroTram könne sechs Busse des HVV ersetzen.

„Auch die vom Senat zugesagten Expressbusse sind weniger als ein Tropfen auf dem heißen Stein, weil sie nicht die hohe Anzahl an Menschen, wie die MetroTram, transportieren können“, sagte der CDU-Spitzenkandidat. „Wir planen mit zunächst zwei Linien der MetroTramAltona. Die Linie 1 wird vom Stadtzentrum Schenefeld über den Eckhoffplatz, das DESY, die Trabrennbahn Bahrenfeld, die S-Bahn Holstenstraße zum Bahnhof Altona führen und hat eine Streckenlänge von insgesamt 10,9 Kilometern. Die Linie 2 geht von Stadtzentrum Schenefeld über Achtern Born, das Elbe- Einkaufszentrum, der S-Bahn Othmarschen und dem Ottenser Marktplatz zum Bahnhof Altona und hat eine Länge von 13,1 km.“

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CDU: Linie könnte nach drei bis vier Jahren Betrieb aufnehmen

Die Kosten der etwa 53 Haltestellen und insgesamt 24 Kilometer Strecke schätze die CDU auf rund 520 Millionen Euro. Für die Finanzierung stünden „verschiedene Fördermittel des Bundes, zum Beispiel aus dem Entflechtungsgesetz und dem Regionalisierungsgesetz“ zur Verfügung, so Weinberg. „Mit dieser MetroTramAltona schaffen wir eine zeitnahe und kostengünstige Anbindung der Stadtteile im Hamburger Westens, die leise, schnell und CO2 frei ist und den Fahrgästen mehr Flexibilität und geringere Fahrtzeiten von Tür zu Tür bietet."

Die erste Linie könne bereits nach drei bis vier Jahren ihren Betrieb aufnehmen, so die CDU. Die Baukosten seien dabei „wesentlich geringer als die vergleichbarer Schnellbahnen“. Für die gleichen Baukosten könnten in Hamburg für einen Kilometer U-/S-Bahn in etwa 16 Kilometer MetroTram gebaut werden. Durch die vielen Haltestellen in geringem Abstand biete die MetroTramAltona ihren Fahrgästen mehr Flexibilität. Sie passe sich in engen Straßen optimal an den Verkehr an und stelle keine Behinderung für den motorisierten Verkehr dar, so die CDU. Sie ersetze vieler Buslinien und entlaste so den Straßenverkehr.

"Fehler von 2008-10 nicht wiederholen"

Ob die Hochbahn die neue Bahn bauen solle oder man das Projekt europaweit ausschreibe, ließ Weinberg offen. Im Gespräch mit dem Abendblatt betonte er, dass man Fehler, die bei der versuchten Stadtbahn-Einführung unter der schwarz-grünen Regierung 2008-10 gemacht wurden, nicht wiederholen werde. Das Projekt sei damals „völlig falsch angefasst worden“, indem man zum Start eines stadtweiten Vorhabens am Winterhuder Marktplatz angefangen habe zu „buddeln“, so Weinberg.

Die MetroTramAltona sei dagegen ein regionales Projekt und folge den Wünschen der Menschen. Nach massivem Widerstand war das Projekt Stadtbahn 2010 von CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus wieder kassiert worden. Die SPD hat sich seit 2010 klar gegen eine Stadtbahn in Hamburg positioniert.

Es sei kein Widerspruch, dass die CDU erst am Dienstag im Verkehrsausschuss dem Bau der S32 zur Anbindung des Stadtteile im Westen zugestimmt habe, so Weinberg. Die S32 sei frühestens 2035, vielleicht erst 2041 fertig. Das dauere für die Menschen zu lange. Es sei nicht möglich, das wachsende Verkehrsaufkommen für die nächsten 20 Jahre mit Expressbussen zu bewältigen. Man brauche eine schnellere Lösung.

Kritik der SPD, Grüne weiter offen für Stadtbahn

Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) schrieb bei Facebook: „Ich frage mich, warum die CDU im Verkehrsausschuss den Planungen für dem Bau einer neuen S-Bahnlinie von der Holstenstraße bis nach Osdorf , also genau auf dieser Trasse, zugestimmt hat.“ Im Übrigen würde der Bau einer Tram „natürlich Machbarkeitsuntersuchungen, Vorentwurfsplanung, Entwurfs- und dann Ausführungsplanung und dann ein erfolgreiches Planfeststellungsverfahren ohne Klagen voraussetzen – in einem städtebaulich schwierigem Umfeld“, so Rieckhof. „Das würde schon mal bis Mitte der 20er Jahre dauern, ohne Baubeginn.“

SPD-Verkehrspolitikerin Dorothee Martin warf der CDU vor, sie mache "Experimente zulasten der Mobilität". Mit der geplanten S32 von Harburg bis zum Osdorfer Born und der "deutlichen Ausweitung des Busangebotes im Hamburger Westen zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember" sei man auf dem richtigen Weg. "Es ist völlig absurd, dass die CDU in der Sitzung des Verkehrsausschusses für unseren Plan einer S32 stimmt und parallel die MetroTram fordert", so Martin. "Das ist ein weiterer Beleg für die Ziellosigkeit der CDU-Verkehrspolitik.“

Auch Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann kritisierte den Weinberg-Plan: „Wenn die CDU ernsthaft die Stadtbahn will, darf sie die doch nicht auf der gleichen Strecke wie die S32 planen. Das ist wirklich unsinnig.“

Grünen-Verkehrspolitiker Martin Bill sagte, er freue sich „dass wir im Wettstreit der Ideen über das beste Konzept diskutieren können“. Die CDU müsse sich aber entscheiden, ob sie auf der Strecke eine S-Bahn oder Stadtbahn wolle. „Wir Grüne haben die Stadtbahn weiterhin im Instrumentenkasten. Aber wir sehen sie nicht als Alternative zu U- und S-Bahn-Planungen, sondern als Ergänzung.“ Wenn der HVV immer mehr Fahrgäste befördere, brauche man eine Stadtbahn. „Deshalb wollen wir sie perspektivisch als zusätzlichen Verkehrsträger etablieren – insbesondere als Ersatz für die Expressbusse in Quer- und Tangentialverbindungen.“

FDP und AfD lehnen den CDU-Vorstoß ab

FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein lehnte die CDU-Vorschläge ab. „Eine überholte Idee wird nicht dadurch besser, indem man sie immer wieder aus der Mottenkiste holt und neu benennt“, sagte die FDP-Politikerin. „Hamburgs Straßen sind zu voll. Eine ‚MetroTram‘ löst das Problem nicht, denn auch eine Stadtbahn nutzt den Straßenraum. Wir Freie Demokraten stehen für eine Mobilitätswende, bei der mehr Menschen freiwillig in U- und S-Bahnen umsteigen. Dafür brauchen wir mehr Kapazitäten, mehr Komfort und mehr Zuverlässigkeit im System.“

AfD-Verkehrspolitiker Detlef Ehlebracht bezeichnete den CDU-Vorstoß als „reine Effekthascherei und Wahlkampfgetöse, solange kein fundiertes Konzept dargelegt wird“. Die AfD sei im innerstädtischen Raum gegen eine Stadtbahn. Diese könne aber „in den Außenbezirken eine gute Ergänzung sein“.