Hagen/Menden.

Die Frauenquote ist in aller Munde. Trotzdem scheuen sich viele Unternehmen in Südwestfalen davor, über das Thema zu reden. Obwohl Frauen in Führungspositionen oft ganz normal sind.

Die Kanzlerin will sie nicht - obwohl ausgerechnet sie die Diskussion angestoßen hat. Die meisten deutschen Aktiengesellschaften wollen sie auch nicht. Die nordrhein-westfälische Landesregierung will sie sehr wohl, bei VW wird sie vermisst- aber nicht vom Vorstand, sondern von der niedersächsischen Landesregierung. Jeder zweite Mann hält sie ohnehin für überflüssig und Herr Ackermann hat sie erst gar nicht nötig. Die Frauenquote ist in aller Munde. Wie sieht es in Südwestfalen aus?

Viele Unternehmen aus der Region wollen das heikle Thema lieber nicht anfassen - man könnte sich ja die Finger daran verbrennen. Selbst Firmen, bei denen es völlig normal ist, dass Frauen in der Geschäftsführung, im Vorstand oder im Aufsichtsrat ihre Fachkenntnis einbringen, scheuen sich, dies öffentlich zu machen.

Bettermann will keine Quotenfrauen

Eine Ausnahme macht zum Beispiel die Firma Dorma in Ennepetal: „Dorma lehnt eine gesetzlich vorgegebene Frauenquote ab“, erklärt Pressesprecher Helge Wego. „Wir setzen nicht auf Quote, sondern auf Qualifikation. Der Frauenanteil bei Dorma in Deutschland liegt auch ohne Quote bei über 25 Prozent. Seit dem 1. Januar gibt es auch im vierköpfigen Holding-Board eine Frau. Damit beträgt die Frauenquote im höchsten Führungsgremium des Unternehmens 25 Prozent.“ Auf der Gesellschafterseite sieht es bei Dorma noch eindeutiger aus: „Seit dem Jahr 2009 sind zwei der drei Gesellschafter Frauen“, berichtet Helge Wego.

„Quoten schaden der Wirtschaft und den Frauen, die nicht verdient haben, als Quotenfrauen abgestempelt zu werden“, stellte der Mendener Unternehmer Ulrich Bettermann beim Weltwirtschaftsforum fest. In Familienunternehmen wie Obo Bettermann werde auch dieses Thema pragmatisch gehandhabt: „Wenn ich bei uns durch manche Abteilungen gehe, brauchen wir dort wohl bald eine Männerquote…“ In der Obo-Verwaltung seien bis in die Leitungsebene längst mehr als 30 Prozent Frauen beschäftigt.

Fehlende Kinderbetreuung ist schuld an Defiziten

„Eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote würden wir nicht begrüßen, weil sie sich nicht an den Bedürfnissen orientiert“, stellt Iris Fellerhoff von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer fest. Grundsätzlich hänge das Problem mit Defiziten bei der Kinderbetreuung zusammen: „Daran muss gearbeitet werden und davon würden auch die Männer profitieren. Nur wenn sich in diesem Bereich nichts tut, sollte man über eine Frauenquote nachdenken.“ Vor allem in technischen Berufen gebe es zu wenig Frauen in Führungspositionen, das liege aber auch daran, dass Frauen eher in klassische Frauenberufe drängen. In Familienunternehmen hingegen gebe es häufig einen hohen Frauenanteil.

Unter den deutschen börsennotierten Konzernen spricht sich jedenfalls in einer Umfrage der Berliner Zeitung nur der Versicherungsriese Allianz für eine gesetzliche Frauenquote aus. Pharma-Riese Merck kündigte zumindest an, den Frauenanteil bei Führungspositionen von derzeit 22 Prozent (in Deutschland: 17 Prozent) auf 25 bis 30 Prozent im Jahr 2016 zu steigern.

Die Diskussion sei nur ein Nebenkriegsschauplatz, erklärt der Verband der Maschinen- und Anlagenbauer gestern. Das eigentliche Problem sei, dass es zu wenig familienfreundliche Arbeitsplätze gebe.