Ottensen. In dem Restaurant ist der Vierländer Bio-Vogel ein Markenzeichen. Aber Sternekoch Heinz Otto Wehmann hat noch mehr auf der Pfanne.

Wie lautet das Erfolgsrezept von Heinz Otto Wehmann im Landhaus Scherrer? kreative Handwerkskunst, vollständiges Fachwissen, Tradition und moderne Umsetzung, dazu Fisch, Fleisch und Gemüse, wenn sie Saison haben, bio-zertifiziert sind und aus der Umgebung kommen. „Das ist mein Motto, damit bin ich immer gut gefahren“, sagt der 62-Jährige. Der „Guide Michelin“ belohnt diese Philosophie seit vielen Jahren mit einem Stern.

Den Spaß am Essen und ordentlichen Zutaten lernte der Gastwirtssohn aus Versmold in Ostwestfalen schon früh kennen. „Meine Mutter hat sehr gut gekocht, alles wurde verwertet, nichts weggeworfen.“ Nach der Schule machte Wehmann in seiner Heimat eine Ausbildung zum Koch und ging dann nach Hamburg ins Hotel Atlantic. „Da arbeiteten um die 60 Leute in der Küche, alles auf hohem Niveau. Ich habe mir viel abgeguckt.“ Die Meisterprüfung und der Posten als stellvertretender Küchenchef waren die nächsten Karriereschritte.

So kommen Sie hin

1980 zog es Wehmann an die Elbchaussee. Nach dem Tod von Armin Scherrer 1982 wurde der Westfale Mitinhaber des Landhauses, mittlerweile gehört der Betrieb mit dem Gourmet-Restaurant, dem Bistro, dem Gartenkiosk Ö1 im ehemaligen Toilettenhäuschen sowie dem Catering-Service ihm allein. Das Restaurant befindet sich in einem 1827 erstmals erwähnten Gebäude, das ab 1840 als Schenke für Fuhrleute diente. Im 20. Jahrhundert gehörte es der Elbschloss-Brauerei. Armin und Emmi Scherrer kauften es 1975, bauten es um und eröffneten 1976 das Landhaus Scherrer als Restaurant.

Klassisch
und kross: Vierländer
Ente mit
Spitzkohl, Süßkartoffeln,
Selleriepüree
und glasierten
Kirschen
Klassisch und kross: Vierländer Ente mit Spitzkohl, Süßkartoffeln, Selleriepüree und glasierten Kirschen © HA | Marcelo Hernandez

Mit Fenstern zur Elbchaussee macht das Lokal einen feinen und gediegenen Eindruck. Rot gepolsterte Stühle stehen an runden und eckigen Tischen mit weißen Tischdecken, Gläsern und Servietten. Mindestens 30 Gäste haben Platz. Bei größeren Anlässen kann anders oder zusätzlich im Kleinen Saal oder Hamburger Raum eingedeckt werden. Die Platzteller sind handbemalt, an der Stirnwand hängt ein Bild des Schweizer Malers Otto Bachmann (1915–1996). Er hat ein frivoles Gelage auf die Leinwand gebannt. Außerdem fallen der üppig bestückte Digestif-Tisch in der Mitte des Raumes sowie der alte grüne Kachelofen auf. Der gemütliche Tisch dahinter ist der beliebteste im Betrieb.

Der norddeutschen Hochküche hat sich der Chef von 32 Mitarbeitern verschrieben: Angelschellfisch mit Senfbutter, Heidschnuckenbraten, Steinbutt an der Gräte gebraten, Variationen vom Kohl oder Bouletten vom Rind haben geschmacklich das gewisse Etwas und sind gleichzeitig bodenständige Gerichte. Und die Saison wird jeweils beachtet: Erdbeeren gibt es nicht im Februar und Grünkohl nicht im Sommer.

Vogel wird am Tisch tranchiert

Eine Spezialität des Hauses und damit auf der Speisekarte unverzichtbar ist die kross gebackene Vierländer Ente. Der knusprig-saftige Bio-Vogel wird am Tisch tranchiert. Dazu serviert Wehmann Spitzkohl, Selleriepüree, Serviettenknödel und glasierte Kirschen aus dem Alten Land. Vom 11. November, dem Martinstag, bis Ende Dezember werden in der Küche rund 800 Enten und Gänse zubereitet, sie können auch für ein festliches Mahl am heimischen Tisch bestellt und geliefert werden. Leicht, frisch und fruchtig kommt das Dessert daher: Beeren und Früchte mit Quarkknödel aus der Wilstermarsch, geflämmtem Eischnee und Tonkabohnen-Süßholz-Eis. Ein Nachtisch, für den im Magen immer noch ein bisschen Platz sein sollte.

Leicht, frisch, fruchtig:
Beeren mit Knödel aus
Quark, geflämmter
Eischnee und Tonkabohnen-Süßholz-Eis
Leicht, frisch, fruchtig: Beeren mit Knödel aus Quark, geflämmter Eischnee und Tonkabohnen-Süßholz-Eis © HA | Marcelo Hernandez

Bis zu fünfmal im Jahr wechselt die Karte. Es gibt Tagesempfehlungen sowie zwei opulente Menüs, die zeigen, was die Küche kann. Wehmanns rechte Hand am Herd ist Tobias Schneider. „Mit gefallen die Dynamik und die Vielfalt im Betrieb“, sagt der Sous-Chef, der seit sechs Jahren im Haus ist. Der 31-Jährige stammt aus dem brandenburgischen Beeskow und hat im Allgäu gelernt. Außerdem unverzichtbar in der Firma ist Brigitta Wehmann. Die 62-Jährige macht die Buchhaltung und hält im Hintergrund die Fäden in der Hand.

600 Weine ab 26 Euro pro Flasche

Die Gäste kommen natürlich aus den Elbvororten, wo das Landhaus Scherrer für Familienfeiern oft gesetzt ist, aber auch aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland. „Wer als Kind schon mit den Eltern hier war, besucht uns als Erwachsener mit eigener Familie“, weiß Wehmann. Sein Zutaten kommen aus der Region und von Hamburger Händlern. Gerade hat das Landhaus die Patenschaft für einige Birnenbäume auf Finkenwerder übernommen, da darf man auf die Verwertung der Früchte gespannt sein.

Die mehr als 600 Positionen umfassende Karte mit Weinen aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien rundet den Genuss für den Gaumen ab. Offen gibt es 0,2 Liter ab acht Euro. Die günstigste Flasche kostet 26 Euro, aber es kann auch ein französischer Tropfen für einen höheren vierstelligen Betrag bestellt werden.

„Ich habe es geschafft, mir den Spaß an der Arbeit zu erhalten“, sagt Heinz Otto Wehmann, der selbst gern Pannfisch oder Graupensuppe isst. „Dazu kommen natürlich Begeisterungsfähigkeit, Ehrgeiz sowie ein gutes Team.“ Drei Kochbücher hat er verfasst und mehr als 500 Rezepte für das NDR Fernsehen entwickelt, die er regelmäßig in der Sendung „Mein Nachmittag“ vorstellt. „An Rente denke ich noch lange nicht.“

Landhaus Scherrer, Elbchaussee 13

www.landhausscherrer.de

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