Hagen.

„Schlauch- und Dichtungstechnik sind für eine Frau zunächst weniger naheliegend“, gibt Yvonne Weyerstall zu. „Aber wenn man sich durchbeißt, macht es auch Spaß.“ Die 32-Jährige hat sich durchgebissen: Bei der Nordwest Handel AG in Hagen-Haspe leitet sie den Fachbereich Technischer Handel.

Nordwest? Was die 250 Mitarbeiter in der Firmenzentrale an der Berliner Straße in Hagen-Haspe treiben, ist trotz eines Umsatzes von 1,7 Milliarden Euro nur Spezialisten ein Begriff. Was 1919 im Bremen als genossenschaftlich organisierter Einkauf von 22 Eisenwarenhändlern begann, ist heute ein Dienstleistungs- und Marketingverband für 750 Händler, die Stahl, Werkzeuge, Beschläge, Arbeitsschutz sowie Sanitär- und Heizungstechnik anbieten. Diese Händler liefern an Industrie, Handwerk und Kommunen und nur in ganz wenigen Einzelfällen an einen Privatkunden, der im Baumarkt nicht fündig wird.

Der muss also Nordwest nicht kennen, nicht das Lager, das 2005 ins für Gesamtdeutschland zentrale Gießen verlegt wurde, 130 000 Artikel auf 70 000 Quadratmetern verfügbar hält und innerhalb von 24 Stunden zum Adressaten liefert. Er muss auch nicht die günstigeren Handelsmarken kennen, die zwar auch meist von deutschen Markenartiklern gefertigt werden, auf denen aber der Name Nordwest steht.

Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau

Yvonne Weyerstall war derlei allerdings schon ein Begriff, als sie sich vor drei Jahren auf eine Stellenanzeige bewarb. Sie war damals nämlich bereits seit zehn Jahren in der Branche, hatte in ihrer Heimatstadt Wuppertal gearbeitet. Dort hatte sie die Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau abgeschlossen und als es um die Übernahme ging, war eine Stelle als Sachbearbeiterin im Technischen Handel im Angebot.

Darüber denkt man als junge Frau schon eine Weile nach. Denn da kann man sich nicht irgendwie durchmogeln. „Detail-Kompetenz ist entscheidend“, sagt Yvonne Weyerstall. „Der Kunde sieht uns als Problemlöser. Und wenn er merkt, dass man keine Ahnung hat, ist man verloren. Vor allem als Frau.“

Hineingewachsen in die Welt der Druckluftschläuche, Schmierstoffe und Bremsreiniger

Aber sie hat sich die Kompetenz verschafft. „Ich habe bei jeder Schulung laut ‘hier’ geschrien“, sagt sie. So ist sie hineingewachsen in die Welt der Druckluftschläuche, Schmierstoffe und Bremsenreiniger. Aber mit der Karriere ging es nicht voran. Die blieb im alten Betrieb den Männern vorbehalten. Deshalb der Wechsel von Wuppertal nach Hagen. Auf eine Stelle als Produkt-Manager. Und seit eineinhalb Jahren leitet Yvonne Weyerstall nun das fünfköpfige, neu aufgebaute Team, das sich um chemisch-technische Produkte kümmert.

Mit zehn Händlern hat sie eine deutschlandweit agierende Spezialistengruppe für ihren Fachbereich aufgebaut, dessen wichtigstes Werk gerade erschienen ist: Der erste Fachkatalog, 500 Seiten stark, gemeinsam innerhalb eines Jahres erstellt. Das war zuletzt viel Schreibtischarbeit. Deshalb wird die 32-Jährige, die verheiratet ist und immer noch in Wuppertal lebt, in den nächsten Wochen wieder mehr unterwegs sein bei Händlern und Lieferanten. Das ist wichtig. Das rät sie auch ihren Mitarbeitern: sich viel anzuschauen. Schläuche und Armaturen und alles. So lange, bis es Spaß macht.