Medebach. .

Von wegen Raumfahrt oder Fliegerei - eines der letzten Abenteuer der Menschheit spielt sich in diesen Tagen tief unten, am Boden ab. Genauer: an Bächen. Mit den Goldpreisen ist in Deutschland das Interesse am Gold-Waschen gestiegen. Ja, und es gibt ihn wirklich, den Goldrausch im Sauerland.

Auf die Plätze, fertig, los. Der Goldlauf kann beginnen. Wir haben den Wagen in Waldnähe abgestellt, 360 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, kein Handy-Empfang - und folgen Veit-Enno Hoffmann und Gerhard Stöbener in Gummistiefeln 50 Meter über Wiesen bis zu dem Bach bei Medebach, in dessen Namen zwei Vokale aufeinander folgen. „Bitte veröffentlichen Sie nicht den Namen und nicht die Stelle im Hochsauerland, an der wir jetzt suchen“, flehen die Gold-Sucher aus Kassel und zeigen am Ort des Geschehens - noch gerade auf NRW-Gebiet - , warum sie mit dieser Bitte goldrichtig liegen.

„Was ist hier denn los?“, schüttelt Stöbener den Kopf und könnte sich selbst kneifen, dass er zehn Menschen von der Goldstelle bei Medebach erzählt hat. Tiefe Löcher im Flusslauf, auftürmender Kies und Sand (in der Fachsprache Material) am Rand zeugen von der Goldgräberstimmung im Sauerland. Es ist nicht immer Gold, was glänzt: Naturzerstörungen durch Schatzsucher? Hoffmann beschwichtigt: „Beim nächsten Hochwasser nach Regen oder Schnee sind die Stellen wieder eingeebnet.“

In Deutschland, so Schätzungen, schürfen 1000 Menschen regelmäßig nach Gold. Seitdem die Goldpreise in ungeahnte Höhen steigen und Medien die Suche nach dem Edelmetall eröffnet haben, haben die Bundesbürger ein neues Hobby entdeckt. Geologe Veit-Enno Hoffmann veranstaltet Goldwasch-Kurse am nordhessischen Edersee. Ließen sich 2010 „nur“ 500 Menschen in die Geheimnisse des Goldschürfens einweihen, sind die Kurse seit einigen Wochen stets ausgebucht. Besonders beliebt bei jungen Familien, Managern und Bankern. „Goldwaschen ist eben eine spannende Geschichte.“

Also steht der 31-Jährige in dem Bachlauf bei Medebach und lockert für die Zeitungsleute das Material am Boden und am Rand mit Hilfe einer Spitzhacke. Dann schippt er Kies, Sand & Co. in einen Eimer, von dort geht es in ein Sieb über einer blauen Goldwaschpfanne, um das taube Material abzutrennen. Anschließend wird das Sediment in eine 1,70 m lange und 10 cm breite Rinne im fließenden Wasser gegeben, in der das Gold vergleichbar einer Zentrifuge in Schwerkraft-Fallensysteme gedrückt wird. Der Höhepunkt der Goldgräber-Arbeit ist das Ernten der Rinne: Hoffmann gibt den Inhalt in die Pfanne und schüttelt und schüttelt. Nach und nach setzen sich Goldsplitter in den Riffeln an der Wand ab.

Hoffmann und Stöbener kennen die Gewässer rund um Medebach wie ihre Westentasche. Ihre „Region“ führt von der Edersee-Staumauer 50 bis 60 Kilometer bis Medebach - „eine der besten Stellen zum Goldwaschen in Nordrhein-Westfalen“. Es ist ein Hobby, bei dem man nicht reich werden kann, nehmen sie die Illusion vom Lockruf des Goldes (und des Geldes). „Goldwaschen ist Nervenkitzel und hat etwas Meditatives wie beim Angeln“, sagt Hoffmann.

Bleibt die Frage: Wie stößt man auf goldene Stellen? „Man studiert geologische Karten und Literatur und probiert aus“, sagt Hoffmann und nennt die goldene Regel des Gold-Wäschers: „Gold liegt dort, wo man es findet.“

So soll es sein. Die Goldschürf-Demonstration für die Zeitungsleute ist gemäß dem Schlachtruf „Full Pan“ (Volle Pfanne) ein voller ­Erfolg. „Das das gibt’s doch nicht“, staunt ­Stöbener beim Blick auf das Röhrchen, in das er die Goldsplitter mit Hilfe einer ­Pipette gefüllt hat. So viele Teile bei einem Versuch. Anfängerglück? Schon wähnt man sich in der Südsee, wie beim Lottogewinn. „Das dürften 5 Milligramm sein. Wert: 15 Cent.“ Manches im Leben ist eben nicht mit Gold zu be­zahlen.