Meschede/Hagen. .

Der überraschende Ausgang des Verkaufsprozesses um den insolventen Mescheder Autozulieferer Honsel unterstreicht noch einmal den Einfluss der deutschen Autohersteller auf ihre Zulieferer.

Nicht das von Belegschaft und Betriebsrat favorisierte Bieter-Bündnis aus dem deutschen Autozulieferer-Riesen ZF Friedrichshafen und dessen mexikanischen Partner Nemak erhielt den Zuschlag des Gläubigerausschusses, sondern der kanadische Konkurrent Martinrea zusammen mit dem Finanzinvestor Anchorage.

Die Mescheder Betriebsratschefin Verena Ridder bedauert das. Zwar gehörten auch Belegschaftsvertreter zum Gläubigerausschuss, sie hätten aber leider dort nicht die Mehrheit. Deutlicher vor allem zum erneuten Einstieg eines Finanzinvestors bei Honsel wird der regionale IG-Metall-Bevollmächtigte Wolfgang Werth: „Die Entscheidung ist eine Zumutung für die Belegschaft.“ Der letzte Finanzinvestor Ripplewood habe bei Honsel eindeutig negative Spuren hinterlassen. Werth zufolge gibt es auch jetzt die Befürchtung, dass man sich mit Anchorage und Martinrea nur „eine verkleidete Heuschrecke“ geholt habe.

Lange Zeit hatte der Autozulieferer ZF offenbar die bei weitem besten Aussichten, weil das Unternehmen seit langem gemeinsam mit Honsel fertigt. So bezieht ZF von Honsel Leichtmetall-Teile und hatte bereits eine französische Honsel-Tochter aus der Insolvenz gekauft. Auch das Gebot des Bündnisses für Honsel von knapp unter 100 Millionen Euro - sieben Millionen Euro weniger als Martinrea/Anchorage schien kein Hindernis.

Doch dann soll sich der schwergewichtige Daimler-Konzern, selbst Gläubiger und großer Kunde Honsels, vehement für Martinrea eingesetzt haben, hieß es jedenfalls in Verhandlungskreisen. So hätten die Stuttgarter vor allem die Sanierungsfähigkeiten der Kanadier gelobt sowie ihr Versprechen, mit Honsel in Richtung China zu expandieren.

Entscheidender war aber wohl, dass Martinrea vom Bündnis mit dem Finanzinvestor Anchorage profitierte, der zusätzlich seine Position als größter Gläubiger von Honsel in die Waagschale geworfen und Kredite von Honsel aufgekauft hatte.

Das börsennotierte Unternehmen Martinrea beschäftigt 7000 Mitarbeiter und ist in Deutschland bereits mit einem Werk in Rüsselsheim vertreten. 2010 hatte die in den vergangenen Jahren stark gewachsene Martinrea den Umsatz um fast die Hälfte auf 1,69 Milliarden kanadische Dollar gesteigert und war mit 33 Millionen kanadischen Dollar in die Gewinnzone zurückgekehrt.

Nicht ohne Stolz zeigte sich gestern Insolvenzverwalter Frank Kebekus: „Damit ist der Verkauf in einer Zeit von nur sieben Monaten erfolgreich eingeleitet worden. Martinrea wird alle 4300 Mitarbeiter übernehmen“, sagte Kebekus. Nun müssten noch die Kaufverträge ausgehandelt und in den nächsten Wochen unterzeichnet werden. „Jetzt haben wir eine industrielle Lösung, die in wenigen Wochen umzusetzen ist,“ unterstrich der Insolvenzverwalter. Honsel bleibe im Kern als Einheit bestehen. Im Übrigen sei die Entscheidung für Martinrea die beste Lösung für Honsel. Martinrea habe mit Honsel einen Leichtbauspezialisten gefunden, der das Angebot von Martinrea ideal ergänze.

Honsel ist ein weltweit aktiver Zulieferer für Leichtmetallkomponenten und erwirtschaftete zuletzt mit weltweit 4300 Mitarbeitern einen Umsatz von 645 Mio. Euro.