Hamburg. Die Modernisierung des Untergeschosses sollte im Mai fertig sein und verzögert sich allerdings mindestens bis Ende 2015.
Putzig wirkt er, der Maulwurf auf den Bahn-Plakaten am Bahnhof Altona. Im bunten Kostüm eines Zirkusdirektors lässt der kleine Wühler alle möglichen Baugeräte nach seiner Pfeife – und Peitsche – tanzen.
Die Praxis sieht weniger lustig aus: Der Umbau im Zwischengeschoss des Verkehrsknotenpunktes, der seit Februar 2014 läuft, verzögert sich um rund sieben Monate. Ursprünglich war die Fertigstellung für Mai vorgesehen. Jetzt ist von „Ende des Jahres“ die Rede. Aber nur, wenn alles gut läuft. Die Kosten betragen 9,3 Millionen Euro.
Die Pannen bei der Planung führen im Bezirk Altona zu einer Großen Koalition: SPD und CDU kritisieren die Deutsche Bahn ungewohnt heftig. Am vergangenen Donnerstag musste eine Vertreterin der Bahn AG Mitgliedern der Bezirksversammlung Rede und Antwort stehen – mit unbefriedigendem Ergebnis, wie es heißt.
„Diese unendliche Geschichte ist ein Skandal“, schimpft Mithat Capar im Namen der SPD-Fraktion der Bezirksversammlung Altona. „Die Verzögerung ist für die vielen Menschen vor Ort nicht mehr tragbar.“ Der haushaltspolitische Sprecher seiner Partei und Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Ottensen spricht von täglich 90.000 Reisenden und fast 50.000 weiteren Passanten, die unter den Behinderungen zu leiden haben. Sie müssen Umwege, stillgelegte Rolltreppen und das unangenehme Umfeld einer Dauerbaustelle in Kauf nehmen.
„Der Bahnhof ist ein Dauerschreck für die Bürger“, sagt Sven Hielscher, stellvertretender Chef der Altonaer CDU-Fraktion. „Das örtliche Management der Bahn, mal ein paar Kacheln an die Wand eines der wichtigsten deutschen Bahnhöfe befestigen zu lassen, ist unterirdisch.“ Beim Bahnhof Altona handele es sich nicht um einen „Haltepunkt Klein-Kleckersdorf“. Aus seiner Sicht sei die Deutsche Bahn AG „restlos überfordert“.
In einem vom SPD-Abgeordneten Capar initiierten Antrag hatte die Bezirksversammlung am 26. Februar dieses Jahres mit großer Mehrheit ein entschiedenes Vorgehen gegen die Bahn verabschiedet. Der Beschluss: Der Bahnhof Altona müsse ab sofort zügig saniert werden. Die Reaktion der Station & Service AG, Abteilung Bau- und Anlagenmanagement, der Bahn vom 19. März 2015 an die Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) stieß bei den meisten Politikern auf Unverständnis – wie auch der Auftritt vor dem Ausschuss am Donnerstag.
„Sehr viel heiße Luft“, befand Mithat Capar, selbst ein Diplom-Betriebswirt, „konkret gab es nichts Neues.“ Er fühle sich von der Bahn „hinters Licht geführt“. In den vergangenen Wochen hätten sich die Bürgerbeschwerden gehäuft – weil überhaupt kein Fortschritt erkennbar sei. Auch Capar habe bei Besuchen vor Ort „nicht einen Bauarbeiter“ entdeckt. Sollte doch einer da gewesen sein, habe er sich „sehr gut versteckt“.
Auch bei einem Lokaltermin des Abendblatts am vergangenen Freitagmittag war von aktiven Modernisierungsmaßnahmen nichts zu sehen. Hinter den von Sperrholzplatten abgedichteten Gängen im Labyrinth des Zwischengeschosses herrschte Stille. Nach dem Zufallsprinzip befragte Passanten äußerten sich übereinstimmend empört. Tenor: Hier sind Amateure am Werke. „Vor allem sehbehinderte Bürger und Menschen im Rollstuhl haben unter der Planungsposse zu leiden“, kritisiert Capar. Die Bahn wehrt sich gegen den Protest von Politikern und Kunden. „Auch die Deutsche Bahn als Bauherr hat selbstverständlich Interesse an einem zügigen Baufortschritt und schnellstmöglicher Fertigstellung“, heißt es in dem Brief an die Bezirksamtsleiterin.
Allerdings handele es sich um eine „umfangreiche und äußerst komplexe Baumaßnahme an einem der wichtigsten Knotenpunkte der Hamburger Verkehrsinfrastruktur, welche bei laufendem Betrieb durchgeführt wird“. Die bisher entstandenen Verzögerungen resultierten hauptsächlich aus Planungsänderungen, „die durch die im Zuge der Ausführung gewonnenen nicht vorhersehbaren Erkenntnisse notwendig waren“. Folge seien „umfangreiche Terminverschiebungen“. Am Ende, so verheißt das Plakat mit dem Maulwurf als peitschenschwingenden Zirkusdirektor, werde alles gut: „Durch die geänderte Aufteilung der Gewerbeflächen und durch die Verwendung von hellen und hochwertigen Materialien wird das Untergeschoss zum einladenden Innenraum, der sich zur Wiedereröffnung mit vielen neuen Läden präsentieren wird.“
Insgesamt sollen 13 neue Shops Platz finden – von Gastronomie, Lebensmitteln und Servicedienstleistungen bis hin zu Mode und Gesundheit. Die Bahn berichtet von Bewerbungen vieler neuer und alter Mieter.
Angeblich steht der weitere, korrigierte Fahrplan für die Umbaumaßnahmen nunmehr fest. Die Sanierung für 9,3 Millionen Euro umfasse Brandschutzanlagen und Haustechnik ebenso wie kundenfreundliche Handelsflächen. „Die Fertigstellung ist bis Ende dieses Jahres vorgesehen“, verspricht die Deutsche Bahn. Einschränkung: „Eventuelle Änderungswünsche der zukünftigen Mieter können jedoch weitere Terminverschiebungen zur Folge haben.“
SPD und CDU haben angekündigt, wachsam zu bleiben und die Entwicklung zu überprüfen.