Hagen. .

Die Energiewende findet trotz des besiegelten Atomausstiegs vorerst keinen stärkeren Niederschlag in den Investitionsplänen der Enervie-Gruppe. Zwar prüft der Versorger den Bau neuer Pumpspeicher-Kraftwerke und Windkraft-Anlagen in Südwestfalen, sieht derzeit aber keine Perspektive für weitere Gas- oder Kohlekraftwerke. Grund: Sie rechnen sich nicht.

„Wir wollen unseren Kraftwerkspark weiter ausbauen - aber natürlich nur, wenn es wirtschaftlich ist“, erklärte Enervie-Chef Grünhagen auf der Bilanzpressekonferenz. Bei konventionellen Kraftwerken gebe es „kurzfristig keine auskömmlichen Erträge und langfristig große Unsicherheiten“. Ursache ist laut Grünhagen weiter die inzwischen gekippte Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, nach der die Preise im Stromgroßhandel „komplett verfallen“ seien. Der Markt habe sich noch nicht wieder normalisiert.

Konsequenz, so Grün­hagen: „Aktuell stehen wir im Standby.“ Heißt: Enervie hält sich trotz des besten Geschäftsjahres seit der Firmengründung bis auf weiteres mit Investitionen zurück. Ohnehin sieht sich das Unternehmen hier nicht in Zugzwang. „Wir sind eigentlich vernünftig ausgestattet“, betonte Grünhagen und verwies auf den Kraftwerkspark mit einer Leistung von 1500 Megawatt.

Abwarten lautet derzeit auch die Enervie-Devise bei Ausbau-Plänen für die Windkraft in der Region. Zwar sondiert der Versorger bereits das Terrain für mögliche Stand­orte. „Allein für die Region Hagen haben wir zehn weitere Standorte identifiziert“, so Technik-Vorstand Höhne. 15 seien es im Märkischen Kreis. Aber ob diese auch realisiert werden können, hänge entscheidend vom geplanten neuen NRW-Windkrafterlass ab, der künftig auch Windanlagen im Wald zulassen soll. Im Entwurf, so Höhne, sei dies nicht zufriedenstellend gelöst.

Bis 2020 will Enervie 240 Megawatt aus erneuerbaren Energien erzeugen - vor allem aus Windkraft und schwerpunktmäßig in Südwestfalen. Ein ehrgeiziges Ziel. 2,3 Megawatt sind es bisher, 20 weitere sollen immerhin noch 2011 hinzukommen. Aber nicht aus der Region, sondern aus dem Hunsrück, wo Enervie jüngst einen Windpark gekauft hat.

Die Konjunkturerholung hat sich 2010 positiv auf die Geschäfte des Mutterkonzerns der Hagener Mark-E und der Stadtwerke Lüdenscheid ausgewirkt. Der Umsatz legte um 12,4 Prozent auf 1,443 Milliarden Euro zu. Dabei verbesserte sich der Gewinn unterm Strich von 20,3 auf 24,4 Mio. Euro. 17 Millionen fließen als Dividende vor allem in die Kassen der klammen Kommunen (Hagen und Lüdenscheid sind neben RWE die größten Aktionäre), den Rest legt der Versorger als Rücklage auf die hohe Kante.

Für weiteres Wachstum setzt Enervie auf die neue bundesweite Tochter Lekker Energie und Kooperationen. So ist die Zahl der Lekker-Kunden laut Grünhagen seit Jahres­beginn um etwa 50 000 auf 350 000 gestiegen. Um das ­Risiko dabei zu verteilen, hatte sich Enervie jüngst die Stadtwerke Krefeld als Partner ins Boot geholt. Eine Allianz, die weiter vertieft werden soll.

In Südwestfalen geht es für Enervie um die Verteidigung des hohen Marktanteils von gut 93 Prozent bei Privatkunden. Dabei helfen könnte die Teldafax-Pleite. Von 3000 betroffenen Verbrauchern im Netzgebiet hätten sich schon 300 fest für Tarife von Mark-E oder den Stadtwerken Lüdenscheid entschieden, berichtete Technik-Vorstand Struwe. „Wir gehen davon aus, dass 40 Prozent bei uns bleiben.“