Rüdiger Dau, freiwilliger Feuerwehrmann aus Nienstedten, klagt gegen seinen Zwangsruhestand. Sein Anwalt Till Steffen sieht Altersdiskriminierung.

Hamburg. Gehört man mit 60 Jahren heutzutage schon zum alten Eisen? In Hamburg läuft aktuell ein Rechtsstreit, der Konsequenzen für alle möglichen Ehrenämter und vielleicht sogar andere Berufszweige haben könnte. Vor dem Oberverwaltungsgericht der Hansestadt streitet ein Mitglied der freiwilligen Feuerwehr gegen seinen Zwangsruhestand. Anwaltlich vertreten wird er vom früheren Justizsenator Till Steffen (GAL). Auch das dokumentiert die politische Dimension des Falls.

"Ich bin kerngesund, fühle mich fit und verstehe nicht, warum ein Mann mit meiner Erfahrung aus dem aktiven Dienst ausscheiden muss", sagt Rüdiger Dau, stellvertretender Wehrführer in Nienstedten. Mit seinem 60. Geburtstag am 24. Januar dieses Jahres musste der kaufmännische Angestellte seine Uniform abgeben und sich von seinen Kameraden verabschieden.

Und so geschah es dann auch - unter verständnislosem Kopfschütteln aller Beteiligten. "Unsere Stadt kann es sich nicht leisten, rüstiges Ehrenamt zum rostigen Alteisen zu werfen", meint Wolfgang Cords, Vorsitzender des Fördervereins der Nienstedtener Feuerwehr. "Solange die Diensttauglichkeit besteht, darf das Alter von 60 Jahren keine unüberwindbare Hürde für den Einsatz in der Feuerwehr sein." Heutzutage sei das kein Alter mehr.

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Anwalt Till Steffen argumentiert ähnlich: "Unsere Gesellschaft ist gealtert - das Recht aber spiegelt diese Entwicklung nicht wider." Während das Grundgesetz vor Nachteilen durch das Alter noch nicht ausdrücklich schütze, sei das Recht der EU aktueller. So verbietet Artikel 21 der EU-Charta ausdrücklich eine Diskriminierung wegen Alters. Steffen erwartet, dass alsbald "ein Funke auf die deutsche Rechtsprechung überspringt".

Dau, seit seinem 18. Lebensjahr in Reihen der freiwilligen Feuerwehr aktiv, versteht die gültige Gesetzesregelung nicht. Bis vor einem Monat versah er nicht nur den aktiven Dienst, sondern war auch in Schulen und Kindergärten Brandschutzerzieher. Hauptberuflich ist der Familienvater seit 25 Jahren Mitarbeiter eines namhaften Logistik-Unternehmens.

Angesichts des bevorstehenden 60. Geburtstags stellte Dau am 6. Oktober 2011 einen Antrag auf Verlängerung der Dienstzeit. Nachdem dieser abgelehnt wurde, bat er Till Steffen aus der Kanzlei elblaw Rechtsanwälte um Rechtsbeistand. Da ein jahrelanger Rechtsstreit seinem Mandanten nicht geholfen hätte, stellte Steffen einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht. Nach der Ablehnung wurde jetzt Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Als nächste Instanz bliebe das Bundesverfassungsgericht.

"Die Sache ist spannend, denn letztlich geht es um viel mehr", sagt Steffen. Die grundsätzliche sei, wie man älteren Menschen die Türen zu ehrenamtlichen Einsätzen weiter öffnen könne. "Warum verzichtet die freiwillige Feuerwehr auf ein so großes Potenzial an Erfahrung?", fragt Steffen. "Herr Dau nimmt gewiss keinem jüngeren Kollegen die Spritze weg."

Während die Altersgrenze für die Berufsfeuerwehr in fast allen Bundesländern bei 60 Jahren liegt, sehen die Regelungen bei der freiwilligen Feuerwehr unterschiedlich aus. Besonders in Flächenländern dürfen die ehrenamtlichen Helfer erheblich länger aktiv sein: in Niedersachsen bis 62, in Schleswig-Holstein gar bis 67 Jahren.

Ehrenamtliche aus anderen Sparten, aber auch andere Berufstätige warten mit Spannung auf den Ausgang des Falles Dau. Der Landesverband der freiwilligen Feuerwehr hat unabhängig davon die Initiative ergriffen, den Ruhestand flexibler zu regeln. "Wir wollen eine Änderung des Feuerwehrgesetzes auf den Weg bringen", sagte Landesbereichsführer André Wronski dem Abendblatt. Der Vorschlag sieht vor, dass die Dienstzeit auf Antrag verlängert werden kann - allerdings nur mit einem ärztlichen Attest.So lange will Dau nicht warten: "Ich fühle mich jung, warum soll ich ausscheiden müssen?"