Am Mittwoch startet die Fashion Week in der Hauptstadt. Mit dabei: Antonia Wesseloh, Model aus Hamburg und das neue Prada-Gesicht.
Models sind Chamäleons - jedenfalls jene, die ihren Job wirklich gut machen. Auf den ersten Blick unscheinbar, können sie ihre Aura wie einen Lichtschalter anknipsen und cool, verletzlich oder sexy wirken.
Antonia Wesseloh macht ihren Job wirklich gut. Sie ist eine 16-jährige Schülerin aus Buxtehude, die zwei jüngere Brüder hat, in ihrer Freizeit gern Krimis liest, reitet und "anderen Mädchenkram" macht. Beim ersten Blick in ihre Mappe mit den Modelfotos ist diese Antonia vergessen. Was bleibt, ist eine Projektionsfläche für Designer-Fantasien.
Diese Eigenschaft nennt sich, fast schon etwas abgedroschen, "das gewisse Etwas". Aber wie sollte man es auch besser beschreiben? "Antonia ist frisch, sie strahlt. Sie nimmt den Raum für sich ein", erklärt ihre Entdeckerin Claudia Midolo, Gründerin der Hamburger Agentur Modelwerk. Vor fünf Jahren entdeckte Midolo schon einmal ein frisches, strahlendes Mädchen: Toni Garrn hat vom Otto-Katalog bis zur "Vogue" schon fast jedes Cover geziert.
Antonia ist das Gegenprogramm zu Toni Garrn. Die 16-Jährige ist keine klassische Schönheit, eher verbinden sich in ihrem Gesicht der Teint einer Porzellanpuppe und Huskyaugen. Ihre Schönheit ist so eigenwillig wie einprägsam. Dass sie das neue Prada-Gesicht ist, überrascht nicht.
Die italienische Designerin Miuccia Prada hat ein Faible für Mädchen mit Ecken und Kanten, viele heutige Topmodels verdanken ihr den Durchbruch. Wobei sich der Begriff "Topmodel" gewandelt hat, mit den Supermodels der 90er-Jahre haben die Topmodels nichts mehr zu tun. Die erfolgreichsten Models von heute sind Gesichter, keine Marken wie einst Claudia Schiffer oder Naomi Campbell. Namen wie Natasha Poly, Karlie Kloss oder Lindsay Vixxon sind außerhalb der Modebranche wahrscheinlich den wenigsten ein Begriff, obwohl sie für Dutzende Shows, Modestrecken und Kampagnen gebucht werden. Diese Entwicklung stört Antonia nicht: "Hauptsache, die richtigen Leute kennen meinen Namen."
Antonia ist zielstrebig, aber nicht verbissen - auch im Job: Als 15-Jährige schickte sie Porträtfotos an Modelagenturen. Die ersten Jobs fanden ausschließlich an Wochenenden oder in den Ferien statt, die Schule zu schmeißen kam nie infrage. So weit wie möglich will sie es trotzdem bringen im Modegeschäft. Sie selbst ist erstaunt darüber, wie viel seit ihrem ersten Job vor gut einem Jahr passiert ist.
Noch befindet sich Antonia Wesseloh am Anfang ihrer Karriere, wobei die wenigsten Jungmodels eine so wichtige Kampagne wie die von Prada verbuchen können. Es ist das Ergebnis von harter Arbeit mit einem Spritzer Glück, denn der Aufbau eines Models zum bekannten Gesicht ist langwierig und kein Zuckerschlecken. Ist eine Agentur von einem neuen Model überzeugt, versucht der sogenannte Booker es in den "richtigen" Magazinen und Kampagnen zu platzieren. Gelingt das, haben die Models die Chance, auf den Schauen in New York, Paris oder Mailand zu laufen. Dort können sie wiederum Kontakte mit Designern knüpfen und haben die Chance, wieder gebucht zu werden. Außerdem ist ein Gang über den Laufsteg wie eine eigene kleine Werbekampagne, im besten Fall werden andere Designer auf das Model aufmerksam.
Auch für Antonia Wesseloh geht es jetzt darum, ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Denn die "Blütezeit eines Models" liege zwischen seinem 16. und 18. Lebensjahr, sagen Experten. Auf der Berlin Fashion Week ist Antonia exklusiv für Escada gebucht, im nächsten Monat wird sie in der italienischen "Vogue" zu sehen sein. Den Sommer wird sie in New York mit Laufsteg- und Foto-Training verbringen. Wer beim Lesen dieses Satzes an Szenen aus Heidi Klums "Germany's Next Topmodel" (GNTM) denkt, täuscht sich. Denn die einzige Challenge, also Herausforderung, die es in der Realität zu bestehen gilt, ist, sich bekannt zu machen. Schulfreundinnen ermutigten Antonia, sich bei der Show zu bewerben, aber sie lehnte ab. Zu groß war die Angst, den Stempel "GNTM" zu tragen. Claudia Midolo bringt es auf den Punkt: "Wir möchten aus Antonia kein Werbegesicht für Katjes machen, sondern das nächste High-Fashion-Model."
Modedesignerin Julia Starp: "Chance für junge Designer"
Modedesigner Stefan Eckert: "Die Shows sehen alle ähnlich aus"