Hamburg. Das Bronze-Kunstwerk zu Ehren des Dichters ist wiederholt zum Ziel von Kriminellen geworden. Stiftungschef: “Einfach nur dämlich“.
Vor drei Jahren wurden sie bereits übel verstümmelt, nun wurden sie komplett gestohlen. Die zwei Ameisen "bei Altona, auf der Chaussee", denen der Schriftsteller Joachim Ringelnatz einst ein Gedicht gewidmet hatte, sind verschwunden. Die Hamburger Alfred-Toepfer-Stiftung "sei ziemlich verdrossen", sagte Vorstandschef Ansgar Wimmer dem Abendblatt.
Schon vor dem Hafengeburtstag wurde die bronzene Skulptur von Anwohnern als vermisst gemeldet. Die Stiftung erstattete Anzeige: "Ärgerlich, dass wir schon zum zweiten Mal Bekanntschaft mit dieser Form von Vandalismus machen müssen", sagt Stiftungschef Wimmer. Die Diebe seien "einfach nur dämlich". Gemessen am künstlerischen Wert betrage der Schaden etwa 1500 Euro. Die Polizei ermittelt wegen schweren Diebstahls.
2014 wurden die Ameisen verstümmelt
Die Stiftung hatte die Tier-Plastik 2014 in Erinnerung an die bekannten Ringelnatz-Verse an der Elbchaussee/Ecke Liebermannstraße als Denkmal eingeweiht. Schon kurz danach wurden die Ameisen verstümmelt. Unbekannte hatten Hinterteile und Köpfe gestohlen. Seinerzeit verdächtigte die Polizei Metalldiebe – Bronze gilt als begehrte Beute, auch wenn der Materialwert weniger als 50 Euro betrage. Die Täter wurden nie geschnappt, eine neue, stärker verankerte Skulptur aufgestellt.
"Ich mache mir aber auch dieses Mal wenig Hoffnung, dass die Tat aufgeklärt wird", sagt Ansgar Wimmer. Ein Polizeisprecher sagte, dass sich die Tatzeit zwischen den 16. April, 8.30 Uhr, und 17. April, 8.30 Uhr, eingrenzen lasse. Einer Joggerin sei die fehlende Plastik zuerst aufgefallen. Hinweise bitte unter: 040/428656789.
Entmutigen lassen will sich die Stiftung vom Diebstahl nicht. Mit dem Künstler Peter Schröder aus Ostholstein wolle der Vorstandsvorsitzende nun klären, wie eine neue Plastik einigermaßen diebstahlsicher gemacht werden könne. Im aktuellen Fall seien wohl Zangen oder Trennschleifer zum Einsatz gekommen. Nur mit roher Gewalt hätten die Ameisen entwendet werden können.
Anwohner stricken Schals für die Ringelnatz-Ameisen
Künstler Peter Schröder hatte die Ameisen aus Bronze gefertigt und auf eine Granitplatte gesetzt. Darunter ist das Ringelnatz-Gedicht auf einer Kupferplatte eingraviert. Ansgar Wimmer fehle die Fantasie, wie man auf die Idee kommen könne, die positiv besetzten Ameisen zu stehlen. Die Plastik habe in der Umgebung regelrechte Fans. Anwohner stricken im Winter Schals, eine Kita-Gruppe, die "Ameisen" heißt, stattet der Bronze regelmäßig Besuche ab.
Indes ist Metalldiebstahl keine Seltenheit. Selbst wenn Schrotthändler nur wenige Euro für das Kilo bezahlen. So hatten Diebe auf dem Friedhof Ohlsdorf ebenfalls im Jahr 2014 eine 100 Jahre alte Löwen-Bronze vom Familiengrab der Tierparkdynastie Hagenbeck gestohlen.
Der Dichter lebte selbst an der Elbchaussee
"Natürlich ist uns bewusst, dass Kunst im öffentlichen Raum immer gefährdet für Vandalismus ist", sagt Wimmer. Gerade bei Joachim Ringelnatz (1883 - 1934), der an der Elbchaussee wohnte und das Gedicht 1912 in Hamburg schrieb, ist die Angriffsfläche aber eher gering. Oder was haben die Diebe gegen dieses Gedicht?
"In Hamburg lebten zwei Ameisen, die wollten nach Australien reisen. Bei Altona auf der Chaussee, da taten ihnen die Beine weh, und da verzichteten sie weise, dann auf den letzten Teil der Reise. So will man oft und kann doch nicht, und leistet dann recht gern Verzicht."