Altkreis. . Die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Hochsauerland, die mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurden, war 2014 so hoch wie nie.
Mit 134 jungen Menschen zwischen 10 und 20 Jahren waren es 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Landesweit sinken die Zahlen. „Wir nehmen den deutlichen Anstieg der Zahlen wahr“, heißt es aus dem Gesundheitsamt des HSK.
Keine wissenschaftlichen Untersuchungen
Eine Erklärung, weshalb die Kurve nach oben zeigt, hat die Behörde nicht. „Wissenschaftliche Untersuchungen, die diesen Anstieg begründen, liegen uns nicht vor.“ Auch andere ländliche Regionen wie der Kreis Soest oder der Kreis Coesfeld hätten hohe Zahlen zu verzeichnen. Für den HSK weist die Statistik aus, dass 2014 0,46 Prozent der 10- bis 20-Jährigen mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Landesweit lag der Wert bei 0,29 Prozent.
Liliane Schafiya-Canisius leitet die Suchtberatung beim Caritasverband Brilon. Die Zahl der Jugendlichen, die wegen eines auffälligen Verhaltens mit Suchtmitteln zur Caritas kommen, ist 2015 gestiegen. „Wir stellen fest, dass die Klienten jünger werden.“ Gefühlt seien es auch immer mehr Mädchen, die die Hilfs- und Präventivaktionen wahrnehmen. Eine Bewertung, die sich mit den Statistiken deckt. Denn der Anteil der Mädchen und jungen Frauen, die wegen Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kommen, ist HSK-weit mittlerweile fast so hoch, wie der der männlichen Koma-Trinker.
Dass die Zahl der Jugendlichen, die exzessiv Alkohol trinken, zunimmt, wird auch im St.-Franziskus-Hospital Winterberg registriert. Seit Jahren sinken zwar die Fallzahlen der Patienten, die mit einer Alkoholvergiftung eingeliefert werden, der Anteil der Patienten bis 19 Jahre steigt aber. 2011 lag er bei 27 Prozent, 2012 bei 17 Prozent. 2013 bis 2015 waren es je rund 50 Prozent. Oberarzt Dr. Ralf Zetzmann arbeitet auf der Intensivstation der Klinik und behandelt dort auch Patienten im Alkoholdelirium. „Die Überwachung von Kreislauf und Atmung ist das Wichtigste.“ Dazu wird den Patienten eine Infusionstherapie verordnet, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen und den Salzhaushalt zu regulieren. Bei jungen Menschen nimmt der Arzt häufig Reue wahr, wenn sie ihren Rausch ausgeschlafen haben. „Wenn die Eltern am Bett sitzen, ist das unangenehm.“
Fehlendes Problembewusstsein
Vielleicht ist dieses Gefühl sogar effektiver als Präventions- oder Nachsorgeprojekte. „Wir stellen häufig ein fehlendes Problembewusstsein fest“, sagt Caritas-Suchthilfeberaterin Liliane Schafiya-Canisius. Aufklärungsarbeit mache das umso wichtiger. Die Caritas beteiligt sich etwa an der Suchtwoche in Kooperation mit dem Klinikum in Marsberg und begleitet Programme der Jugendhilfe. Auch das Gesundheitsamt versucht dem Alkoholkonsum von Jugendlichen entgegen zu wirken. Das Projekt der Koordinationsstelle Sucht des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe zur Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten (FreD) werde in diesem Jahr implementiert. Bei dem Projekt sollen erstmalig mit Rauschmittel oder mit Alkohol auffällig gewordene Jugendliche durch eine frühzeitige Intervention vor dem Risiko einer Abhängigkeit geschützt werden. Ein Ansatz, der der Caritas gefällt: „Es ist nicht nur der Alkohol, der uns Sorgen macht“, sagt Liliane Schafiya-Canisius. Cannabis und Amphetamine seien ebenfalls verbreitet. „Die Diskussion um die Freigabe von Cannabis halte ich daher für eine Katastrophe.“
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