Hamburg. Experten sind der Meinung, dass Jontes Tod vor sieben Jahren hätte verhindert werden können. Warum der Prozess erst jetzt beginnt.

Fast sieben Jahre mussten Angela und Iven Twellmeyer auf die Hauptverhandlung gegen den Arzt warten, der mutmaßlich den Tod ihres Sohnes Jonte verschuldet hat. Sieben Jahre kämpfte das Ehepaar Twellmeyer um den Prozess – es litt massiv unter der Verzögerung, doch es gab nie auf. Nun muss sich der 40 Jahre alte HNO-Arzt ab kommenden Montag vor dem Amtsgericht in Altona verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Iven und Angela Twellmeyer mit einem Foto ihres verstorbenen Sohnes
Iven und Angela Twellmeyer mit einem Foto ihres verstorbenen Sohnes © Michael Arning | Michael Arning

Jonte Twellmeyer, 23 Jahre alt, wurde am 2. Januar 2010 in die zentrale Notaufnahme der Asklepios Klinik Altona eingeliefert, nachdem er sich auf einer Silvesterfeier beim Tanzen böse auf die Zunge gebissen hatte. Die Zunge des jungen Mannes war erheblich angeschwollen, er litt unter Luftnotattacken.

Experten: Jontes Tod hätte verhindert werden können

Nach einer Eingangsuntersuchung und Verabreichung von Schmerzmitteln wurde er nach Angaben der Staatsanwaltschaft „ohne Atemwegsicherung“ auf die Intensivstation verlegt. Dort sei es zu einer Verschärfung der Atemsituation des Patienten gekommen. Dr. K., damals noch Assistenzarzt, soll „entgegen der Regeln der ärztlichen Kunst“ auch hier keine Atemwegsicherung vorgenommen und auch den diensthabenden Oberarzt nicht verständigt haben. Gegen 6.50 Uhr erlitt Jonte eine extreme Atemnot mit Blausüchtigkeit und hoher Pulsfrequenz. Er verstarb trotz eingeleiteter Reanimierungsmaßnahmen.

Mehrere Gutachter kamen danach zu dem Schluss, dass Jontes Tod hätte verhindert werden können. Der Leiter des Hamburger Instituts für Rechtsmedizin, Professor Klaus Püschel befand: Der Tod sei aktiv durch einen Fehleingriff hervorgerufen worden; es sei völlig unverständlich, dass der Assistenzarzt nicht den zuständigen Facharzt gerufen, sondern den Luftröhrenschnitt selbst durchgeführt habe.

Gericht habe die Bearbeitung mehrfach zurückstellen müssen

Ein Gutachter aus München, ebenfalls HNO-Arzt, kam zu einem ähnlichen Schluss. „Unstrittig ist, dass durch eine richtige Intubation oder einen Luftröhrenschnitt das Leben des Patienten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte gerettet werden können“, resümierte er. Der Atemtubus sei zwischen Speise- und Luftröhre eingesetzt worden, die Lunge kollabierte.

Dass der Prozess erst jetzt, nach fast sieben Jahren, beginnt, liege an der Komplexität des mit vielen medizinischen Sachfragen einhergehenden Verfahrens, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen dem Abendblatt. Im Fall von Jonte habe das Gericht mehrfach die Bearbeitung zurückstellen müssen, weil es mit besonders eilbedürftigen und grundsätzlich vorrangigen Haftsachen befasst worden sei.