Hagen.

Wer die Einkommensteuerrückzahlung als Urlaubsgeld eingeplant hat, könnte in diesem Jahr ein Problem bekommen: Die Finanzämter in NRW lassen sich mit der Bearbeitung der Steuererklärung mehr Zeit.

Wie viel mehr? Das ist unterschiedlich. Von Fall zu Fall. Von Bezirk zu Bezirk. Und von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter, wie der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert. Aber die Tendenz ist überall gleich: Es dauert länger.

„Wir sind bei Bearbeitungszeiten von drei bis sechs Monaten“, sagt Matthias Böcker, Geschäftsstellenleiter im Finanzamt Hagen. Drei Monate beziffert er für einfache Fälle, sechs für problematische. Wobei eine problematische Erklärung jede ist, bei der etwas nachgeprüft werden muss. Weil es Abweichungen gegenüber dem Vorjahr gibt. Oder eine größere Erstattung. „Da muss gar nichts falsch sein“, sagt Böcker. Wenn nach dem Einscannen der Formulare die Plausibilitätsprüfung im Rechner eine Auffälligkeit zeigt, steigt eben der Aufwand.

Mehr Publikumsverkehr, weniger Zeit bei Bearbeitung der Anträge

Was aber 2010 auch schon so war. Der Unterschied, so Böcker: „Durch das Umstellen auf die elektronische Lohnsteuerkarte (ELStAM) übernehmen wir ohne Personalaufstockung Aufgaben, die bisher kommunale waren.“ Es gebe mehr Publikumsverkehr, die Zeit fehle bei der Bearbeitung der Anträge. Dazu kämen die von der Landesregierung geforderten 200 zusätzlichen Betriebsprüfer. Die würden von anderen Aufgaben abgezogen.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans ist also schuld? Den Vorwurf weist seine Pressesprecherin Ingrid Herden zurück: „Die 200 Betriebsprüfer verteilen sich auf 127 Finanzämter. Das kann so viel also nicht ausmachen. Wir haben im Moment auch keinerlei Hinweise, dass die Bearbeitungszeit spürbar verlängert wird.“ Bei der elektronischen Lohnsteuerkarte sieht sie „übergangsweise eine besondere Situation“. Aber am generellen Zeitrahmen - vier Wochen bis sechs Monate - ändere sich nichts.

Die Finanzämter sind nicht chronisch unterbesetzt

Am konkreten Zeitrahmen aber doch. „Etwas schlechter“ als in den vergangenen Jahren sieht es nach Auskunft von Eberhard Vogelsmeier aus. Er ist Leiter des Finanzamtes Iserlohn und nennt ELStAM sowie Gerichtsentscheidungen zum Arbeitszimmer als Ursachen. Kollege Günter Michel aus Siegen sieht das ähnlich: „Das ELStAM-Verfahren bindet Personal. Das macht sich in der Antragsbearbeitung bemerkbar.“ Verlangsamend. „Drei Monate sind Durchschnitt.“ Wer es eiliger habe, könne die elektronische Steuererklärung mit dem ELSTER-Formular nutzen.

Von acht Wochen im Durchschnitt spricht Ludger Kleine, stellvertretender Leiter der Geschäftsstelle des Finanzamts Meschede. Aber es habe sich etwas verlangsamt. Das liege am Personalabbau.

Ein Argument, das Hans-Ulrich Liebern, Leiter der Steuerabteilung beim BdSt NRW, nicht gelten lässt: „Wir haben mitbekommen, dass die Bearbeitung der Steuererklärungen in diesem Jahr wesentlich länger dauert. Aber das halten wir angesichts der Ausstattung der Finanzämter nicht für angemessen.“ Die Ämter seien nicht chronisch unterbesetzt, es gebe „alle möglichen Automatisierungsprogramme“ und mit elektronischen Erklärungen nähmen „die Bürger den Ämtern die Arbeit ab“. Warum dauert es also länger? „Das ist eher ein organisatorisches Problem“, sagt Liebern. „Man hört von hohem Krankenstand bei Finanzbeamten.“

Das Finanzamt Lippstadt hat unterdessen eine eher unkonventionelle Beschleunigungsmethode gewählt: Mittwochs ist Schließtag. Kein Publikumsverkehr.