Hagen. Die tiefe Zuneigung ist über Jahrzehnte gewachsen und hat alle Krisen und Tiefen überstanden. 1860 München ist und bleibt ihr Klub. In guten wie in schlechten Zeiten. Eine Leidenschaft, die mitunter Leiden schafft. Auch für die Sauerlandlöwen.

Hagen, Eickertstr. 35. Hier, im Zentrum der Stadt, befindet sich die Zentrale des Fanklubs. Zwei Garagen, die der zweite Vorsitzende Dieter Möllenberg angemietet und umgebaut hat, bilden den regelmäßigen Treffpunkt der Mitglieder. Drinnen Tisch und Bänke, Holztheke und Hocker, draußen das Emblem von 1860 München und des Freistaates Bayern sowie eine große, überdachte Terrasse - das Schmuckkästchen im Hinterhof lädt zu Gemütlichkeit und Geselligkeit ein. „Da ist nichts Gekauftes drin. Alles selbst gebaut”, erklärt Dieter Möllenberg.

Doppeldeutiger Vereinsname

Früher lagerten in den beiden Räumen Musikinstrumente, die mit Hilfe eines Stahlgitters gesichert wurden. Heute sind die Musikinstrumente verschwunden. Geblieben sind die Gitter, weshalb der Löwenkäfig, wie die Mitglieder ihre Vereinsgaragen liebevoll nennen, eine Doppelbedeutung trägt.

An diesem Samstag leistet der luxuriöse Grill Schwerstarbeit. Kleine Spießbraten, fachmännisch zubereitet von Grillmeister Rolf Möllenberg, warten auf die 18 Feinschmecker, die zu diesem Stammtisch erwartet werden. Dazu frisches Pils, Kaffee und Wasser. „Unsere Leute sind gemütlich, keiner unter 100 Kilogramm”, lacht Alfred Grafwallner.

Besondere Überraschung für das 40. Mitglied

Der 70-Jährige kommt aus Werdohl und ist einer von 39 Klubmitgliedern. Sie sind in der ganzen Region verteilt, von Brügge und Werdohl über Neuenrade, Hagen und Finnentrop bis nach Schwerte. Neue Löwen-Sympathisanten sind willkommen. „Für den 40. lassen wir uns etwas Besonderes einfallen”, sagt Karl-Heinz Seehaus.

Mannschaftsbild mit Damen: die Sauerlandlöwen. Foto: Michael Kleinrensing
Mannschaftsbild mit Damen: die Sauerlandlöwen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing

Besonders stolz sind die 60-Fans auf den Umstand, dass mittlerweile elf Damen zu ihrem Klub zählen. „Sie werden in alle Angelegenheiten eingebunden”, so Dieter Möllenberg. Zwei weitere Merkmale kennzeichnen Hagener Fußball-Gemeinschaft: die Liebe zum TSV München von 1860, wie der Zweitligist offiziell heißt, ist „unerschütterlich”, wie Dieter Möllenberg bemerkt und die Aktivitäten des rührigen Vereins sind fast unerschöpflich. Busreisen zu anderen Fanklubs, Grilltage, Wanderungen, Besichtigungen, Besuche von Weihnachtsmärkten - in diesem Jahr geht es nach Aachen - und die Weihnachtsfeier des eigenen Vereins - in diesem Jahr geht es nach Werdohl - stehen auf dem Programm.

Mindestens ein Heimspiel pro Saison

Und natürlich 1860 München. Einmal pro Halbserie reisen sie in die 620 Kilometer entfernte Isar-Metropole, jeweils ein ganzes Wochenende mit Programm. Hinzu kommen alle Spiele im Westen, die sich nach dem Aufstieg von Fortuna Düsseldorf und SC Paderborn auf nunmehr sechs summieren. „Einmal Löwe, immer Löwe”, sagt Dieter Möllenberg und stellt klar, dass die Leidenschaft aller nicht vom Erfolg abhängig ist.

Ungewöhnlich mag die große Affinität sein, unterschiedlich sind die Gründe, die dazu geführt haben. Nehmen wir Dieter Möllenberg, seit 1959 60-Fan: Der zweite Vorsitzende arbeitete früher in Landshut und München, als ihn ein Arbeitskollege zum Spiel an der Grünwalder Straße einlud. Möllenberg nahm an, verließ aber zur Pause das Stadion, weil „das Spiel dermaßen schlecht war”, wie er sagt. Erst später erfuhr er, dass der eine Begegnung des FC Bayern München erlebt hatte.

Initialzündung

Ein halbes Jahr später wurde er wieder eingeladen. „Du musst nicht zu den Schlafmützen gehen, sondern zu den 60ern”, überzeugte ihn sein Gesprächspartner. 1860 besiegte Eintracht Frankfurt mit 4:2. „Das war die Initialzündung”, sagt Möllenberg.

Ungewöhnlich? Her damit!

Ihre Liebe für einen Sportler oder einen Verein würde man in Südwestfalen eher nicht erwarten? Sie sind Mitglied in einem eher ungewöhnlichen Fanklub oder kennen jemanden, auf den dies zutrifft? Dann melden sich sich bei uns:

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Die tiefe Zuneigung ist geblieben, obwohl die Anhänger in der jüngsten Vergangenheit wenig zu feiern hatten. „Wir kritisieren hart und haben in den letzten zwei Jahren mehr geschimpft als gejubelt”, gibt Möllenberg zu.

Folge der miserablen Leistungen: Der deutsche Meister von 1966 erstattet jedem Jahreskartenbesitzer fünf Prozent des Kaufpreises zurück, wenn die Mannschaft am Saisonende schlechter als Rang neun platziert ist. Was auf dem ersten Blick wie ein kleines Geschenk wirkt, ist in Wirklichkeit „ein Schweine-Ding”, wie Möllenberg schimpft. Denn: Erst zwei Tage nach der vermeintlichen Großzügigkeit, so Möllenberg, gab der Klub die Erhöhung der Eintrittspreise bekannt. Eine Stehplatzkarte für die nächste Saison kostet nun 144 statt 115 Euro. Möllenberg: „Wir sind die Teuersten in der gesamten zweiten Liga.”

Trotz der Rückschläge auf und neben dem Rasen - die Anziehungskraft des Klubs bleibt ungebrochen. Die Sauerlandlöwen freuen sich schon auf die nächste Reise nach München im August. Es ist die Geburtstagsfahrt von Dieter Möllenberg.