Hagen.
Die Plagiatsjäger von VroniPlag haben ein neues Wild im Visier: Der Briloner CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg soll mehr als 20 Prozent seiner Dissertation abgeschrieben haben, wird auf der Internet-Plattform behauptet. Der Beschuldigte weist alle Vorwürfe zurück und vermutet, Opfer einer Kampagne zu sein.
Der 40-jährige Sensburg, Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Münster, hat seine juristische Doktorarbeit 2003 an der Fernuniversität Hagen vorgelegt. Thema: „Der kommunale Verwaltungskontrakt. Rechtliche Einordnung kommunaler Zielvereinbarungen.“ Betreuende Professorin war damals Katharina Gräfin von Schliefen, die gestern lediglich mitteilte: „Die Universität hat von den Vorwürfen Kenntnis genommen und wird die Angelegenheit prüfen. So lange das Verfahren läuft, werden wir darüber nicht reden.“ Wie lange die Untersuchung dauern werde, konnte Fernuni-Sprecherin Susanne Bossemeyer gestern nicht sagen. Aber: „Wir werden versuchen, das nicht künstlich in die Länge zu ziehen.“
Auch Silvana Koch-Mehrin und Georgios Chatzimarkakis wurden überprüft
VroniPlag wurde nach dem Vorbild von GuttenPlag gegründet und ist nach der Verfasserin der ersten untersuchten Dissertation benannt: Veronika Saß, der Tochter Edmund Stoibers. Ihr wurde der Doktorgrad inzwischen ebenso aberkannt wie Silvana Koch-Mehrin und Georgios Chatzimarkakis (FDP), dem CDU-Politiker Matthias Pröfrock und dem SPD-Politiker Uwe Brinkmann.
Die Vorgehensweise ist dabei immer so: Auf der Seite vroniplag.wikia.com dokumentieren anonyme Nutzer vermutete Plagiate, einzelne Textstellen werden Auszügen aus anderen Schriftstellen gegenübergestellt und kommentiert. Bei Sensburg werden auf 43 von 213 Seiten ausreichende Quellenverweise bemängelt - das wären 20,13 Prozent. Der Vorwurf ist seit Dienstagabend im Netz, Sensburg erfuhr am Mittwoch durch eine anonyme e-Mail davon und nahm Kontakt mit der Fernuni auf.
Sensburg sieht keine eigenen Fehler
Inzwischen hat sich der Briloner mit den angegriffenen Passagen genauer auseinandergesetzt und kann dort weder Plagiate, noch ein anderes kritikwürdiges Verhalten erkennen. In der Tat finden sich immer Fußnoten, die auf Übernahmen verweisen. Auffällig ist auch, dass Cassiopeia30, von dem/der fast alle Fundstellen stammen, merkwürdige Kommentierungen vornimmt, inhaltliche Anmerkungen macht und sich darüber wundert, dass Sensburg ein Buch aus dem Jahr 1896 benutzt („Man möchte den Autor um seine Bibliothek beneiden“). Was den CDU-Politiker noch stutzig macht: Zeitgleich seien die Vorwürfe in seinem Wikipedia-Eintrag aufgetaucht und in mehreren Internet-Foren habe eine Diskussion begonnen, in der betont worden sei, er habe das gleiche Alter wie Guttenberg. Fazit: „Hier scheint jemand Stimmung machen zu wollen.“
Sensburg geht davon aus, dass die Vorwürfe sich als haltlos erweisen: „Die Dissertation wurde nach den Vorgaben der Promotionsordnung der Fernuni Hagen verfasst.“ Er habe in 1159 Fußnoten deutlich gemacht, woher die Gedanken stammten und wer jeweils der Autor sei. Anschließend habe er seine eigenen Schlüsse gezogen: „Meine Arbeit hat ein Ergebnis, das seitdem weiter diskutiert worden ist.“ Zudem hat sie 2004 eine positive unabhängige Rezension erhalten.
"Kritik ist haltlos und eher schräg"
Die Kritik sei also in jeder Hinsicht völlig haltlos und eher schräg. Sensburg: „Was meine Arbeit angeht, bin ich völlig entspannt. Der Vorgang selbst ist jetzt natürlich ätzend.“ Er rechnet allerdings damit, dass es Monate dauert, bevor die Uni ihm bestätigt, dass alles in Ordnung ist. Und irgendwas bleibe dann immer hängen.
Deshalb empfiehlt der Jurist allen Bürgern, sich die Vorwürfe selbst anzuschauen und bedauert, dass es ihm nicht möglich sei, mit den Betreibern von VroniPlag Wiki in Kontakt zu treten. Und er verweist auf den Fall des Radiologen Ulf Teichgräber, bei dem die VroniPlag-Vorwürfe sich als unzutreffend erwiesen.