Hagen/Köln.

Wenn RTL 2 von der Haupt­figur eines neuen Reportage-Formats behauptet, dass sie sich näher heran wagt als andere, muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Wolfram Kuhnigk (43) will mit dem zweifelhaften journalistischen Ruf des Senders aufräumen. Ende des Jahres startet „Investigativ“.

„Mittendrin statt nur dabei“ könnte man die Rolle des gebürtigen Dortmunders in dem „Reporter-vor-der-Kamera“-Format zu aktuellen Boulevard- und Gesellschaftsthemen wie kriminelle Jugend­liche, Hooligans oder Leben mit Hartz IV beschreiben. Also möglichst nah dran am Geschehen, wie einst fast 12 Monate lang im Jahr 1993 als Tatort-Fotograf der Hagener Mordkommission. Laut Stellenausschreibung wurde seinerzeit ein Mensch mit einem „robusten Charakter“ gesucht. Und doch: Bei seinem ersten Foto-Einsatz, einem Mädchenmord, erinnert sich Wolfram Kuhnigk, sei „glücklicherweise“ ein erfahrener Beamter an seiner Seite gewesen, „der auf mich aufgepasst hat. Das hätte ich sonst nicht gut weggesteckt“, so der vom damaligen Polizeipräsidenten Steffenhagen bei seiner Verabschiedung als „bunter Vogel“ titulierte Fotograf. „Heute, mit 43, ist man dank der Lebenserfahrung einfach weiter.“

Die Herangehensweise unterscheidet sich von etablierten Formaten

So weit, dass sich Wolfram Kuhnigk jetzt an ein eigenes Reportage-Format mit einem ambitionierten Namen heranwagt: Investigativ“. Nein, sagt der 43-Jährige, er erfinde das Fernsehen nicht neu, „aber die Herangehensweise unterscheidet sich schon von etablierten Formaten.“ Mit seinem Staunen, seinem Unglauben und auch Scheitern führe er durch die sechs Folgen zur besten Sendezeit (der genaue Sendetermin steht noch nicht fest), sagt Kuhnigk. „Jede Ausgabe wird durch mein Empfinden gesteuert.“ Also ist er beim Thema „Gefährliche Jugendgangs“ einfach zu einem sozialen Brennpunkt in Berlin und Duisburg gegangen und hat nach eigenen Angaben „geguckt, was passiert“. Dieses typische Vorgehen kann bisweilen gefährlich werden, wie der Journalist bei der Recherche im Umfeld von Fußball-Hooligans zu spüren bekommen hat. „Wäre nicht die Polizei zur Hilfe gekommen, wären mein Kameramann und ich übel zusammen geschlagen worden.“

Man sehe „Dinge“ eines Reporters, die man sonst nicht sieht, beschreibt Kuhnigk „Investigativ“, das viel ruhiger sei, als es viele Zuschauer bei RTL 2 erwarteten. Und es sei „provokant und empathisch“. Wobei „provokant“ nicht abgehoben oder auf Kosten anderer bedeute. Provokant meine eher nachfragend und sich nicht mit vorgefertigten Antworten zufrieden gebend. „Wir gucken eben hinter die Kulissen.“

Jedenfalls startet Wolfram Kuhnigks Reportage-Reihe Ende des Jahres mit viel Vorschusslorbeeren. Selbst das kritische Fachmagazin „Journalist“ spricht davon, „dass es so etwas wie ihn und seine Sendung im deutschen Fernsehen nicht gibt.“ Der 43-Jährige glaubt an den Erfolg von „Investigativ“ bei RTL 2: „Man darf die Zuschauer nicht unterschätzen. Sie merken sehr wohl, ob ein Format Tiefe hat und unterhaltsam ist.“