Hagen/Oer-Erkenschwick.
Volle Fahrt voraus. Die Piraten sind gut unterwegs. Nach dem sensationellen Ergebnis von 8,9 Prozent bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vor zwei Wochen will der NRW-Landesverband heute seine Positionen und Konzepte zur Landespolitik formulieren.
2215 Frauen und Männer gehören dem Landesverband an. 70 von ihnen treffen sich zum „Tag der politischen Arbeit“ im Salvador-Alllende-Haus in Oer-Erkenschwick. Aus Hagen reist eine fünfköpfige Delegation an. Kerstin Brinkmann gehört dazu.
Anspielungen auf die gekreuzten Knochen mit dem Totenkopf, das typische Symbol für Piraten, den Säbel oder die Augenklappe sind der 37-jährigen Diplom-Kauffrau geläufig. „Ich verweise immer darauf, dass Piraten ihren Kapitän frei gewählt haben, dass sie Entschädigungen für Verletzungen erhalten haben und, dass sie für die Hinterbliebenen gesorgt haben. An Bord gab es durchaus demokratische Elemente, verbunden mit einem sozialen Fangnetz.“
Fangnetz - ein Schlüsselbegriff für die Zukunft der Partei. Um landesweit den Schwung aus der Hauptstadt zu nutzen und bei der nächsten Landtagswahl mehr Stimmen einzufangen als 2010 - es waren 1,5 Prozent - wollen sich die Piraten lautstark einmischen. Womit? Stichwort informationelle Selbstbestimmung.
„Wir brauchen keinen gläsernen Bürger, sondern einen gläsernen Staat“, sagt Kerstin Brinkmann. In Folge der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung sowie den elektronischen Entgeltnachweis, der alle arbeitsrelevanten Daten speichert, ist die Hagenerin im August 2009 bei den Piraten an Bord gegangen. „Es geht nicht, dass mit einem Klick alles verfügbar ist: von den Telefonverbindungen bis zu den Informationen der Krankenkasse.“ Die Piraten seien für mehr Transparenz in der Politik. Es müsse offen gelegt werden, wie Gesetze entstehen würden, was aus ihnen resultiere, und wo welches Geld hinfließe. „Außerdem müssen Bürgerentscheide mehr berücksichtigt werden.“
Die Expertin für Wirtschaft und Finanzen, sie hat Betriebswirtschaft studiert, ist Anhängerin eine bedingungslosen Grundeinkommens, „auch wenn es gedanklich derzeit noch nicht ausgereift ist“.
Fürsprecherin für „fahrscheinloses Fahren“ ist Kerstin Brinkmann allemal. „Bundesweit werden die städtischen Betriebe im öffentlichen Personennahverkehr stark subventioniert. Es muss eine Möglichkeit geben, die letzten Prozente ebenfalls noch umzulegen.“
Wie? „Wenn man will, gibt es immer einen Weg.“