Altona. CDU- und FDP-Fraktion wollen Gesetz über Bürgerentscheide ändern. Altonaer fühlen sich von Bezirkschefin Liane Melzer verschaukelt.

Die Bezirksfraktionen der CDU und der FDP in Altona fordern eine Gesetzesnovellierung für Bürgerentscheide. Anlass ist das Bürgerbegehren der Bürgerinitiative Pro Wohnen Ottensen, das aller Voraussicht nach ins Leere laufen wird, obwohl genügend Stimmen zusammengetragen wurden. Außerdem fordern mehrere Fraktionen Akteneinsicht.

Die Initiative setzt sich dafür ein, dass auf dem Gelände des Zeise-Parkplatzes in Altona wie ursprünglich geplant sozialer Wohnraum entsteht und kein Bürohaus für Werber, wie es inzwischen vom Bezirksamt genehmigt wurde.

Warum ein Bürgerbegehren genehmigt wird, wenn zu den Zeitpunkt eine Entscheidung längst getroffen ist und warum sowohl die Bezirksversammlung als auch die Fraktionen nicht über die Baugenehmigung für das Bürohaus informiert worden sind, wurde am Mittwochabend in einer Aktuellen Stunde des Planungsausschusses diskutiert. Auch zahlreiche Bürger und Vertreter der Initiative sind dazu ins Altonaer Rathaus gekommen.

"Es macht keinen Sinn, einen Bürgerentscheid zuzulassen, wenn die Entscheidung schon getroffen ist", so Uwe Szczesny von der CDU. "Das ist eine Gesetzeslücke, die geschlossen werden muss, deswegen werden wir uns für eine Gesetzesnovellierung einsetzen." Die FDP schloss sich dieser Forderung an. Szczesny bezeichnete das Vorgehen von Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) als "instinktlos", obwohl seine Fraktion grundsätzlich hinter den Bebauungsplänen steht.

Erneut wurde in der Debatte deutlich, dass es um zwei Ebenen geht: Eine formale und eine emotionale. Die formale Frage, ob das Bezirksamt gegen geltendes Recht verstoßen hat, scheint zumindest zum jetzigen Zeitpunkt unstrittig. "Es handle sich um einen befreiungsfreien Antrag, bei dem das Bezirksamt keinen Ermessensspielraum hatte. Das musste das Bezirksamt genehmigen", so Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD).

Doch die Stimmung im Sitzungssaal kochte bisweilen vor allen Dingen wegen der emotionalen Ebene hoch. Unabhängig von rechtlichen Vorgaben hätte Melzer sowohl die Bürgerinitiative als auch die entsprechenden Ausschüsse informieren müssen, weil das große öffentliche Interesse zu diesem Zeitpunkt längst spürbar gewesen sei, so die Meinung der meisten Anwesenden. "Das Grundstück zu einem Zeitpunkt zu verkaufen, an dem der Protest schon da war, ist ein unsäglicher Stil", sagte etwa Robert Jarowoy von den Linken unter Applaus einiger Zuhörer.

Auch die Grünen sprachen vom "schlechtesten Stil, den es bislang gegeben hat". Auf derlei Vorwürfe ging Liane Melzer nicht konkret ein, verwies jedoch darauf, dass sie in mehreren vorangegangenen Situationen ausreichend deutlich gemacht habe, dass die Baugenehmigung erteilt werde.

Die Bürgerinitiative besteht unterdessen weiter auf dem Bürgerentscheid und droht anderenfalls mit einer Klage. Weitere Gespräche zwischen Initiative und Planungsausschuss über das weitere Vorgehen sind in Kürze geplant.