Hamburg. Zukunftsforscherin Hanni Rützler beobachtet eine Veränderung unserer Esskultur. So könnte ein vegetarisches Weihnachtsmenü aussehen.

Weihnachten beschrieb der Es­sayist James Henry Leigh Hunt bereits im 19. Jahrhundert als „die große Zeit des Zuviel“. Daran hat sich bis heute im Allgemeinen wenig geändert – wohl aber an der Art und Weise, wie wir entscheiden und bewerten, was zum Fest auf den Tisch kommt.

Angeheizt durch die Corona-Pandemie und die damit erfahrene Verletzlichkeit des eigenen Wohlbefindens vollzieht unsere gelebte Esskultur der Ernährungswissenschaftlerin und Autorin Hanni Rützler zufolge einen Paradigmenwechsel: Ethische, soziale und nachhaltige, sowie gesundheitliche Aspekte gewinnen zunehmend und langfristig an Bedeutung.

Esskultur: Auch an Weihnachen zählt Nachhaltigkeit

„Gesunde Ernährung ist mit der Krise ein neues Top-Thema geworden – und wird umfassender verstanden: Gesund ist nicht nur das, was für den Menschen gut ist, sondern auch für die Umwelt. Nachhaltigkeit wird zum Synonym für Qualität“, heißt es im „Food Report 2022“.

Welche Folgen hat dieser Wandel für unsere Essgewohnheiten, die Gastronomie der Zukunft und nicht zuletzt für geliebte Traditionen wie den Gänsebraten zu Heiligabend? Auffällig ist in diesem Zusammenhang der neue Aufschwung der Pflanzenkost: Laut aktuellem Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat sich die Zahl der Vegetarier (10 %) und Veganer (2 %) in Deutschland in den letzten drei Jahren fast verdoppelt.

Immer mehr produzieren Veggie-Ware

Gemäß einer Veggie-Studie der PHW-Gruppe verzichtet sogar über die Hälfte der Befragten als „Flexitarier“ regelmäßig bewusst auf Fleisch. Die Wirtschaft reagiert darauf mit einer Armada an Ersatzprodukten, die sich ihren Weg erfolgreich in Fast-Food-Ketten wie in die gehobene Küche bahnen.

Laut Burger-King-CEO Cornelius Everke ist bereits jeder fünfte verkaufte „Whopper“ pflanzlich, Spitzenkoch Tim Raue kreiert in seinem 2-Sterne-Lokal in Kreuzberg vegane Gerichte mit dem pflanzenbasierten „Fleisch“ des Start-ups Planted, der Gastronomieführer Guide Michelin kürt das Ona als erstes veganes Restaurant mit einem Stern.

Dieser Siegeszug der fleischlosen Küche werde nach der Pandemie fortbestehen, ist sich Rützler sicher. Wieso also nicht auch traditionelle Festtagsküche entsprechend neu denken? In luftigem Blätterteig verstecken sich bei unserem vegetarischen Menü geröstete Pilze, mediterran abgeschmeckte Linsen, zarter Spinat und Senfcreme. Sie sehen: Sehr viel Genuss ist Weihnachten auch mit weniger Fleisch möglich.

Vorspeise: Rote-Bete-Tatar

Zutaten für 4–6 Portionen

  • 500 g Rote Beten, Salz, Pfeffer, Zucker, 2 Äpfel (z. B. Granny Smith; ca. 300 g), Saft von 1 Limette, 6 Zweige Thymian, 350 g Joghurtfrischkäse, 4 Scheiben Pumpernickel (ca. 120 g)
Die vegetarische Vorspeise: Das Rote-Bete-Tartar.
Die vegetarische Vorspeise: Das Rote-Bete-Tartar. © Eat Club/ Isabell Triemer / Petra Lange / Myriam Banderob

  1. Rote Beten schälen (dabei am besten Einmalhandschuhe tragen, sie färben stark), vorsichtig waschen und in sehr kleine Würfel schneiden. Mit ½ TL Salz, etwas Pfeffer und ½ TL Zucker würzen.
  2. Äpfel waschen, vierteln, entkernen und fein würfeln. Mit Limettensaft mischen. Thymian waschen, trocken schütteln, Blättchen abzupfen. Ca. 2/3 davon mit Roten Beten und Äpfeln mischen und in Gläser verteilen.
  3. Frischkäse glatt rühren, mit Salz und Pfeffer würzen. Auf dem Tatar anrichten und mit restlichem Thymian bestreuen. Bis zum Servieren eventuell kalt stellen.
  4. Aus dem Pumpernickel 8–12 Sterne (ca. 5 cm Durchmesser) ausstechen. In den Frischkäse stecken und servieren.

Zubereitungszeit ca. 25 Minuten

Pro Portion (bei 6) ca. 7 g E, 15 g F, 24 g KH, 270 kcal

Hauptgericht: Veggiebraten „Wellington“ mit Knusperkürbis

Zutaten für 4–6 Portionen

  • Für den Braten: 100 g rote Linsen, 125 g Möhren, 1 kleine Stange Porree, 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 3 EL Öl, 250 ml Gemüsebrühe, 50 g zarte Haferflocken, 1 EL Tomatenmark, 2 TL getrocknete italienische Kräuter, Salz, Pfeffer, 300 g Champignons, 1 Packung TK-Blätterteig (6 Scheiben; 450 g), 100 g Babyspinat, 150 g Doppelrahmfrischkäse, 1 EL mittelscharfer Senf, 2 EL Semmelbrösel,1 Ei (Größe M) , Mehl für die Arbeitsfläche, Backpapier
  • Für den Kürbis: 800 g Hokkaidokürbis, 50 g vegetarischer Hartkäse, 5 Stiele Petersilie, 2 Zweige Rosmarin, 2 EL Semmelbrösel, abgeriebene Schale von 1 Bio-Zitrone, Salz, Pfeffer, 4 EL Öl, Backpapier
  • Für den Dip: 150 g Naturjoghurt, 150 g Buttermilch, 100 g Granatapfelkerne (Kühlregal; Obstabteilung), Salz, Pfeffer
Der Hauptgang: Ein komplett vegetarischer Braten.
Der Hauptgang: Ein komplett vegetarischer Braten. © Eat Club/ Isabell Triemer / Petra Lange / Myriam Banderob

  1. Linsen waschen, abtropfen lassen. Möhren schälen, waschen und fein würfeln. Porree putzen, waschen, klein würfeln. Zwiebel und Knoblauch schälen und fein hacken. 1 EL Öl erhitzen. Zwiebel, Knoblauch und Gemüse darin andünsten. Brühe zugießen, aufkochen, Linsen einstreuen und zugedeckt bei schwacher Hitze ca. 8 Minuten garen. Vom Herd ziehen. Haferflocken, Tomatenmark und 1 TL italienische Kräuter unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, abkühlen lassen.
  2. Pilze säubern, eventuell waschen und sehr klein würfeln. 2 EL Öl in einer Pfanne erhitzen, Pilze darin ca. 4 Minuten braten. Abschmecken, abkühlen lassen.
  3. Blätterteigscheiben auf bemehlter Arbeitsfläche nebeneinanderliegend ca. 10 Minuten antauen lassen. Spinat waschen und gut abtropfen lassen. Frischkäse mit Senf, Salz und Pfeffer würzen. 5 Blätterteigscheiben aufeinanderlegen und rechteckig (ca. 27 × 37 cm) ausrollen.
  4. Längs in der Mitte einen ca. 10 cm breiten Streifen mit Semmelbröseln bestreuen. Pilzmasse darauf verteilen. Darauf die Linsen geben, etwas andrücken. Erst Frischkäse, dann Spinat darauf verteilen und erneut andrücken. An beiden Seiten den frei liegenden Blätterteig schräg mit ca. 1 cm Abstand zur Füllung einschneiden. Blätterteigstreifen abwechselnd von beiden Seiten über die Füllung legen. Auf ein mit Backpapier belegtes Blech setzen.
  5. Backofen vorheizen (Ober-/Unterhitze: 200 °C/Umluft: 180 °C). Aus der restlichen Blätterteigscheibe Sterne (ca. 5 cm Durchmesser) ausstechen. Teigreste wieder aufeinanderlegen (nicht verkneten!), ausrollen und weitere Sterne ausstechen. Einige Sterne auf den Braten legen, restliche auf dem Blech verteilen. Braten und Sterne mit verquirltem Ei bestreichen und mit 1 TL Italienischen Kräutern bestreuen. Im heißen Ofen ca. 30 Minuten backen. Sterne schon nach ca. 10 Minuten Backzeit herausnehmen.
  6. Kürbis waschen, Kerne und das faserige Innere entfernen. Kürbis in ca. 1 cm breite Spalten schneiden. Auf einem zweiten mit Backpapier belegten Blech verteilen. Käse fein reiben. Petersilie und Rosmarin waschen, trocken schütteln, Blätter bzw. Nadeln sehr fein hacken. Mit Käse, Semmelbröseln und Zitronenschale mischen, mit wenig Salz und Pfeffer würzen. Kürbisspalten mit Öl bestreichen, Bröselmischung darauf streuen und leicht andrücken.
  7. Braten aus dem Ofen nehmen, Kürbisspalten im heißen Ofen ca. 25 Minuten backen. In den letzten ca. 10 Minuten Braten darunter schieben und noch einmal erwärmen. Für den Dip Joghurt, Buttermilch und Granatapfelkerne verrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  8. Braten und Kürbis aus dem Ofen nehmen. Braten mit einem scharfen Messer in Scheiben schneiden, mit Kürbisspalten und Soße anrichten.

Zubereitungszeit ca. 2 Stunden

Pro Portion (bei 6) ca. 21 g E, 42 g F, 64 g KH, 740 kcal

Nachspeise: Schoko-Flammeri mit gebrannten Mandeln

Zutaten für ca. 4–6 Portionen

  • 100 g „Toblerone dark“ (dunkle Schokolade mit Honig- und Mandelnougat), 1 Päckchen Schokoladenpuddingpulver (zum Kochen), 1 EL + 50 g Zucker, 600 ml Milch, ½ TL Zimtpulver, 50 g Mandelkerne, 200 g Schlagsahne, 1 Päckchen Vanillezucker, Frischhaltefolie, Backpapier
Etwas Süßes zum Schluss: Das Schoko-Flammeri.
Etwas Süßes zum Schluss: Das Schoko-Flammeri. © Eat Club/ Isabell Triemer / Petra Lange / Myriam Banderob

  1. Schokolade grob hacken. Puddingpulver mit 1 EL Zucker mischen und mit 100 ml Milch glatt rühren. 500 ml Milch in einem Topf aufkochen. Vom Herd ziehen, angerührtes Puddingpulver einrühren. Unter Rühren ca. 1 Minute köcheln. Topf vom Herd nehmen, Schokolade zufügen und im heißen Flammeri schmelzen lassen. In eine Schüssel umfüllen, Frischhaltefolie direkt auf die Oberfläche legen, bei Zimmertemperatur abkühlen lassen, dann ca. 1 Stunde im Kühlschrank fest werden lassen.
  2. In der Zwischenzeit für die gebrannten Mandeln 50 ml Wasser, 50 g Zucker und Zimt in einer Pfanne aufkochen. Mandeln zufügen und bei hoher Temperatur unter ständigem Rühren so lange kochen, bis der Zucker trocken ist. Bei mittlerer Hitze so lange rühren, bis der Zucker wieder schmilzt. Mandeln auf ein Stück Backpapier geben und mit zwei Gabeln sofort auseinanderziehen. Auskühlen lassen.
  3. Mandeln grob hacken. Sahne und Vanillezucker steif schlagen. Flammeri mit einem Schneebesen cremig rühren. Sahne locker unterheben, in Dessertschälchen verteilen. Mandeln darüberstreuen.

Zubereitungszeit ca. 30 Minuten + Wartezeit

Pro Portion (bei 6) ca. 7 g E, 26 g F, 33 g KH, 395 kcal