Eslohe. Sieperting? „Da fährt man nur durch.” Das sagt man zumindest in Eslohe von dem kleinen, benachbarten Ortsteil. Die WP hat nun Halt gemacht am geografischen Mittelpunkt Südwestfalens.
Anders als viele andere: 4000 Fahrzeuge rauschen täglich über die Straße durch den Ort. Von Eslohe entweder nach Sundern oder zur Bahn nach Finnentrop. Wenn der Feierabend anbricht und die Pendler nach Hause wollen, dann sei die Straße kaum zu überqueren. Das erzählt der Ortsbeauftragte Ferdinand Becker, der den Gast aus Hagen durch das Dorf führt.
Gute Gründe für einen Stopp
Dabei gibt es zwar wenige, aber gute Gründe anzuhalten: der Stein, der Mittwoch gesetzt wird, um im Rahmen der Regionale 2013 den geografischen Mittelpunkt Südwestfalens zu kennzeichnen. Zudem der große üppige Bauerngarten von Magdalene Fiebig. Oder der Landgasthof Limbergs Hof. Doch einen Kaufladen gibt es nicht mehr, keine Post, keine Schule, keinen Arzt. Nicht einmal einen Schützen- oder Sportverein. Nur einen Zigarettenautomaten, einen Briefkasten, Schreiner, Dachdecker.
Und einen Bauernhof. In den 50er Jahren haben 23 Menschen in Sieperting von der Landwirtschaft gelebt. Heute sind es nur noch zwei. „Wenn die beiden ins Rentenalter kommen, dann ist Schluss”, sagt Ferdinand Becker. Schon heute gebe es keine Kuh mehr im Dorf. Auch der 71-Jährige hat seine Felder mittlerweile verpachtet.
Die Siepertinger haben nun Arbeit bei Ketten Wulf. Oder in Behörden. „Alles muss nach Eslohe oder Meschede”, so Helga Becker. „Das Auto treibt alle auseinander”, fügt ihr Mann hinzu.
89 Einwohner
89 Bürger leben in Sieperting. Vor etwa zehn Jahren noch waren es rund 130. „Die jungen Leute gehen weg”, erklärt Becker. Und neue ziehen nicht hinzu. Gut 20 Kinder gibt es im Ort, zählt der Ortsbeauftragte an den Fingern ab. Und etwa ähnlich viele Häuser, vor allem malerisch historische Fachwerkgebäude. Dazu eine kleine Kapelle aus dem Jahr 1671. Alle vier Wochen kommt der Pfarrer aus Eslohe und feiert mit den Siepertingern hier die Heilige Messe.
Ins Schwärmen geraten
Hinter der Kapelle führt ein Weg den Hang hinauf zum Wald. Dort duftet es nach Getreide und Gras. Und dort ist Ruhe. Nichts ist mehr zu hören vom Verkehr auf der Straße. „Das ist meine Welt hier”, sagt Ferdinand Becker - und lächelt warm. Der Wald sei es, was Sieperting ausmache. Das mehr als 600 Jahre alte Örtchen liegt südlich am Fuße des Homertgebirges. „Und die Homert ist wunderschön zum Wandern”, so Becker. Der Sauerländer ist ins Schwärmen geraten.
Diesmal allerdings muss er vor dem Wald abbiegen, folgt dem Weg oberhalb des Dorfes. Hier am Fuß der Homert sprudelt auch die Trinkwasserquelle des Dorfes. „Darauf sind wir alle stolz”, sagt Helga Becker. „Wir brauchen kein Wasser aus Eslohe.” Sie stillt ihren Durst am Kran.
Zusammenhalt
Die Beckers gehen weiter vorbei an dem Bildstock, den die Siepertinger gemeinsam aufgebaut haben. Vorbei an dem Platz, wo die Jugendlichen im Frühjahr ihr Osterfeuer anzünden: „Das gibt Zusammenhalt.” Vorbei geht es an einem Oldtimer-Trecker. Denn Sieperting ist Treffpunkt der „Ackerbären”, die alte Traktoren sammeln, reparieren und auf Festen vorführen. „Die haben eine richtige Gaudi”, so Becker. In Sieperting sind zudem die Parforce-Hornbläser Homert zu Hause, eine Gruppe von 12 Naturhorn-Musikern, darunter der Ortsbeauftragte.
„Das ist hier wie in jedem anderen Dorf”, betont Ferdinand Becker mehrmals. Zufällig nur ist Sieperting der geografische Mittelpunkt Südwestfalens. Und doch vollkommen zu Recht.