Hamburg. Jetzt ist es amtlich: Die Regelung tritt am 31. Mai auf zwei Straßen in Kraft. Allein in Hamburg sind gut 168.000 Pkw betroffen.

Die bundesweit ersten Diesel-Fahrverbote wegen zu schlechter Luft sollen am Donnerstag kommender Woche in Hamburg in Kraft treten. Wie die Umweltbehörde am Mittwoch ankündigte, ist vom 31. Mai an eine Sperrung zweier Straßenabschnitte im Stadtteil Altona-Nord für ältere Dieselautos und Lastwagen geplant.

Betroffen sind alle älteren Dieselfahrzeuge, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Die Durchfahrtsbeschränkungen gelten für die Stresemannstraße (nur Lkw) und die Max-Brauer-Allee (Lkw und Pkw). Seit der vergangenen Woche waren bereits Umleitungs- und Verbotsschilder an den betroffenen Abschnitten angebracht worden.

Der Termin für das Inkrafttreten des Verbots hatte sich verzögert. Zunächst mussten die schriftlichen Begründungen des Bundesverwaltungsgerichts zu dessen Grundsatzurteilen vom Februar von den Hamburger Behörden ausgewertet werden. Das Gericht hatte darin Fahrverbote grundsätzlich für zulässig erachtet, um die Belastung der Luft mit Stickoxiden zu verringern.

Gericht lässt Diesel-Fahrverbote in Städten zu

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    Laut dem Hamburger Luftreinhalteplan soll nun ein 580 Meter langer Teil der Max-Brauer-Allee für Dieselfahrzeuge gesperrt werden, die nicht die moderne Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Das Gericht erklärt in seiner Urteilsbegründung, dass eine solche Beschränkung für einen Streckenabschnitt durchaus verhältnismäßig ist.

    168.000 Hamburger Pkw betroffen

    Dem Kraftfahrt-Bundesamt zufolge waren in Hamburg zum Jahresanfang insgesamt 264.406 Diesel-Pkw zugelassen. Davon erfüllten 96.356 Wagen die sauberste Euro-6-Norm, 80.803 die Euro-5-Norm, die anderen Euro 4 und schlechter. Betroffen sind von dem Fahrverbot in der Max-Brauer-Allee somit gut 168.000 Hamburger Pkw sowie alle anderen Diesel aus Deutschland und dem Ausland, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen und nach Hamburg einfahren.

    Ebenfalls unter ein Fahrverbot fällt ein rund 1,6 Kilometer langer Abschnitt der Stresemannstraße. Dieser soll aber nur für ältere Diesel-Lkw gesperrt werden, nicht für Pkw. Ausgenommen sind zudem Rettungsfahrzeuge, Anwohner und deren Besucher, Müllwagen, Lieferfahrzeuge und Taxis, sofern sie Passagiere aufnehmen oder absetzen.

    Informationen zu den Ausnahmeregelungen und zu Ausweichrouten finden sich unter www.hamburg.de/luftreinhaltung.

    BUND: Problem wird nur verschoben

    Die angekündigten Dieselfahrverbote in Hamburg reichen nach Ansicht der Umweltorganisation BUND zur Luftreinhaltung nicht aus. Die bundesweit ersten Durchfahrtsbeschränkungen für ältere Diesel, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, seien „zwar ein gutes Signal, aber nicht zielführend“, sagte der Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Paul Schmid, am Mittwoch.

    „Wir brauchen flächendeckende Fahrverbote, die den Menschen helfen und nicht den Messstationen“, forderte Schmid. Durch die Fahrverbote würden Verkehr und schädliche Stickoxide nur auf andere Straßen verteilt, wo sie aber nicht erfasst würden. Der BUND verlangt weiter die Einführung einer blauen Plakette, um flächendeckende Fahrverbote praktikabel zu machen.

    Autobauer lehnen Fahrverbot ab

    Die deutsche Autoindustrie bleibt auch nach der Hamburger Ankündigung bei ihrer strikten Ablehnung von Dieselfahrverboten. Es gebe bessere Instrumente zur Luftreinhaltung in den Städten. „Innovationen leisten einen höheren Beitrag“, bekräftigte der Branchenverband VDA am Mittwoch. „Allein die natürliche Bestandserneuerung durch moderne und saubere Dieselfahrzeuge wird in den kommenden Jahren zu einer erheblichen Steigerung der Luftqualität führen.“ So seien im vergangenen Jahr bereits 1,1 Millionen neue Euro-6-Diesel auf die Straße gekommen.

    Für die FDP sind die Fahrverbote ein Ausdruck des Versagens von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Verkehrspolitik. „Hamburg ist Frau Merkels erstes Fahrverbot. Ihre Politik des Zögerns und Zauderns ist krachend gescheitert“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, am Mittwoch in Berlin. „Die Verlierer sind einmal mehr Pendler und Handwerker.“

    FDP spricht von "massivem Schaden"

    Die Bundesregierung habe durch jahrelanges Nichtstun dafür gesorgt, dass die Kommunen nun durch Gerichtsurteile zu streckenbezogenen Fahrverboten angehalten werden, meinte der Verkehrsexperte der Fraktion, Oliver Luksic. Dadurch werde es in Hamburg zu einer Verlagerung des Verkehrs in die Nebenstraßen kommen. „Das bringt in Sachen Luftverbesserung in Summe eher wenig, sorgt aber für massiven Schaden, Bürokratiekosten und Wertverluste bei Millionen von Dieselfahrzeugen“, kritisierte Luksic. Ewald Aukes, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, gab zu bedenken, dass durch die längeren Umfahrungsstrecken sogar mehr Schadstoffe freigesetzt würden. Zudem lasse sich die Durchfahrtsbeschränkung effektiv kaum kontrollieren.

    Ähnlich argumentiert die Hamburger CDU-Fraktion. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) wolle mit dem Fahrverbot trotz aller Zweifel von Experten "mit dem Kopf durch die Wand", sagte der verkehrspolitische Sprecher Dennis Thering: "Es werden mehr Leute unter dem Durchfahrtsverbot leiden als profitieren. Um die Messwerte auf der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße zu drücken, riskiert der Senator Ausweichverkehre in anderen Straßen mit Tausenden neuen Betroffenen. Der Auftrag des Umweltsenators ist aber, die Menschen zu schützen und nicht die Messstation."