Wenden/Hagen. Die Diskussion um den Pflichtzölibat setzt sich fort. Nach namhaften Politikern fordern auch in unserer Region immer mehr Geistliche die Zulassung von geeigneten verheirateten Männern zum Priesteramt, um dem Mangel an Pfarrern zu begegnen.
Die Diskussion um den Pflichtzölibat setzt sich fort. Nach namhaften Politikern fordern auch in unserer Region immer mehr Geistliche die Zulassung von geeigneten verheirateten Männern zum Priesteramt, um dem Mangel an Pfarrern zu begegnen. Dazu gehört der Wittener Pastor Dr. Aloys Butzkamm.
„Geeigneten verheirateten Männern, den ,viri probati’, sollte die Priesterweihe gespendet werden und angehende Theologiestudenten sollten ihre künftige Lebensform frei wählen können“, davon ist Dr. Aloys Butzkamm überzeugt. Der Theologe war bis vor einigen Monaten Pfarrer der katholischen deutschen Gemeinde St. Paul in Istanbul. Im Gespräch widerspricht er den Aussagen des Paderborner Moraltheologen Prof. Dr. Peter Schallenberg. Dieser hatte in unserer Zeitung unterstrichen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Priestermangel und Zölibat gebe und dass der Priestermangel nicht so groß sei, wie gefühlt.
„Natürlich gibt es den Zusammenhang zwischen Zölibat und Priestermangel“, argumentiert Dr. Butzkamm, der in Elben in der Gemeinde Wenden geboren wurde und seine erste Stelle als Kaplan in Hagen-Eilpe antrat. „Man möge sich doch einmal vom Erzbischöflichen Generalvikariat in Paderborn die Zahl und die Motivation der Priester nennen lassen, die allein in unserem Erzbistum Paderborn in den letzten 50 Jahren ihren Dienst aufgegeben haben. Dazu kommt die schwer zu ermittelnde Anzahl junger Leute, die wegen der Zölibatsverpflichtung den Weg ins Priesterseminar gar nicht erst gehen. Ich kenne mehrere aus meinem Umkreis. Betroffen war ich, als mir ein Theologiestudent kürzlich gestand, er sei zur evangelischen Kirche konvertiert, weil er dann heiraten und Pfarrer sein könne.“
„Unabhängig von der Zahl der Priester ist der Zölibat überfällig“, konstatiert Butzkamm weiter und wiederholt eindringlich: Selbst, wenn die Priesterzahl durch die Aufhebung des Eheverbots nicht steigen würde, sollte der Pflichtzölibat aufgehoben werden. „Damit stellt man wieder eine Situation her, die im ersten Jahrtausend kirchliche Praxis war. Prof. Schallenberg sagt: ‚Der Zölibat ist ein Versuch. Wenn Gott lebendig ist, muss es möglich sein, so zu leben.’ Unterstreichen möchte ich das Wort ‚möglich’. Es ist möglich, so zu leben, aber nicht notwendig.“
Befürworter und Gegner des Zölibats können jeweils gute Gründe anführen, dessen ist sich Butzkamm gewiss. Die Herleitung des Zölibats aus dem frühen Priestermönchtum und die damit verbundene mystische Ehe mit Christus ist ein Argument der Befürworter. „Die Verheirateten verweisen ebenfalls auf die Existenz Gottes“, hält der Geistliche dagegen. „Ihre Liebe ist ein Bild der Liebe Gottes zu den Menschen. Wie oft greift die Bibel auf Erfahrungen aus dem Ehe- und Familienleben zurück, um Beziehungen Gottes zu den Menschen zu verdeutlichen. Von der gebärenden Frau wird gesprochen, vom sogenannten verlorenen Sohn, von der Liebe, Treue und Untreue der Eheleute, von der Hochzeit. Eheleute haben Gotteserfahrungen, die Unverheirateten vorenthalten bleiben“, führt Butzkamm an.
Der 75-Jährige verweist auch auf die Parallelstrukturen innerhalb der katholischen Kirche: Bereits jetzt gibt es ja verheiratete Priester. Evangelische und anglikanische verheiratete Pfarrer können ihre Ehe weiterführen, wenn sie zur römisch-katholischen Kirche konvertieren. „Zum Glück“, so Butzkamm. In allen Kirchen des Nahen Ostens gebe es neben ehelosen Priestern auch verheiratete. Auch wenn sich Priester dieser Kirchen der römischen Kirche anschließen, trennen sie sich nicht von ihren Ehefrauen.
Daher begrüßt Aloys Butzkamm die Initiative katholischer Politiker für eine Lockerung des Pflichtzölibats. Und konstatiert: „Wer anführt, der Priestermangel sei nur gefühlt, der soll auch aufhören, über den Mangel an Priestern in unseren Breiten zu klagen.“