Bad Berleburg/Kreuztal. Die Straßenbauer im Siegerland haben es manchmal schwer. Wenn in freier Natur einige Wildkatzen oder der "Dunkle Ameisenbläuling" ihren Weg kreuzen, müssen sich die Planer vorsehen. Dann hat der Umweltschutz oberste Priorität.
Eine schwere Aufgabe für die Straßenbauer im Siegerland. Wenn sie in freier Natur auf die vom Aussterben bedrohten Wildkatzen oder den "Dunklen Ameisenbläuling" stoßen, dann müssen sie auf den Umweltschutz Rücksicht nehmen.
Diese Erfahrung macht zur Zeit auch Ludger Siebert, Leiter der Niederlassung Südwestfalen von StraßenNRW in Siegen. Denn seine Behörde ist seit Jahren damit beschäftigt, eine Ost-West-Verbindung von Wittgenstein bis Kreuztal zu planen, die den Wirtschaftsraum zwischen Bad Berleburg, Erndtebrück, Hilchenbach und Kreuztal autogerecht erschließen soll. Da man sich südlich des Naturparks Rothaargebirge in einem äußerst sensiblen Raum bewegt, soll die dreispurige neue Straße so gebaut werden, dass ihre Realisierung mit möglichst geringen Eingriffen in die Natur verbunden ist.
Dunkler Ameisenbläuling entdeckt
Der Landrat, das Land Nordrhein-Westfalen, das Land Hessen und auch StraßenNRW nehmen bei ihrer Umweltverträglichkeitsstudie den Planungsraum genau unter die Lupe und drehen quasi jeden Stein um. Ludger Siebert: „Wir wollen erkennen, welche streng geschützten paarungsrelevanten Arten leben dort, wo wir eine Straße bauen wollen.”
So wurde bei der Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumfahrung von Bad Laasphe der „Dunkle Ameisenbläuling” entdeckt. Dieser Wiesenbewohner ist ein kleiner Schmetterling, der zwischen Juli und August nur zwei Woche im Jahr zu sehen ist. Dann legt der blaue Flattermann seine Eier auf den Blüten des Wiesenknopfes ab, wo sie zu einer Made heranwachsen. Dieser Made lässt sich zu Boden fallen und wird dort von Ameisen aufgenommen und gefüttert.
Der Trick der Made: Durch ihren Duft gaukelt sie den Ameisen vor, sie gehöre zur Brut des Krabbelstaates und wird so ein Jahr lang durchgefüttert. Im Juli/August des Folgejahres wiederholt sich dann das Spiel. „Diese Wohngemeinschaft, dieses Habitat, ist so selten”, erklärt Ludger Siebert, „dass wir in Bad Laasphe die Wiese, auf der der Ameisenbläuling lebt, frei vom Straßenbau halten müssen.” Die Folge: Die Linienführung der Ortsumgehung wird gekürzt.
Biologen studieren bedrohte Tiere
Ob die Lösung beim Bau der B 508n/B 62n zwischen Hilchenbach und Erndtebrück ebenso problemlos zu vollziehen ist, steht noch nicht fest. Denn hier - unweit des Rothaarkammes - haben Waldbiologen im Quellgebiet von Lahn, Eder und Sieg eine streng geschützte Wildkatzen-Population entdeckt: fünf Weibchen und vier Männchen. Die letzten Raubkatzen Europas könnten den Straßenbauern die Planung vermasseln. Denn die Wildkatze ist in Deutschland vom Aussterben bedroht. Der Bestand ist auf 3000 bis 5000 Tiere zurückgegangen.
Ein Jahr lang werden Biologen die Sauerländer Wildkatzen studieren. Um den Lebensraum der Tiere nicht zu beschneiden, können sogar Grünbrücken und Durchlässe über oder unter neuen Straße gebaut werden. Ihr einziger Zweck: Den Wildwechsel der nachtaktiven Vierbeiner zu erhalten. Ludger Siebert: „So werden Lebensräume in einem großräumigen Biotopverbund länderübergreifend miteinander vernetzt.” Wenn das nicht gelingt, ist der Bau der B 508n/B 62n gefährdet.