Altona. Bezirkspolitiker hoffen, dass dort endlich Wohnungen gebaut werden – allerdings dachten sie das vor drei Jahren schon einmal.
Wer in der künftigen Neuen Mitte Altona eine normale Mietwohnung sucht, muss sich mittlerweile auf eine Kaltmiete von fast 16 Euro pro Quadratmeter und Monat einstellen. Nicht viel anders sieht es in anderen innenstadtnahen Lagen aus. Um gut 50 Prozent sind seit 2006 die Neuvermietungsraten gestiegen, wie jüngst eine Studie des Ohmoor-Gymnasiums zeigte. Als wesentliche Preistreiber gelten dabei die stetig steigenden Grundstückspreise in der Boomstadt Hamburg. Und das machen sich offensichtlich auch Spekulanten zunutze.
Als eine Art Paradebeispiel dafür gilt das sogenannte Rotlichtdreieck an der Von-Sauer-Straße in Bahrenfeld: Im Jahr 2011 gab es bereits erste Abriss- und Neubaupläne für das zentrale Areal, auf dem sich seinerzeit in bruchfälligen Häusern eine Rotlichtszene etabliert hatte. Später schloss der Bezirk Altona dann mit einem Investor einen maßgeschneiderten städtebaulichen Vertrag ab – aber ohne Fristen.
Computer-Simulationen wurden veröffentlicht, der Abriss der Gebäude begann, und für 64 Millionen Euro sollte dort neu gebaut werden, unter anderem 160 sogenannte Micro-Apartments mit einer Kaltmiete von eher günstigen zehn Euro. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen wurde das Grundstück mehrfach weiterverkauft. Offenbar mit Millionenaufschlag, wie Bezirkspolitiker vermuten. Hilflos mussten sie mit ansehen, wie ihr Vertrag das Geschäft noch zusätzlich beflügelt und das Grundstück geradezu veredelt hatte.
Baustart soll im Herbst 2017 sein
Nun scheint das Grundstücks-Monopoly dort allerdings ein Ende gefunden zu haben. „Das hoffen wir zumindest“, sagt der Grünen-Politiker und Stadtplanungsexperte Christian Trede. Und auch CDU-Bauexperte Sven Hielscher zeigt sich vorsichtig optimistisch. „Wir gehen davon aus, dass sich nun etwas tut – allerdings dachten wir das vor drei Jahren schon einmal.“
Tatsächlich kündigt derzeit in Internet-Angeboten die CG Gruppe AG eine Vermarktung an. „Bahrenfelder Carré“, so bezeichnet das Immobilienunternehmen jetzt das Projekt. Baustart soll im Herbst 2017 sein, Fertigstellung im März 2019. Gut 90 Millionen und nicht mehr 64 soll nun die Investition betragen, heißt es bei der CG Group, die einer der größten Mietwohnungs-Entwickler in Deutschland ist. Geplant sind außer Geschäften 281 frei finanzierte und teils auch geförderte Wohnungen. Wobei der Mietpreis der nicht geförderten Wohnungen wohl kaum noch bei zehn Euro liegen dürfte. „Das wird nichts mehr, aber unter 16 Euro bleiben wir“, sagt Niederlassungsleiter Jens Funck.
Vor einigen Jahren hätte der Bezirk daher in Bahrenfeld wohl günstigere Wohnungen bekommen. Um solche Spekulationen und damit letztlich eine „Mietpreistreiberei“ (Trede) möglichst zu verhindern, hat zumindest der Bezirk Altona kürzlich Konsequenzen gezogen. Künftig sollen in Altona bei Bebauungsplänen wie für das Rotlichtdreieck auch Fristen für eine Art Baugebot gelten. Das soll dann durch spezielle Verträge auch rechtlich abgesichert sein. Mit anderen Worten: Baurecht gibt es bei größeren Vorhaben in Altona nur noch, wenn auch zügig gebaut und nicht spekuliert wird. „Grundstückspekulationen mit der Folgen eines langjähriges Brachliegens der Grundstücke sind in Zeiten des dringend benötigten Wohnungsbaus ein schwer zu ertragendes Ärgernis“, heißt es dazu in einem Antrag von Grünen, SPD und CDU.
Grünen-Politiker Trede: „Wir haben ein Auge darauf“
Sensibilisiert durch die Erfahrung mit dem Bahrenfelder Rotlichtdreieck schauen die Bezirkspolitiker nun auch eher skeptisch auf einen anderen Spielzug im großen Immobilien-Monopoly in Altona. Und dabei geht es, um im Bild zu bleiben, eher um die Schlossallee als um die Badstraße – genauer: um das Holsten-Quartier, wo die Düsseldorfer Gerch-Group ein „urbanes Viertel“ mit rund 2000 Wohnungen auf dem Brauereigelände bauen will. Das erst 2015 gegründete Unternehmen konnte sich dabei im Preispoker um das Filetgrundstück mitten in Altona gegen namhafte Hamburger Immobilien-Unternehmen durchsetzen.
Doch nun schreckte die Politik die Nachricht auf, dass die Schweizer SSN Group AG bei der Gerch-Group eingestiegen ist und die Mehrheit bei der Gerch Development GmbH übernommen hat. Mithin nun auch die Entwicklung auf dem Holsten-Areal bestimmt. Also wieder einmal ein Verkauf, diesmal aber von Firmenanteilen. Es werde sich an der Planung nichts ändern, versprach der Chef der Gerch-Group Mathias Düsterdick dem Hamburger Abendblatt. Doch misstrauisch ist man schon in Altona, weil sich der neue Miteigentümer noch nicht gemeldet hat im dortigen Rathaus. Und auch der derzeitige Architekten-Wettbewerb lässt bei der Politik die Alarmglocken schrillen. Nach Abendblatt-Information sehen alle fünf Entwürfe der beteiligten Büros eine deutlich massivere (und damit lukrativere) Bebauung vor, als mit der Stadt vereinbart wurde.
Doch anders als beim Rotlichtdreieck hat die Stadt für das Holsten-Areal die Planungshoheit noch nicht aus der Hand gegeben. Und noch einmal überrumpeln lassen will man sich auf keinen Fall: „Wir haben ein Auge darauf“, sagt Grünen-Politiker Trede.