Hamburg. Der Genussexperte und ehemalige Betreiber von Rindchen’s Weinkontor testet die Küche von Jiming Lin.

Die chinesische Küche ist eine der ältesten, facettenreichsten und vielschichtigsten der Welt. Das wird hierzulande leicht übersehen, da sich das Gros der chinesischen Gaststätten im glu­tamatgeschwängerten Einstiegssegment positioniert hat. Umso spannender und faszinierender ist es, auf Restaurants zu stoßen, in denen die chinesische Hochküche mit besten Frischeprodukten und großem Können zelebriert wird.

Einer der erfreulichsten Neuzugänge der letzten zwei Jahre in diesem Sektor und aktuell eine meiner bevorzugten Stätten der Einkehr ist das Restaurant Yin Seafood an der Großen Elbstraße in Altona. Der Meisterkoch und Besitzer Jiming Lin kooperiert eng mit dem gleichnamigen, im selben Gebäude ansässigen Fisch- und Seafood-Großhandel und kommt dadurch buchstäblich auf dem kürzesten Weg an einen nie versiegenden Zustrom frischester Meeresfrüchte.

Highlight des Restaurants Yin Seafood ist der gläserne Eistresen

Das ist auch der kulinarisch sehr anspruchsvollen asiatischen Community in Hamburg nicht verborgen geblieben – und so ist man hier, immer ein gutes Zeichen, als deutscher Gast gelegentlich nahezu allein unter Chinesen. Highlight des schlicht und funktional gehaltenen Restaurants ist der gläserne Eistresen, in dem sich frische Fische und meist noch lebendes Schalengetier ein verheißungsvolles Stelldichein geben.

Das Signature Dish des Hauses und gleichzeitig ein abend- oder mittagfüllendes Programm ist die warme Platte Yin Seafood Royal (34,50 Euro p. P.). Den auf den ersten Blick unspektakulären, aber geschmacklich hocheleganten Auftakt bildet hier eine klare Fischsuppe, in der sich sehr feine hausgemachte Teigtaschen, gefüllt mit Garnelen, sowie raffiniert bereitete Fischbällchen, gefüllt mit gehacktem Schweinefleisch, befinden. Diese feine Suppe kann auch separat als Vorspeise zu allen anderen Gerichten bestellt werden (4,80 Euro) – was ich sehr empfehlen kann.

Der Weinkenner und ehemalige Betreiber von Rindchen'si Weinkontor im Hamburger Abendblatt Fotostudio 11.02.2020. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Der Weinkenner und ehemalige Betreiber von Rindchen'si Weinkontor im Hamburger Abendblatt Fotostudio 11.02.2020. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © Thorsten Ahlf | Thorsten Ahlf

Bei der Seafood-Platte folgt nun ein munterer Reigen der Schalentiere, angerichtet auf einer großen kupfernen Platte: Um einen ganzen Hummer herum gruppieren sich Austern, Jakobsmuscheln und Garnelen, dazu je nach Saison Grünschalmuscheln, Garnelen, Flusskrebse, Scheidenmuscheln, kleine Miesmuscheln, Herzmuscheln, Meeresschnecken, Tintenfisch und Krabben, ergänzt durch Kräuterseitlinge, Glasnudeln und Tofuscheiben. Ein frittierter Gelbfisch vertritt die Fischabteilung.Das Ganze wird in einem köstlichen, aromensatten Sud mit gehacktem Knoblauch, Ingwer und Lauchzwiebeln serviert. Wer mag, kann sich den Sud hinterher noch mit Nudeln als leckere Suppe zubereiten lassen.

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Exzellente Fischgerichte und chinesische Klassiker für alle, die kein Seafood mögen

Für Mitbürger, denen das ganze Schalengetier zu exotisch oder zu viel Fummelkram ist, gibt es noch eine Reihe exzellenter Alternativen. So ist zum Beispiel das in Pergamentfolie gehüllte, auf heißer Eisenplatte gegarte Filet vom Schwarzen Heilbutt mit einer Soße von eingelegten Chili, Ingwer und Knoblauch Umami pur und schmeichelt dem Gaumen mit überwältigendem Wohlgeschmack (19,90 Euro). Und auch der gedämpfte ganze Fisch (23,90 Euro), je nach Fangsaison Zander, Wolfsbarsch oder Seezunge mit Ingwerstreifen, Lauchzwiebeln und Schwarzer Bohnensoße, ist ein großes Vergnügen. Wer Mitesser im Schlepptau hat, die partout kein Seafood mögen, kann diese mit Klassikern wie Knuspriger Ente (15,90 Euro), Rindfleisch auf heißer Eisenplatte mit Zwiebeln und schwarzer Pfeffersoße (14,90 Euro) oder dem kaiserlichen Hühnerfleisch auf Szechuan-Art (12,90 Euro) beglücken.

Mittags schlägt die Stunde der Sparfüchse: Dann gibt es zum Beispiel ein Lachsfilet mit schwarzer Pfeffersauce für 7,90 Euro oder einen ganzen Wolfsbarsch für 9,90 Euro. Die Weinkarte ist klein, aber ordentlich: Für 6,50 Euro pro Glas (0,2 l) bekommt man einen sehr guten Moselriesling von einem aufstrebenden Jungwinzer, der spannendste und dem Essen am meisten entsprechende Wein ist der vorzügliche Rote Riesling Ortswein (trotz des Namens ein Weißer!) vom Pfälzer VDP-Weingut Pfeffingen.