Willingen. .

Es wird ein Wintermärchen in Willingen. Viel Sonne, blauer Himmel und reichlich Schnee sind prognostiziert. Das Weltcup-Skispringen mit 62 Aktiven aus 14 Nationen im Rahmen der FIS-Teamtour findet bei idealen Bedingungen statt. Wir sprachen mit Dieter Schütz, Pressewart des SC Willingen, über das Wintersport-Event im hessischen Sauerland.

Herr Schütz, wie ist die Stimmung vor der 15. Weltcup-Veranstaltung, die es seit 1995 gibt?

Fantastisch. Wir haben sehr gute Wetterprognosen: Kein Wind, viel Sonne, blauer Himmel und hier in Willingen liegt noch reichlich Schnee. Bei uns ist wirklich Wintermärchen. Das sind hervorragende Aussichten. Fans und Sportler erwartet eine super Veranstaltung.

Für kurzentschlossene Zuschauer wird noch Platz im Stadion an der Mühlenkopfschanze sein?

Auf jeden Fall. Wir haben über 20 000 Karten im Vorverkauf abgesetzt. Unser Ziel sind 30 000 Karten plus X, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr wäre. Das größte Zuschauerinteresse verzeichnen wir wie immer am Samstag. 36 000 Fans passen ins Stadion. An beiden Weltcup-Tagen ist genügend Platz für kurzfristig anreisende Fans. Es gibt noch Eintrittskarten in allen Kategorien.

Dieter Schütz ist Pressesprecher des Skiclubs Willingen. Foto: WP-Brilon
Dieter Schütz ist Pressesprecher des Skiclubs Willingen. Foto: WP-Brilon © WP

Vom Boom der Glanzzeiten des Skispringens sind Sie 2011 weit entfernt?

Das ist natürlich immer eine Frage der Relation. Früher sah das in Hochzeiten des Skispringens anders aus.Wenn in der deutschen Mannschaft noch Sven Hannawald und Martin Schmitt wie zu besten Zeiten über den Schanzentisch fliegen würden, dann wären die Springen hier sicher noch ausverkauft. Aber man muss auch mal mit dem zufrieden sein, was man hat. Wir sind nach Zakopana in Polen immer noch der Veranstaltungsort mit den zweitmeisten Zuschauern im Weltcup.

Wie erklären Sie sich den guten Ruf des Willinger Weltcups?

Willingen ist eine Touristik-Hochburg. Die Skilifte laufen auch an den Weltcup-Tagen weiter. Deswegen gibt es kein Verkehrsproblem. Wir sind ein Ort, wo man ein großes Freizeitangebot hat und wo man auch mit Freunden gemeinsam feiern kann. Die Partystimmung und die Sportbegeisterung machen den Reiz an der Schanze aus. Und wir haben den großen Vorteil durch Nordrhein-Westfalen im Rücken ein riesiges Zuschauer-Potenzial zu generieren. Für die vielen Menschen aus NRW gibt es eben nur die Möglichkeit, Skispringen mit Weltklasse live in Willingen zu erleben.

Welche Auswirkungen hat das Abschneiden der deutschen Adler im Weltcup-Zirkus?

Das spielt immer eine große Rolle. Wir hatten zu den besten Zeiten von Sven Hannawald und Martin Schmitt ein volles Haus und euphorische Stimmung. Wenn beide noch so über den Schanzentisch fliegen würden wie früher, wären wir sicher immer noch ausverkauft. Aber aktuell sind in den letzten beiden Weltcup-Springen durch Severin Freund und Michael Uhrmann wieder Podestplätze und sogar ein Weltcup-Sieg herausgesprungen sind. Das ist auch gut und wichtig für uns.

Livebilder in alle Welt

Die Bilder des Willinger Weltcups gehen live rund um die Welt. Neben EUROSPORT in Europa und Asien sind J Sports Japan, MTV Finnland, NRK Norwegen, ORF Österreich, RTV Slowenien und TVP Polen jeweils live dabei. In Deutschland überträgt das ZDF die Springen am Samstag (16.30 Uhr) und Sonntag (ab 14 Uhr).

Bei der Umfrage auf der FIS-Team-Tour-Homepage nach dem Favoriten für die Gesamtwertung ist Titelverteidiger Österreich mit 96,57 Prozent haushoher Favorit. Es folgt überraschend Deutschland (38,22 %) vor Norwegen (19,11 %).

62 aus 14 Nationen sind gemeldet. Finnland strich den formschwachen Janne Ahonen und Harri Olli, der seine Karriere beendet hat. Die Slowenen verzichten vorerst auf Robert Kranjec und gönnen ihm eine Weltcup-Pause.

Bundestrainer Werner Schuster vertraut seinem Weltcup-Sextett. „Wir möchten die Team-Tour auch mal gewinnen“, sagt der Coach. Für Weltcup-Spitzenreiter Thomas Morgenstern sind die DSV-Adler der Geheimfavorit auf die 100.000-Euro-Extraprämie.

Honorieren die Fans diese schnelllebigen Erfolge?

Ja klar, wir haben das sofort gemerkt. Der Vorverkauf hat direkt nach dem Sieg von Severin Freund in Sapporo angezogen. Unmittelbar ist bei den Fans und Medien wieder Hoffnung da, dass ein neuer Hannawald geboren sein könnte. In der Breite sei das deutsche Team gar nicht so schlecht aufgestellt, meinte unlängst ja auch schon ARD-Experte Dieter Thoma.

Was macht eigentlich Sven Hannawald?

Wir haben noch guten Kontakt. Sven wünscht den Organisatoren in Willingen viel Erfolg und drückt den deutschen Skispringern bei der Team-Tour die Daumen. Er ist jetzt im Motorsport engagiert. Sven wird zum Tour-Finale nach Oberstdorf kommen. Willingen und Klingenthal schafft er zeitlich nicht.

Wird Adam Malycz, der 2001 Sieger in Willingen war und vor einer Woche beim Heim-Weltcup ein Springen gewonnen hat, nach seinem Sturz in Zakopana starten können?

Adam hat von seinem Arzt grünes Licht bekommen. Er läßt die Qualifikation am Freitag aus, nimmt aber Samstag am Mannschaftswettbewerb und am Einzelspringen am Sonntag teil. Das hat uns sein Privattrainer Hannu Lepistö bei der Ankunft in Willingen bestätigt. Adam folgt ihm am Freitagabend.

Martin Schmitt, ebenfalls Stammgast in Willingen, feiert am Samstag seinen 33. Geburtstag. Darf das deutsche Urgestein mit einem Ständchen im Waldecker Upland rechnen?

Natürlich. Da lassen wir uns etwas Nettes einfallen. Unser Zeremonienmeister Thomas Behle wird ihm sicher eine Geburtstagstorte im Stadion überreichen. Und auch im Hotel 2010, wo die deutsche Mannschaft übernachtet, dürfte einiges an Überraschungen vorbereitet sein für den Martin.

Bundestrainer Werner Schuster sichtet seine Schützlinge im Hinblick auf die Skisprung-WM in Oslo. Foto: Sellmann
Bundestrainer Werner Schuster sichtet seine Schützlinge im Hinblick auf die Skisprung-WM in Oslo. Foto: Sellmann © WAZ New Media / Hartwig Sellmann

Wer sind die Favoriten beim Weltcup-Springen 2011?

Bei den Mannschaften sicher Österreich, alles andere wäre eine Sensation. Im Einzel sind Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzhauer ganz vorne zu erwarten, aber durchaus auch der Schweizer Olympiasieger und Weltmeister Simon Amann. Nach dem dritten Platz für Michael Uhrmann in Zakopane ist in Willingen vielleicht auch wieder ein deutscher Überraschungssieg im Einzel möglich. Das deutsche Sextett stellt sich ja gerade auch der internen Qualifikation für die WM in Oslo.

Mit welcher Mannschaft stemmt der Skiclub Willingen das Event im Strycktal?

Es geht los mit 50 Personen in den Tagen vor dem Springen. Irgendwann sind es dann 100 und 150 Helfer. Das steigert sich an drei Weltcup-Tagen bis zu 1000 Leuten, die für alles sorgen von A bis Z.

Routine bei der Vorbereitung ist also das A und O?

Klar, aber man muss sich auch immer wieder auf neue neue Anforderungen seitens des Internationalen Skiverbandes einstellen.

An der Mühlenkopfschanze ist  drei Tage lang wieder der Bär los. Foto: Sellmann
An der Mühlenkopfschanze ist drei Tage lang wieder der Bär los. Foto: Sellmann © WAZ New Media / Hartwig Sellmann

….zum Beispiel?

Regeländerungen gehören jedes Jahr dazu, was die Präperation von Schanzentisch und Anlaufspur angeht. Da tut sich im Skispringen ständig etwas. Die technischen Delegierten haben im Vorfeld unsere Anlaufspur gerade als beste im ganzen Weltcup bezeichnet. Der Aufsprung sei Dank eines eingesetzten Schneehobels „schön plan“ und die Anlaufspur durch das Kühlsystem optimal. Das dicke Lob der FIS hat unser Schanzenchef Wolfgang Schlüter natürlich gerne gehört.

Hat sich durch die Tragödie bei der Loveparade etwas an den Sicherheitsauflagen in Willingen verschärft?

Ja, durch die tragische Geschichte in Duisburg sind die Zahlen, wie viele Menschen auf einem Quadratmeter im Skisprung-Stadion stehen dürfen, entsprechend verändert worden. Das ist bei uns jetzt aber nicht das große Thema, weil wir weit weg sind vom ausverkauften Haus. Wir bemühen uns natürlich, dass die Sicherheit für die Zuschauer in Willingen absoluten Vorrang bei den Planungen hat.

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