Hamburg. In dem Gewässer hatte sich viel Müll angesammelt, es fand sich sogar ein Bürostuhl. Niemand fühlte sich zuständig.
Eigentlich schienen die Tage des Biotops am S-Bahnhof Diebsteich gezählt. Im Zuge der Verlegung des Fernbahnhofs Altona sollte das Gewässer zugeschüttet werden und einem achtspurigen Gleisausbau weichen. Als Ersatz entstand gut einen Kilometer nördlich, auf dem Gelände der Wohngartengemeinschaft Besthöhe am Försterweg, ein Gewässer, das den Amphibien aus der Umgebung künftig als Lebensraum dienen soll. Doch Ende August hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Bahnhofsbau vorläufig gestoppt. Und das Biotop, das nie als solches geplant war, bleibt erst einmal erhalten.
Drei Jahrzehnte lang rollten auf dem tiefer gelegten Gelände neben der Bahnstrecke nach Pinneberg Waggons direkt ins Paketpostamt am Kaltenkircher Platz. Später wurde der sogenannte Posttrog aufgegeben – und die Natur holte sich das Areal zurück. Das Gleisbett lief voll, Tier- und Pflanzenarten siedelten sich an, darunter seltene Vögel wie die Teichralle und der Haussperling, Biberratten, auch die Nelken-Haferschmiele und andere bedrohte Pflanzenarten.
Viel Müll angesammelt
Doch leider nutzten auch Menschen das Gewässer. Unter dem giftgrünen Wasserlinsenteppich hat sich über die Jahre jede Menge Müll gesammelt. Den Anwohnern stinkt das schon lange. Sie haben mehrfach auf den Missstand hingewiesen – erfolglos. "Niemand fühlte sich verantwortlich, dort einmal für Säuberung zu sorgen. Nicht der Landesbetrieb Immobilienmanagement, nicht die Hausverwaltung, erst recht nicht die Bahn oder die Post", schreibt Volker Scharrnbeck dem Abendblatt.
15 Säcke Müll
Also hätten sie kurzerhand selbst Hand angelegt. Zu zweit seien sie am Tag der Deutschen Einheit in den übel riechenden Tümpel gestiegen und hätten drei Stunden lang herausgeholt, was ihnen in die Hände fiel. Und das war einiges: vier Einkaufswagen, ein Bürostuhl, Taschen, Rucksäcke, teils mit Silberbesteck und Schmuck gefüllt, Hula-Hoop-Reifen – insgesamt 15 Müllsäcke voll. Diese habe man unter spontaner Mithilfe von Passanten sauber verpackt auf dem Gelände hinter dem Postgebäude deponiert.
Scharrnbeck: "Die zuständige Hausverwaltung wurde schriftlich informiert." Doch auch sechs Wochen später seien die Säcke noch da. Entfernt wurden dafür die Transparente, die die Anwohner am Geländer der Diebsteichbrücke angebracht hatten mit der Bitte, doch keinen Müll übers Geländer zu werfen. Es muss schließlich alles seine Ordnung haben.
Wie lange sich die Anwohner noch an ihrem Biotop erfreuen dürfen, ist unklar. Noch gibt es nicht einmal einen Termin für das Hauptsacheverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht.