Parteispitze fordert „inhaltliche und personelle Konsequenzen“. Anja Hajduk: „Das ist ein sehr enttäuschendes Ergebnis für uns, weit entfernt von dem, was wir uns vorgenommen haben, und auch eine Niederlage.“
Hamburg. Ob diese Symbolik geplant war? Im „Good old days“ an der Max-Brauer-Allee hatten sich die Grünen am Wahlabend versammelt, und viele der rund 200 Anhänger dürften an diesem Sonntag in Altona an „gute alte Tage“ zurückgedacht haben – nur dass diese gerade einmal zwei Jahre zurückliegen. Damals, Mitte 2011, lag die Partei infolge der Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima in Umfragen deutlich über 20 Prozent, eroberte mit Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg erstmals einen Ministerpräsidentenposten und sah sich schon auf dem Weg zur Volkspartei. Doch danach ging es langsam, aber stetig bergab – es blieben nur gut acht Prozent übrig.
Die meisten Grünen hatten wohl mit einem solchen Ergebnis gerechnet, und so hielten sich die „Oohs“ der Enttäuschung um kurz nach 18 Uhr in Grenzen. Riesenjubel gab es, als die FDP unter der Fünfprozenthürde lag und der CDU nur 33,5 Prozent bescheinigt wurden – doch der Jubel fiel schnell in sich zusammen, als klar war, dass die ARD nur CDU und CSU getrennt auswies und beide zusammen auf gut 42 Prozent kamen.
Schon um 18.06 Uhr machte Spitzenkandidatin Anja Hajduk, die die Nachfolge von Krista Sager antritt, aus ihrem Frust keinen Hehl: „Das ist ein sehr enttäuschendes Ergebnis für uns, weit entfernt von dem, was wir uns vorgenommen haben, und auch eine Niederlage.“ Auch die Hamburger Parteichefin Katharina Fegebank und Fraktionschef Jens Kerstan sprachen von „schweren“ und „herben“ Niederlagen. Nach 20.30 Uhr hellten sich die Mienen langsam auf, als Anjes Tjarks verkündete, dass die von den Grünen vehement unterstützten Befürworter des Netze-Rückkaufs nach Auszählung von 60 Prozent der Stimmen hauchdünn vorn lagen. „Jetzt hat der Bürgermeister so oder so ein Problem“, so die einhellige Stimmung. „50 Prozent Zustimmung kann er nicht ignorieren.“ Auch in der zweiten für die Hamburger Grünen eminent wichtigen Frage, ob nämlich außer Hajduk auch Manuel Sarrazin sein Bundestagsmandat verteidigen kann, gab es ab 21.30 Uhr tendenziell Erleichterung: Da die Grünen an der Elbe zu dem Zeitpunkt mit gut zwölf Prozent das bundesweit beste Ergebnis aufwiesen, spuckte der „Grüne Mandatsrechner“ auf einem Laptop die Prognose aus: zwei Mandate.
Umgehend auf den Tisch kam die Forderung nach einer Analyse, „was schiefgelaufen ist“, so die frühere Umweltsenatorin Hajduk. Dabei fielen immer die gleichen drei Stichworte: das schlechte Krisenmanagement in der Debatte über pädophile Strömungen in den 70er- und 80er-Jahren, die unzureichende Betonung ihres ureigensten Themas Energiewende und die einseitige Festlegung auf ein Bündnis mit der SPD. „Wir müssen uns fragen, ob es richtig war, einen Lagerwahlkampf zu führen“, sagte Hajduk. Später sprach sie schon davon, dass nun „inhaltliche und personelle Konsequenzen“ folgen müssten. Den Namen des Spitzenkandidaten Jürgen Trittin sprach zwar niemand offiziell an, aber er dürfte wissen, was auf ihn zukommt. Parteichefin Katharina Fegebank: „Das werden harte Wochen für die Grünen.“