Hagen. In der Nacht zu Montag haben Unbekannte zwei Geldautomaten eines Kreditinstituts in Roetgen im Kreis Aachen gesprengt und eine größere Geldsumme erbeutet. „Logistik und Ausführung der Tat lassen auf Profiarbeit schließen”, heißt es im Polizeibericht.
Die VdS Schadenverhütung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft spricht von einer „relativ neuen Angriffsmethode” auf Geldautomaten. Das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden hat 30 Gasangriffe (davon 19 Versuche) auf EC-Automaten in Deutschland im vergangenen Jahr gezählt. Für Experten grenzt es fast an ein Wunder, dass bei den Spreng-Aktionen noch keine Anwohner von Bankgebäuden zu Schaden gekommen sind.
Banden aus Osteuropa
Bis zum Wochenende hatte es in diesem Jahr zwei Fälle gegeben, bei denen es allerdings beim Raub-Versuch blieb. Maskierte Täter - laut BKA südosteuropäische Banden - setzen in der Regel nachts mit Hilfe von Sprühdosenlack die Überwachungskameras in Zweigstellen von Banken und Sparkassen außer Betrieb, leiten über Schläuche explosionsfähige Gasgemische in die Automaten-Tresore und bringen diese per Fernzündung zur Detonation. Im hessischen Riedstadt wurde dabei im vergangenen Monat nur die Außenhülle beschädigt und der Vorraum des Kreditinstituts verwüstet. Das Gelddepot aus Stahl hielt dem Angriff stand.
Im Juni 2005 hat sich in Hamburg der erste Spreng-Anschlag auf einen Geldautomaten im Bundesgebiet ereignet. Das BKA hat seitdem fleißig mitgezählt: Im Jahr 2005 gab es 27 Fälle (davon 13 Versuche), im Jahr 2006 insgesamt 30 (14), im Jahr 2007 insgesamt 36 (20) und im vergangenen Jahr 30 Fälle (davon 19 Versuche).
„Bei einer Sprengung wird das Geld mit Hilfe unlös- barer Tinte so eingefärbt, dass es wertlos wird.” Günter Grundmann
Den Rückgang begründet man mit Täterfestnahmen. Ende 2008 wurde ein 26-Jähriger vom Landgericht Düsseldorf nach einer Anschlags-Serie zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Auch hoher Sachschaden
Nicht strafmildernd wirkt sich aus, dass die Explosionen eine erhebliche Zerstörungskraft haben. Denn neben hohen Sachschäden durch verwüstete Filialen, unbrauchbare Automaten und erbeutetes Bargeld könnten Menschen bei Sprengungen in Wohngebieten zu Schaden kommen. Liegt über der Zweigstelle eine Wohnung, sind die Bewohner „extrem gefährdet”, sagte Uwe Keller vom Landeskriminalamt Schleswig-Holstein dem TV-Magazin Planetopia.
Die Hemmungslosigkeit der Panzerknacker ist offenbar mit großen „Verdienstmöglichkeiten” zu erklären. Bei zehn Fällen in Norddeutschland 2005 wurden z.B. 320 000 Euro erbeutet. Bei einem Blitz-Anschlag in Siegen im Sommer 2008 nahmen die Täter fast 100 000 Euro mit.
Mehr Sicherheit wäre möglich
Und doch können Banken ihre Geldautomaten für Kriminelle uninteressant machen - mit Hilfe von Sicherheitssystemen, die allerdings noch teuer sind. So ist der Einbau von Sensoren möglich, die die Einleitung eines Gasgemisches erkennen, Polizeialarm auslösen und ein neutralisierendes Löschgas ausströmen lassen. Eine andere Möglichkeit ist die Einfärbetechnik: „Bei einer Sprengung wird das Geld mit Hilfe unlösbarer Tinte so eingefärbt, dass es wertlos wird”, erklärt Günter Grundmann, Leiter der Laboratorien Security bei der VdS Schadenverhütung. Darüber hinaus werde daran gearbeitet, die Panzerung des Geldtresors so stabil zu machen, dass dieser bei einer Explosion nicht auseinanderfliegt.
Auch Gauner machen Fehler
Auf dilettantische Täter sollte man nicht unbedingt hoffen. Obwohl: Auch hochprofessionelle Banden agieren bisweilen dümmer, als die Polizei erlaubt. Beim Bundeskriminalamt erinnert man sich an die Gauner, die vor Jahren anstelle des Geldautomaten einen Kontoauszugsdrucker aus der Wand sprengten.