Hagen.
Nächstes Jahr erst sind die Studenten dran. Den Vorlauf erledigten vergangene Woche die wissenschaftlichen Mitarbeiter. Aber ein Erfolg war das Projekt Studi-Consulting des BWL-Lehrstuhls der Fernuni schon jetzt: Für den Malerbetrieb Sievert-Gehrke aus Hagen-Fley.
„Manches sieht man selbst nicht so“, sagt Meister Ralf Gehrke, „das ist die Betriebsblindheit. Aber wenn man immer mehr arbeitet und dennoch nicht mehr reinkommt, muss sich wohl etwas ändern.“ Deshalb hat seine Ehefrau Bärbel, die als kaufmännische Angestellte im Büro arbeitet, sich beworben, als sie im Frühjahr in unserer Zeitung las, wie Professor Stephan Meyering seinen Studenten betriebswirtschaftliche Praxis vermitteln will: mit einer für die Firma kostenlosen Unternehmensberatung.
Es gab ein Vorgespräch, dann hat das 1929 gegründete Familienunternehmen, das fünf Gesellen, zwei Azubis und drei Aushilfskräfte beschäftigt, Unterlagen eingereicht. Man hat mehrfach telefoniert, Fragebogen ausgefüllt und zum Ende der Beratungswoche präsentierten Meyering und Diplom Kaufmann Björn Jegen die Ergebnisse: ein Computerprogramm zur Kalkulation und eine Reihe weiterer Handlungsanweisungen.
Erfreulich am Kalkulationstool findet Gehrke: „Es ist handwerkerfreundlich. Wir sind ja keine PC-Experten.“ Nun kann er jeden Auftrag auch im Hinblick auf seine festen Kosten so berechnen, dass er auf einen Blick erkennt: „Ist das gewinnträchtig? Bin ich noch im Plus?“ Und wenn er am Ende nicht auf das erwartete Ergebnis kommt, ist direkt klar, woran es gelegen hat. Beispielsweise an zwei zusätzlich benötigten Gesellenstunden. Und die sind nicht angefallen, weil die Kollegen zu langsam gearbeitet haben, sondern weil der eine quer durch die Stadt fahren musste, um ein Abklebeband zu holen und der andere derweil wenig tun konnte.
Es geht also nicht nur um Kalkulationen, sondern auch um effektive Arbeitsabläufe. Und um die Mitarbeiter. Deren Zufriedenheit mit Betriebsklima, Führungsstil und Abläufen wurde abgefragt. Resultat: „Die Gesellen wollen mehr Verantwortung übernehmen“, sagt Ralf Gehrke. Er wird sie künftig genauer über seine Betriebsplanung informieren und sie werden selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge sie die Kunden anfahren. Das fördert bei ihnen das Kostenbewusstsein. Und auch beim Inhaber selbst: „Uns allen ist klarer geworden, wo man Geld verliert.“
Wobei die Qualität Hauptkriterium bleibt: „Qualität und Flexibilität sind Alleinstellungsmerkmale für den Betrieb“, sagt Meyering. Und da die Auftragslage derzeit ausgezeichnet ist, sind Bärbel und Ralf Gehrke bester Dinge.
Wo aber bleibt der Gewinn für die Uni? „Die Rückkopplung ist für uns wichtig“, sagt Meyerling. „BWL ist angewandte Wissenschaft.“ Und für 15 bis 20 Studenten gebe es im Sommer 2012 die Möglichkeit, die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Fach-Modulen wie Kostenrechnung, Mitarbeiterführung oder langfristige Positionierung zu erleben. „Es muss sich für die Studierenden, die ja im ganzen Land leben, schon rentieren, für eine Woche nach Hagen zu kommen.“
Im Frühjahr wird wieder ein Aufruf an Unternehmen und gemeinnützige Organisationen in Südwestfalen ergehen, sich um die betriebswirtschaftliche Beratung zum Nulltarif zu bewerben. In unserer Zeitung, die das Projekt Studi-Consulting begleitet.