Willingen. . Willingen jubelt und singt: Ein Freund, ein guter Freund...

Mit seinem Sieg im Einzelwettbewerb sorgte der deutsche Skispringer Severin Freund für grenzenlosen Jubel an der Willinger Mühlenkopfschanze.

Gespannt gingen die Blicke in Richtung Bakken. Nur noch er thronte dort oben, nur noch er konnte Martin Koch vom ersten Platz verdrängen. Und als Severin Freund sich in den Anlauf schwang, holte Willingen tief Luft, um den deutschen Adler mit einem ohrenbetäubenden „Ziiiiiiiieeeeeh“ ins Tal zu begleiten.

Nach der Landung stockte vielen der 10 220 Zuschauer der Atem: 139 Meter, „nur“ 139 Meter in diesem Wimpernschlag-Finale. Würde das nach dem Satz auf 143,5 Meter im ersten Durchgang reichen? Der erste Sieg eines deutschen Skispringers am Rande des Sauerlandes nach dem Triumph von Sven Hannawald 2003 schien fraglich.

Einige Sekunden bibberte der Mühlenkopf, ehe die größte Großschanze der Welt in ihren Grundfesten erzitterte. Da leuchtete sie auf der Anzeigetafel, die 1 für Severin Freund. Bessere Noten hatten den Ausschlag gegeben. Mit 289,1 Punkten gewann der 22-Jährige vor Martin Koch (Österreich/286,9) und Simon Ammann (Schweiz/284,5). Der Weltcup-Führende, Thomas Morgenstern (Österreich/280,1), belegte den vierten Platz.

„Severin ist sehr konstant, flüssig und leicht gesprungen“, lobte ein begeisterter Bundestrainer Werner Schuster den aktuellen deutschen Vorzeigeadler. „Aber wir können ihn jetzt nicht in einen Kühlschrank stecken. Man kann nichts konservieren, jeder Tag ist neu“, erklärte er, als ob er den Rastbüchler davor bewahren müsse, auf Wolke sieben davonzuschweben.

Dabei steht der Student des Faches Internationales Management an der Fachhochschule Ansbach nicht im Ruf, in grenzenloser Euphorie den Hang zur Realität zu verlieren. Im Gegenteil: „Er ist ein Springer mit Teamgeist“, charakterisierte Schuster seinen neuen Star einst, „nicht extrovertiert, jedoch zielsicher, selbstbewusst, leistungsstark“.

Freund klatschte die Fans in Willingen ab, schrieb geduldig Autogramme. „Der Rummel hat zugenommen“, sagte er, nachdem er die deutsche Mannschaft am Samstag im Team-Springen auf den zweiten Platz hinter Österreichs Weitenjägern und vor Polen geführt hatte. „Aber man kann ihn noch genießen.“

Freudenfest in Willingen

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Nach seinem ersten Weltcup-Sieg Mitte Januar in Sapporo, mit dem er eine drei Jahre dauernde Durststrecke der Deutschen beendete, trat Severin Freund in Willingen endgültig aus dem Schatten der arrivierten Springer wie Michael Uhrmann oder Martin Schmitt. Schmitt, immer noch Liebling der Fans im Upland, bedankte sich nach dem Mannschaftswettbewerb beim neuen Stern am schwarz-rot-goldenen Skisprung-Himmel für ein tolles Geschenk zum 33. Geburtstag.

22-jähriger Sieger bleibt bescheiden

„Vor heimischem Publikum zu siegen ist nicht zu beschreiben“, ließ sich Freund einen Tag später noch entlocken. Und: „Ich werde jetzt nicht an die Schanzen gehen und denken: Heute gewinne ich.“ Auch die Zielsetzung für die WM in Oslo im Februar werde sich nicht ändern. „Ich muss meine Leistung bringen“, sagte Freund, „und wohin die mich dann führt, steht in den Sternen.“ Vielleicht sitzt er aber auch bei den nächsten Stationen der Team-Tour in Klingenthal und Oberstdorf sowie am Holmenkollen wieder ganz alleine auf der Schanze, schaut ins Tal, auf die Konkurrenz, auf die Fans und schiebt sich scheinbar ungerührt in den Anlauf…