Der Raum für Anwohnerparken ist deutlich kleiner als gefordert, wodurch sich der Parkdruck verlagert. Befürchtetes Verkehrschaos wegen Ikea blieb bislang allerdings aus. Fast alle Kunden kommen per Bus und Bahn nach Altona.
Hamburg. Mehr Autolärm und Luftverschmutzung befürchteten die Kritiker, vielleicht sogar ein Verkehrschaos: Der Aufschrei war laut, als Ikea sein erstes Innenstadt-Möbelhaus mitten in Altona plante und schließlich auch baute. Doch zumindest in der ersten Woche der Ikea-Eröffnung blieb der befürchtete Massenansturm von Autos offensichtlich aus.
Nur eines der vier Parkdecks an der Großen Bergstraße musste bisher geöffnet werden, und auf den Zufahrtstraßen war allem Anschein nach nicht mehr Verkehr als zuvor. „Ich bin überrascht und froh zugleich“, sagt der Altonaer Verkehrspolitiker Henrik Strate (SPD). In etlichen Ausschüssen und gemeinsamen Runden hatte die Bezirkspolitik sich mit dem Thema beschäftigt, neue Lieferkonzepte gefordert, Studien in Auftrag gegeben – immer misstrauisch begleitet von Ikea-Gegnern.
Zwar kann heute keiner sagen, wie sich die Situation in ein, zwei Jahren darstellen wird. Kritiker sprechen auch von einem „Experiment“, das in Altona mit diesem ersten Innenstadt-Möbelhaus von Ikea gemacht werde. Aber die ersten Zahlen, die Ikea für die erste Woche in Altona öffentlich macht, geben einen eindeutigen Trend vor. Nur sieben Prozent seien mit dem Auto direkt in das Ikea-Parkhaus gefahren. Das Unternehmen registrierte rund 6000 Fahrzeuge. Die weit überwiegende Zahl der Kunden habe das Haus durch den Haupteingang an der Großen Bergstraße betreten und ist nach Einschätzung von Ikea zu Fuß, mit dem Rad oder per Bus und Bahn gekommen. „Das ist weit mehr, als wir gedacht hatten“, sagt Christian Mollerus, Chef des Einrichtungshauses. Angepeilt hatte Ikea, dass mindestens 50 Prozent der Kunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen. Zumal allein rund 150.000 Menschen im näheren Umfeld des Möbelhauses wohnen.
Während die Zahl der Kunden-Autos bei Ikea in Altona ungewöhnlich niedrig war, ist die Zahl der Besucher ungewöhnlich hoch: Durchschnittlich kamen laut Ikea zwischen 15.000 und 20.000 Kunden am Tag. „Das ist schon extrem viel“, sagt Ikea-Deutschland-Sprecherin Simone Settergren. An Freitagen und Sonnabenden würden die üblichen, meist am Stadtrand gelegenen Häuser sonst 10.000 bis 15.000 Besucher zählen. Allerdings seien in Altona in der ersten Woche noch vorwiegend kleinere Artikel gekauft worden, weniger größere Möbel, die dort wie in anderen Ikea-Filialien auch mit zum Sortiment gehören.
Genaue Zahlen veröffentlicht der Konzern dazu nicht. Es gibt aber die interne Messzahl von 80 Euro pro Tag, die jeder Ikea-Kunde im Durchschnitt bei einem Besuch ausgibt. Diese Zahl werde bei Ikea-Altona noch deutlich unterschritten, heißt es im Haus selbst.
Örtlicher Parkdruck verlagert sich
Um ein mögliches Zuparken des Stadtteils durch Ikea-Kunden zu verhindern, hatte die Bezirksversammlung auch eine große Anwohnerparkzone gefordert. Unter der Beteiligung von sieben Ämtern wurde eine solche Zone jetzt zur Ikea-Eröffnung auch eingeführt, aber deutlich kleiner als gefordert. Die Folge: Der örtliche Parkdruck verlagert sich, Anwohner sind sauer und fühlen sich abgezettelt. Deutlich wurde der Unmut bei einer Bürgeranhörung zu dem Thema am Montagabend. „Was muss ich tun, damit diese Parkzone wieder rückgängig gemacht wird?“, fragte eine der rund 150 Anwesenden. 1890 Strafzettel haben die Mitarbeiter des Landesbetriebs Verkehr in den ersten fünf Tagen verteilt.
In der Tat scheint bei der Einführung von Altonas erster Bewohnerparkzone, die zugleich auch als Modellprojekt für weitere Zonen fungieren soll, einiges schiefgegangen zu sein. Zunächst ist sie wesentlich kleiner als vorgesehen – angeblich, weil der Kauf von weiteren Parkscheinautomaten europaweit ausgeschrieben werden müsse. Außerdem wurde sie überstürzt eingeführt. Erst 14 Tage vor dem Start wurden die Anwohner darüber informiert, dass sie einen Parkausweis beantragen können. Der kostet 30 Euro im Jahr und erlaubt dem Inhaber, in der Zone A 101 kostenlos zu parken. Alle anderen müssen 50 Cent pro Stunde zahlen und dürfen maximal zwei Stunden bleiben.
Das bedeutet: Dauerparker, also zum Beispiel Menschen, die in den Büros an der Großen Bergstraße oder bei Ikea arbeiten, suchen sich einen kostenfreien Parkplatz in den Wohnstraßen außerhalb der Zone A 101 – und nehmen da den Anwohnern die Plätze weg. „Für uns ist das ein Albtraum geworden“, sagte eine Frau aus der Billrothstraße.
Absurderweise haben auch die Bewohner der Häuser an der Großen Bergstraße keine Parkausweise bekommen weil sie – so die Begründung – an einer Fußgängerzone wohnen würden. Diesen offenkundigen Unsinn hat inzwischen auch die verantwortliche Wirtschaftsbehörde eingesehen: Die direkten Nachbarn von Ikea bekommen nun auch Parkausweise