Die Stylistin und Hut-Designerin Niko Kazal stattet Udo Lindenberg und Sängerin Carolin Fortenbacher aus - und erweitert jetzt ihr Atelier.
St. Georg. Ein dunkles Kellergewölbe, feuchte Decke, eine Neun-Millimeter-Waffe mit Schalldämpfer. Es knallt, viele Schüsse werden abgefeuert. "So dreimal im Monat werden hier je 40 Hüte geschossen", sagt Niko Kazal ruhig. Für einen Moment sitzt sie regungslos auf ihrem großen Frisierstuhl in ihrem Atelier an der Langen Reihe 89. Es geht um ihre Hutkreationen, die mit dem Markenzeichen "Einschussloch". Leider könne sie selbst in den Gewölben unter ihrem Laden nicht schießen - "kein Waffenschein". Dafür kommt eigens ein Freund vorbei. Denn für die "bullet-hats" ist sie mittlerweile berühmt, seit zwei Jahren designt sie flache Zylinder, Borsalinos oder Bowler. Doch nicht nur das.
Jetzt läuft sie durch ihr kreatives Reich, sucht hier nach Fotos, zupft rasch an einer Ankleidepuppe. Die 50 Jahre alte Kazal ist vielfältig begabt, rastlos und lebt ihre künstlerische Freiheit aus. Grenzenlos, wie es scheint. "Ich bin Stylistin, Designerin für Hüte und Jacken, Malerin und Image-Coach." Seit 30 Jahren mit Erfolg. So großem, dass sie sich und ihre Räume nun erweitert. "Ich explodiere!", so heißt das bei der strahlenden Kazal, die ihre eisblauen Augen mit viel schwarzem Kajal umrandet hat. Das alte Kellergewölbe (in dem vor 15 Jahren schon Nina Hagen Partys feierte) wird jetzt ausgebaut, hier wird sie ab April ihre Uniformjacken und Hüte, Kunstwerke und Fotografien präsentieren, weiterhin ihre Kunden umstylen, beraten, sie neu erfinden.
Im Erdgeschoss schafft sie dadurch Platz für "Heimat Berlin", den Hut- und Mützenhersteller aus Berlin. Denn der Modetrend geht weiter. "Ich kriege sie alle unter einen Hut", sagt die Hamburgerin Kazal. Auch Udo Lindenberg, und den schon seit Jahrzehnten. "Angefangen hat damals alles in seiner WG am Mittelweg, in den Zeiten des Onkel Pö", erinnert sich die Mutter der 23-jährigen Sarah Lalenya. Seitdem verbindet die beiden eine Freundschaft, Lindenberg nennt sie nur "die Zarin", seit er sie mit einer russischen Kopfbedeckung sah. Kazal stylt den Panikrocker für seine Auftritte, berät ihn, bevor er über rote Teppiche geht, stattet auch die Band aus. Weiterhin schminkt und coacht sie Inga Rumpf, die Sängerinnen Marianne Faithfull und Yvonne Catterfeld, Carolin Fortenbacher. Top-Fotografen wie Jim Rakete und Gabo buchen Kazal. Auch bei Ben Becker und Uschi Obermaier legte sie schon Hand an. "Normale" Kunden sind ihr aber genauso lieb. "Ich helfe allen, die sich verändern wollen." Kazal hat das Talent, den Typ von Menschen zu erkennen. "Ich kann nicht kochen, ich kann nicht rechnen, aber Metamorphosen kann ich gestalten."
Kazal lebt von der Mundpropaganda, von Freunden wie Designerin Ulrike Krages oder Frank Otto und dessen Frau Stefanie Volkmer-Otto. "Ich bin eine Promi-Stylistin mit offener Tür für alle." Sie lacht herzlich und laut, blickt durch den pink gestrichenen Raum, der nun bald "Secret Salon mit Tiefgang" heißen wird. So bisher jedenfalls der Arbeitstitel. "Sind ja noch drei Wochen." Und bis dahin werden der vielseitigen und viel(ver)sprechenden Kazal sicher noch einige Ideen kommen. Denn: "Relaxen und ein Buch lesen, das kann ich vielleicht für zehn Minuten. Nur beim Gestalten, da tanzt meine Seele."